Der Esper und die Stadt
hielten Ausschau nach Anzeichen geplanter Bandenkriege. „Dich habe ich auch ohne Vibrationen gefunden, oder nicht?“
„Das ist was anderes.“ Ahmed stolperte über etwas auf dem Bürgersteig und konnte gerade noch sein Gleichgewicht halten. Ich sah nach unten, fand aber nichts, über das man hätte stolpern können. Ahmed sah aus, als würde er bald zusammenklappen. Seif Mittwoch war er vermißt gewesen. Hatte er den Leuten die ganze Zeit über ihre Zukunft geweissagt und darauf gehofft, ihren Anführer neugierig zu machen? Die Weissagung, die er Hashim gegeben hatte, war möglicherweise die vierhundertste einer ganzen Serie. Und jeder, dem er etwas sagte, hatte auf den roten Knopf gedrückt, wenn er mit dem, was er zu hören bekam, nicht zufrieden war. Zwei Tage und Nächte unter den Arabern konnten einen wirklich fertigmachen.
Vor uns standen die freien Transportsessel auf den Nebenspuren: „Downtown und West New York“. Knapp dahinter sah ich eine Telefonzelle. Ahmed hatte keinen Armbandsender mehr, und mir hatte man keinen gegeben. Ich nahm Ahmeds Arm. „Wir gehen ins Bellevue Med Center. Ruf den Chef an und sage ihm, wie deine letzte Theorie über den Vermißten aussieht. Er wird einen anderen darauf ansetzen, und dann können wir ins Med Center gehen. Okay?“
„Okay.“ Er strauchelte erneut, diesmal schwerer, und ich hielt ihn fest, bis er wieder stehen konnte. Sein Arm war schweißnaß. „Manchmal hast du wirklich gute Ideen, George“, sagte er.
„Ich empfange keine Vibrationen von dir, Ahmed, also habe ich dich ohne sie gefunden“, sagte ich in sein linkes Ohr. „Denken kann ich.“
Ich brachte ihn zu der Telefonzelle. Zum Glück gab es in ihr eine Bank, auf der man sitzen konnte. Ahmed ließ sich auf die Bank fallen, nahm den Kopfhörer und das Mikro an sich und stülpte sich alles über den Kopf.
„Okay, George, manchmal bist du wirklich ein Glückspilz. Aber übe keinen Druck aus, und halte dich nicht für so gut wie einen Polizisten mit einer Marke.“ Er grinste mich mit Zähnen an, die seit zwei Tagen nicht mehr geputzt worden waren, und drückte die Telefonnummern mit einer Hand, die wie eine Stimmgabel zitterte.
Ich hätte ihm eine reinhauen oder heulen können. Ich verstehe, warum die Araber in dieser Runde immer in dieses hysterische Gelächter ausgebrochen waren. Wenn man nichts tun kann, das einen weiterbringt, kann man nur noch lachen oder ausnippen. Ebensowenig wie die Araber konnte ich ihn dazu bringen, das zu sagen, was ich gerne hören wollte.
Wenn man einen Burschen nicht dazu bringen kann, das zu sagen, was er sagen soll, muß man ihn entweder umbringen, ihn sitzen oder den Boß spielen lassen. Und Ahmed war immer der Boß gewesen.
„Die Leitung ist besetzt. Du rufst das Med Center an und bringst mich dort hin, nachdem ich mit dem Hauptquartier gesprochen habe“, wiederholte er.
„Jawohl, Boß“, sagte ich.
Er sah mich von oben bis unten an und grinste wieder dieses knochige, großzahnige Totenkopf-Grinsen. In einem schrillen Sopran imitierte er das, was er hörte. „Captain Frankel spricht gerade auf einer anderen Leitung. Bitte hinterlassen Sie eine Nachricht. Sie wird aufgezeichnet, sobald Sie diesen Ton hören: Piiieeep!“ Ich lehnte mich gegen die Zellenwand und suchte in beiden Richtungen nach Arabern, aber alles, was ich sah, waren Polizisten und gewöhnliche Fußgänger.
„Ahmed der Wissenschaftler“, sagte ich. „Hoho! Ahmed der Zigeuner. Wo sind deine Ohrringe und die Kristallkugel?“
Mit einem überlegenen Lächeln sagte er: „Toleranz, George, Toleranz. Ich bin ein Opfer meiner Erbmasse; wir sind alle Opfer unserer Erbmasse. Verarsche ich dich etwa, weil du blöd bist?“
Am liebsten hätte ich ihm eines in seine grinsende Visage gehauen, aber das konnte ich nicht. Er war krank – und abgesehen davon mag ich den Burschen.
4
„Ann, Ahmed ist wieder da. Er ist in Ordnung, nur etwas schlapp und müde. Er liegt im Bellevue-Hospital.“ Die Telefonzelle war zu klein und zu eng.
„Von wo aus rufst du an?“ Ann hat eine hübsche und klare Stimme; ich muß mir immer wieder sagen, daß sie Ahmeds Mädchen ist.
„Aus dem Hospital, ich bin in der Aufnahme.“ Ich sah, wie Ahmed sich auf eine fahrbare, automatische Liege legte. Sie fuhr in die Diagnosemaschine hinein und kam drei Sekunden später wieder heraus. Auf der Liege stand nun eine Zimmernummer. Auch seine Behandlung stand fest. Er war untersucht worden.
„Ich komme gleich
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