Der Facebook-Killer
Sie uns auf Twitter“ oder „Besuchen Sie uns auf Facebook“. Schließlich gebe es auch noch andere soziale Netzwerke, da sei die alleinige und wiederholte Nennung von Facebook oder Twitter eine schlichte Wettbewerbsverzerrung und schon aus diesem Grunde nach französischem Recht unzulässig. Sie dürfe nur aus einem einzigen Grund erfolgen, nämlich dann, wenn Facebook oder Twitter selbst Gegenstand der Berichterstattung seien.
Das bedeutete, dass französische Fernseh- und Radiomoderatoren künftig wohl komplizierte Wortgirlanden würden drehen müssen, wenn sie ihr Publikum zu den entsprechenden Angeboten lenken wollten.
Manche, darunter Bavarois, sahen das als vernünftige Maßnahme von Wettbewerbshütern. Andere jedoch monierten, dieses Dekret sei nicht nur ein bisschen weltfremd, sondern auf Dauer auch ziemlich schwer aufrechtzuerhalten, denn angesichts der Tatsache, wie weit die beiden Dienste inzwischen das tägliche Leben durchdrungen hätten, sei es beinahe unmöglich, sie nicht zu erwähnen. Ein facebook-freundlicher Journalist hatte sich zu dem Satz hinreißen lassen: „Diese Nachricht hätte von MySpace und Friendster gehandelt, wäre sie vor ein paar Jahren veröffentlicht worden.“
Frankreichs Staatschef Nicolas Sarkozy hatte offenbar mit der Zeit gehen wollen und sich vor gar nicht allzu langer Zeit ein Profil in dem umstrittenen Online-Netzwerk angelegt. Eines der ersten vom Präsidenten ins Netz gestellten Videos, hatte ihn auf Schmusekurs mit seiner Frau Carla Bruni im Elyséepalast gezeigt.
In dem Film, den Mafro Bavarois ein paar Tage zuvor gezeigt hatte, war die Präsidentengattin zu sehen, wie sie mit ausgesuchten Leserinnen der Frauenzeitschrift „Femme Actuelle“ plaudert, als unangekündigt ihr Mann ins Zimmer kam. Das Video hatte direkt einen Siegeszug durchs Internet angetreten und stand mittlerweile auch schon auf YouTube, garniert mit allerlei bissigen Bemerkungen der allgegenwärtigen virtuellen Spötter zu „Brunizy“ und ihrem öffentlichen Eheleben.
Als Foto für sein Facebook-Profil hatte Sarkozy ein Bild gewählt, das ihn braungebrannt vor azurblauem Hintergrund zeigte, das weiße Hemd leger aufgeknöpft. „Liberté, Egalité, Fraternité“, die Losung der Französischen Revolution von 1789, gab er als sein Motto an. Er hatte in den ersten Tagen annähernd 100.000 Fans sammeln können.
Doch selbst so viel präsidiale Zuwendung hatte die Verantwortlichen in Irland nicht milde gegenüber dem Ansinnen eines französischen Polizisten gestimmt. Als die Wölfin und Mafro nach Pro-Forma-Klopfen an der Tür sein Büro betraten, stand der Commandant gerade mit hochrotem Kopf hinter seinem Schreibtisch und lockerte seine Krawatte. In den Hörer brüllte er in seinem besten Englisch:
„Und wenn Ihr Mann, der in der Rechtsabteilung für Frankreich zuständig ist, hundertmal in einer wichtigen Besprechung ist – ich verlange, dass Sie ihn mir jetzt auf der Stelle ans Telefon holen, Herrgott nochmal. Ja. Ja, ich warte. Wie bitte? Bavarois. B – A – V – ja, genau. Wie? Nein, bitte nicht in die Warteschleife, ich … ach verdammt.“
Er ließ den Hörer auf seine lederne Schreibtischunterlage fallen und sank in seinen Chefsessel. Missmutig drückte er den Lautsprecherknopf seiner Telefonanlage und wies gleichzeitig auf die beiden Besucherstühle vor dem Schreibtisch. Aus dem Lautsprecher dudelte Fahrstuhlmusik.
„Von wegen ‚Soziale Netzwerke verbinden Kulturen‘ “, knurrte er, während Mafro und die Wölfin Platz nahmen. Er wirkte völlig übernächtigt, blass und nervös-fahrig. Man sah ihm überdeutlich an, dass er in den vergangenen Nächten viel zu wenig geschlafen hatte.
„Langley. Bon jour, Monsieur Bavarois“, meldete sich einer sonore Stimme. Der Mann, Geza schätzte ihn dem Klang seiner Worte nach auf Mitte vierzig, sprach Französisch – zwar mit einem starken britischen Akzent, aber immerhin. „Ich bin Fachanwalt für Medienrecht und in der Rechtsabteilung von Facebook Europe für Frankreich zuständig. Was kann ich für Sie tun?“
Bavarois sagte: „René Bavarois, Commandant de Police und Leiter des DSCS, der ständigen Sonderkommission der Pariser Polizei für die Jagd auf Serienkriminelle. Wir ermitteln derzeit gegen einen Mann hier aus Paris, der im dringenden Tatverdacht steht, eine ganze Reihe von Frauen auf bestialische Weise getötet zu haben. Mindestens eine Frau hat er derzeit in seiner Gewalt.“
Er warf einen Blick über den
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