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Der Experte: Thriller (German Edition)

Der Experte: Thriller (German Edition)

Titel: Der Experte: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Allen Smith
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versengte, als er Adern und Sehnen zertrennte. Die Grenzen seines Sensorischen dehnten sich und schmolzen – seine Kiefer pressten aufeinander, die Zähne knirschten wie Mühlsteine. Er trieb die Klinge durchs Gelenk.
    Es gab keinen einzigen Augenblick, in dem er sein Ziel aus den Augen verlor oder es infrage stellte.
    Ein letzter Stoß, und das Skalpell stieß mit der Spitze gegen das Porzellan. Er ließ das Instrument los, und sein Verstand erlebte einen kurzen Whiteout, während Blut in einem dünnen Bogen durch den Raum spritzte und rote Tropfenmuster auf den weißen Boden zeichnete.
    Dalton sah zu, unsicher, was Geiger in der Starre hielt: Schock oder Schmerz oder der Anblick des ungewöhnlichen Geschehens – dann packte er fest Geigers Handgelenk und hob den Arm hoch. Die Blutung ließ nach, und Dalton drückte einen guten Teelöffel Sekundenkleber auf den roten Fingerstumpf. Augenblicklich begann das Gel zu einem rosastichigen Guss zu erstarren.
    »Das war atemberaubend. Makellos.« Das Rauschen in Daltons Adern war mit nichts zu vergleichen, was er je erlebt hatte. »Noch weitere zwanzig Sekunden etwa.« Es war das Ereignis seines Lebens. »Haben Sie mich gehört, Geiger?«
    Geiger starrte auf seinen Zeigefinger, der von einem kleinen Hof aus Blut umgeben auf der Armstütze des Sessels lag. Für sich genommen sah er anders aus denn als Teil seiner Hand – irgendwie länger, als wäre er durch den Vorgang des Abtrennens gewachsen. Der Schmerz war brutal. Wie mit einem Schneidbrenner.
    »Ja, ich habe Sie gehört.«
    Dalton senkte Geigers Arm und bettete die Hand in dessen Schoß zur Ruhe. »Der Schmerz ist unfassbar, nicht wahr? Er wirkt umgestaltend.«
    In gewisser Hinsicht hatte Dalton recht. Der Schmerz begann einschläfernd zu wirken, war so stark, dass er Geigers Sinne abstumpfte. Er bemühte sich, langsam und tief zu atmen. Gern hätte er die Augen geschlossen, doch er fürchtete, er könnte dann das Bewusstsein verlieren.
    »Lassen Sie … sie jetzt gehen.«
    Dalton nahm ein Handtuch und wischte sich die Hände ab. »Wir sind noch nicht fertig, freilich – aber ja, ich lasse den Prozess beginnen. Victor – bereiten Sie einen von ihnen vor.«
    Victor erschien wieder in der Tür. »Wen zuerst?«
    Dalton legte das blutbefleckte Handtuch weg. »Bevorzugen Sie jemanden, Geiger?«
    »Nein.«
    »Wie Sie wollen. Victor – nehmen Sie Matheson.«
    Victor ging den Korridor entlang. Da nun alles dem Ende entgegenstrebte, überlegte er, ob er Dalton bitten sollte, ihm Deweys Honorar ebenfalls zu zahlen. Er tat immerhin die Arbeit von zweien, doch in jeder Abmachung mit Subunternehmern seiner Branche gab es eine ungeschriebene Klausel: Tote sehen keine Kohle. Er beschloss zu warten, bis alle Karten auf dem Tisch lagen.
    Von einem Haken in der Wand hingen zwei silbrige Schlüssel an einem Ring. Er steckte den Bund in die Westentasche, ging zu einer Tür, zückte die Glock-Pistole, schloss auf und trat ein.
    »Also gut. Ich bin hier, um …«
    Harry lag auf seiner Matratze und schlief in Rückenlage. Matheson lag auf dem Fußboden, das Gesicht nach unten, den Kopf umgeben von einer Blutlache.
    »Merde« , grunzte Victor. Er ging zu Matheson, blieb einen halben Meter entfernt stehen und richtete die Waffe auf den Liegenden.
    »Matheson … Matheson!«
    Harry rührte sich. »Was ist?« Er hob den Kopf, aufgequollene Lider öffneten sich langsam – dann riss er die Augen auf. »O Gott …« Er stützte sich auf die Ellbogen. »David! Mein Gott, nein …« Er sah Victor an und fletschte die Zähne – ein wütender Hund. »Was zum Teufel haben Sie ihm angetan?«
    »Halten Sie den Mund. Ich bin gerade hereingekommen.« Victor schob einen Fuß vor und stieß Matheson damit nicht allzu zartfühlend in die Rippen. »Matheson …« Er ging noch einen halben Schritt vor und trat ihn. »Matheson!«
    Harry schüttelte den Kopf. »Himmel … Ist er tot?«
    Victor seufzte. Tot konnte ein Problem sein. Dalton war vielleicht nicht erfreut. Wie der Irre auf egal was reagierte, ließ sich unmöglich erahnen. Victor kauerte sich nieder, richtete die Pistole auf Mathesons Schläfe, packte eine Hand voll Haar und hob den Kopf des Liegenden. Das bleiche Gesicht war voller Blut. Victor ließ den Kopf zurücksinken und runzelte die Stirn.
    Harry hatte schon immer geglaubt, dass innerhalb des endlosen Chaos im Leben seltene Momente der Symmetrie warteten. Sein Glaube daran war nie inbrünstiger gewesen, nie

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