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Der Esper und die Stadt

Der Esper und die Stadt

Titel: Der Esper und die Stadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katherine McLean
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den Kraftwerken flohen und die Befestigungen verließen, die das Meer zurückhielten. Mir fiel der Traum wieder ein.
    Der Chef der Rettungsbrigade schaffte es irgendwie, daß der Bildschirm funktionierte, ohne daß ich eine Münze in den Schlitz warf, und dann sah ich eine Fotografie von Carl Hodges. Ein drahtiger Bücherwurmtyp mit geschlossenem Mund und interessierten Augen. Er war unterdurchschnittlich klein.
    Ich versuchte mich auf ihn einzustimmen, indem ich vorgab, das Bild sei mein eigenes, und ich blicke in einen Spiegel. Als ich in seine Augen sah, fühlte ich mich einsam.
    „Haben Sie was, George?“ fragte Judd Oslos Stimme neugierig.
    Indem ich in seine Augen sah, die die meinen waren, sagte ich: „Vielleicht ist er allein. Vielleicht ist er nur mit sich selbst zusammen.“ Plötzlich gehörte das Bild nur noch einem mageren Fremden, und ich sah überhaupt keinen Ausdruck mehr. Überhaupt keine Vibrationen.
    „Haben Sie die Namen seiner Freunde?“ fragte ich Judd Oslow.
    Judds Gesicht erschien nun auf dem Bildschirm. Er sah faltig aus, wie ein alter Hund. „Diese Spuren werden bereits von den Entführungsexperten verfolgt. Warum versuchen Sie’s nicht mal in der Mittelalter-Kommune unten auf der Barkley? Da ist er manchmal hingegangen und hat an Schwertkämpfen teilgenommen.“
    Ich kannte diese Leute. Sie waren alle Wissenschaftler, die gerne nahe bei ihrer Arbeit wohnten. Manchmal hatte ich mir da ein paar Scheine verdient – als Versuchskaninchen. Ich nahm einen Gleitweg zur unteren Westside und betrat die Mittelalter-Kommune über eine direkte Rolltreppe. Ich kam in einem Park heraus, der umgeben war von der dreidimensionalen Illusion ferner Hügel, Burgen und einer entfernt liegenden Stadt, in deren Mitte der Turm einer gotischen Kirche stand. Die Illusion wurde von Kunststoffplatten erzeugt, die die rund um diesen Block liegenden Gebäude verdeckten, und wie üblich versuchte ich sie mit Blicken zu durchdringen und die dahinterliegenden Häuser und Fenster auszumachen, die das Bild verbarg. Alles sah echt aus; die Stadt war verschwunden.
    Aus zwei Richtungen hörte ich das Gedonner von Pferdehufen auf mich zukommen, aber ich ignorierte es. Die Hufschläge waren auch nur eine Illusion; hervorgerufen wurden sie vom Klopfen unregelmäßig geformter Zahnräder. Ich trat zur Seite, heraus aus den Schienen.
    Das Hufgetrappel kam auf gleiche Höhe und ging an mir vorbei. Dann gab es zwei dumpfe Aufschläge und ein doppeltes „Uff.“ Ein Mann wirbelte durch die Luft, mit dem Hintern voran. Er landete mit einem Aufklatschen mitten im weichen, grünen Gras und sprang sofort wieder auf.
    „Reines Glück!“ heulte er und machte einen Satz nach vorn, um eine Lanze aufzuheben, an deren Spitze ein Boxhandschuh befestigt war. „Dein Gaul war nach vorn gebeugt und meiner nach hinten! Ich verlange eine Wiederholung!“
    Der andere, der auf seinem Pferd sitzen geblieben war, ließ das ausgestopfte Tier bis an den Rand des Abhangs laufen, auf den die Schienen zuführten, und wandte es um, damit er uns ansehen konnte. Er drückte ihm die Fersen in die Flanken – dort lagen die Gashebel – und kam mit donnernden Hufen auf uns zugeritten, wobei das Pferd auf seinen unregelmäßig geformten Rädern schwankte.
    „In den Orkus mit dir, du Hundsfott!“ Er jagte, im Sattel auf- und niederhüpfend, auf mich zu und richtete die Lanze mit dem Boxhandschuh auf meinen Kopf. Ich hatte offenbar die Ehre, sein Ziel abzugeben. Ich sprang auf die Gegenspur, auf der normalerweise das andere Pferd lief und duckte mich, bereit, ihm die Lanze zu entreißen und ihn vom Pferd zu ziehen. Da er sein Visier vor dem Gesicht hatte, konnte ich zwar weder sehen, wer er war, noch was er für einen Gesichtsausdruck hatte, aber die Stimme kam mir bekannt vor. Frank.
    Als es näher kam, wurde das Pferd langsamer. Frank riß an den Zügeln und trat auf die Bremsen. „Ich weiß, was du im Schilde führst, Schurke“, rief er aus. „Auf diese Weis’ ist schon so manch tapfrer Recke von einem Bauer genasführt worden. Ich ford’re dich heraus. Leg’ Rüstung an, und schwing’ dich in den Sattel.“
    Wieder riß er an den Zügeln. Das mechanische Pferd blieb quietschend auf den Schienen stehen. Der Mann nahm Helm und Visier ab und zeigte sein grinsendes Gesicht. „Na, habe ich nicht den richtigen Tonfall drauf? Morgen, George.“
    „Morgen, Frank. Aber Spaß beiseite. Ich hab jetzt einen Job; so was wie ’n Detektiv-Job. Ich suche

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