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Der Esper und die Stadt

Der Esper und die Stadt

Titel: Der Esper und die Stadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katherine McLean
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einen Vermißten, der vielleicht irgendwo in einen Aufzugschacht gefallen ist.“
    „Wie schade“, sagte der Wissenschaftler ernüchtert. „Wie kann ich dir helfen?“
    „Wenn ich mich in seine Persönlichkeit einstimmen könnte, kann ich ihn mit ESP finden“, sagte ich und lehnte mich gegen das weiche Fell des Pferdes. „Aber ich kenne den Mann nicht. Ich muß wissen, wie er ist. Sein Name ist Carl Hodges.“
    „Was macht er doch gleich wieder? Ich glaube, ich erinnere mich an ihn.“ Frank schwang ein Bein über den Pferderücken und sprang zu Boden. Die Lanze mit dem Boxhandschuh steckte nun in einer Halterung. Er zog die schweren Handschuhe aus. Er war nur ein junger Bursche mit gesunder Ausstrahlung.
    „Er macht Schadensvoraussagen“, sagte ich. „Und er spielt gerne ein Spiel, das Stadtschach heißt. Kennst du ihn?“
    Der andere Mann holte sich eine Tasse Tee aus einem Spender und kam zu uns herübergehumpelt.
    „Stadtschach? Es ist kein Stadtschach, sondern Strategie und Taktik, Spiel Fünfundzwanzig, Sabotage und Fünfte Kolonne. Jemand hat mal gesagt, es sei ein bildendes Spiel. Die Polizei hat es anders eingestuft: als anstachelnd zum Aufruhr und Töten. Deswegen ist es verboten. Wenn wir es spielen, nennen wir es Stadtschach. Ich habe es seit zwei Jahren nicht mehr gespielt.“
    Frank bemühte sich, sich zu erinnern. „Im letzten Dezember habe ich es mit einem Burschen gespielt. Wir saßen im Unterhaltungsraum. Wir schalteten das Computer-Terminal ein und legten voll los. Es war ein magerer Kerl, etwas kleiner, und er hielt den Mund geschlossen. Hat auch nicht viel geredet. Er gewann.“
    „Hatte wohl mehr drauf als du, was, Frank?“ fragte Franks Partner.
    Die Beschreibung paßte auf Carl Hodges. Ich hörte zu und versuchte mir vorzustellen, wie Carl Hodges mit Frank Schach gespielt hatte. Beide benutzten für die Kalkulation ihrer Züge die Computertastatur.
    „Weiß ich nicht genau“, sagte Frank. „Wenn er einen Punkt verliert, ist er jedenfalls tieftraurig. Da er New York einfach zu gut kennt, sabotierten wir eine andere Stadt, ich glaube Brüssel. Ich hätte gewinnen können, aber mir fielen dauernd irgendwelche Züge ein, die ich vermeiden mußte, weil ich sonst Fakten preisgegeben hätte, die wir im Auftrag der UNO studiert und in den Giftschrank geschlossen hatten. Man hatte uns vergattert, damit wir bloß nicht darüber redeten. Und wenn ich darüber nachdachte, was ich nun tun und nicht tun durfte, geriet ich immer mehr ins Hintertreffen. Ich konnte Hodges’ Strategie nicht mehr folgen und verlor.“
    Ich schloß die Augen und stimmte mich auf Frank ein. Vorsichtig versuchte ich mich durch den Irrgarten seiner Erinnerungen zu schlängeln. Gespeicherte Gefühle: Ärger, Alarmbereitschaft, Kampfgeist. Und die Gefühle eines anderen. Der andere war allein, kalt, und wollte gewinnen, um Frank zu beeindrucken, damit er in dessen Achtung stieg. Das Gefühl war mager, aber es war da. Andere Formen des Kontakts sind ungenau, schwach, schwer verständlich … Ich hatte mich in Hodges’ Attitüde eingestimmt.
    „Danke“, sagte ich. „Du hast mir sehr geholfen. Ich glaube, daß ich ihn finden kann.“
    Franks Partner humpelte zu seinem künstlichen Pferd und rieb seine Schrammen.
    Frank nahm die Handschuhe zwischen die Zähne und schwang sich auf den Rücken seines eigenen Pferdes. „Übung kann nur gut für uns sein. Erst durch Übung wird man Meister. Es erweitert den Horizont. Wir trainieren für das Sommerturnier. Unsere Kommune wird sich dann mit den Chevaliers du Roland aus Montreal messen.“
    „Die werden euch einseifen“, sagte ich. „Das sind doch Profis.“
    Franks Partner sagte: „Du weißt ja gar nicht, wie gut wir sind, George.“ Er schwang sich in den Sattel. „Auf, auf, Frank!“
    Die Pferde rollten über die Schienen auf zwei sich gegenüberliegende Hügel zurück. Dort angekommen, betätigten die beiden Wissenschaftler die in den Flanken ihrer Reittiere untergebrachten Beschleuniger und jagten mit künstlich erzeugtem Donnergalopp aufeinander zu. Es machte zweimal wumm. Die auf den Lanzen befestigten Boxhandschuhe klatschten dem jeweiligen Gegner seitlich gegen das Kinn. Als die Stoßdämpfer in Aktion traten, um zu verhindern, daß die beiden sich den Hals brachen, sah ich, daß die Lanzen sich ineinander schoben. Die Männer flogen hintenüber, fielen von den Pferden und landeten mit einem zweifachen Plumps auf dem weichen Gras.
    Hätte ich nicht soviel zu

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