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Der Klabautermann

Der Klabautermann

Titel: Der Klabautermann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Nun lag Bali hinter ihnen, diese ewige Trauminsel mit ihren Hunderten von Tempeln, ihren schönen Menschen, den uralten kultischen Tänzen, dem Duft der Frangipaniblüten, den bemalten, bizarren, erschreckenden Dämonenmasken, den traumhaften Seidenmalereien und den segensreichen Gottheiten geweihten Hausaltären – eine phantastische Welt aus Schönheit und Lebensfreude, so wie sie der ausländische Besucher erleben will. Welch ein herrliches Land, welch glückliche Menschen, denkt er, wenn er die Insel langsam verschwinden sieht, an der Reling des Schiffes stehend. Und man gönnt ihm diesen Zauber, blank geputzt, damit er später schwärmen kann: Bali … ein Traum, sag ich euch! Man kann es kaum beschreiben. Das muß man sehen, erleben! Diese immer freundlichen, glücklichen Menschen …
    Langsam glitt jetzt das Schiff, eines der modernen, luxuriösen Kreuzfahrtschiffe, aus dem Hafen hinaus in eine flammend untergehende Sonne, fuhr zwischen Bali und Lombok in die Balisee hinaus und dann hinein in das Indonesische Meer. Der weite Himmel war zu einem gelbrot lodernden Brand geworden, in dem die Wolken zu verbrennen schienen. Einen Sonnenuntergang im Indischen Ozean vergißt man nie.
    Viele Abenteuer lagen noch vor den Passagieren. Das Schiff würde im Laut Djawa, so hatte man diesen Meeresabschnitt benannt, zwischen Java und Borneo und vorbei an Sumatra nach Singapur fahren – dem Inselstaat mit den saubersten Straßen ganz Asiens –, um dann in den Golf von Thailand einzuschwenken und vor Pattaya zu ankern; dem Hafen, von dem aus man Bangkok erreichen kann.
    Zum Abschied von der Zauberwelt Balis hatte der für die Unterhaltung der Passagiere zuständige Cruise-Direktor des Schiffes einen festlichen Abend mit dem bekannten Operettenstar Lydia Borodin organisiert und hinterher einen ›Tanz in den Morgen‹. Die Bordband – sechs temperamentvolle Musiker aus Köln – hatte Lydia Borodin diskret begleitet; aber nun, nach dem Galaabend, drehte sie auf mit Boogie und Rolls, Tangos und Blues. Eine Herausforderung für die meist älteren Passagiere, zu zeigen, daß man noch jung genug war, mit den Knien und dem Oberkörper zu wackeln.
    Draußen, auf den Decks, wurde die Stille nur unterbrochen von dem Rauschen der Wellen, die der Kiel des Schiffes zerteilte, und vom Flügelschlag einiger großer Vögel, die noch immer voraus oder nebenher flogen und dann, als die blutende Sonne im Meer ertrunken war, zum Land zurückkehrten, ehe der Sternenhimmel sich auffaltete.
    Kurz vor Mitternacht öffnete sich eine der schweren verglasten Türen zum Promenadendeck; begleitet von ferner Tanzmusik, traten Peter und Lotte Ahlers hinaus in die stille Nacht. Ihre Gesichter waren vom Tanz gerötet. Mit einem Seufzer lehnte sich Peter Ahlers gegen die Wand und fächelte sich mit dem Taschentuch Kühlung zu. Lotte Ahlers lief weiter bis zur Reling, atmete tief auf und breitete die Arme aus. Sie trug ein schulterfreies Abendkleid mit einem seidenen Schal, den sie jetzt abnahm und wie eine Fahne schwenkte.
    Wie schön sie ist, dachte Peter Ahlers und war glücklich, ihr Mann zu sein. Sieht man ihr die fünfundvierzig Jahre an? Nie! In zwei Jahren feiern wir silberne Hochzeit. Unglaublich, wird jeder sagen, der uns sieht. Und noch unglaublicher ist es, daß wir schon erwachsene Kinder haben: Horst, dreiundzwanzig und Student der Pharmazie in München; Julia, einundzwanzig, die in Heidelberg Medizin studiert. Mit einer Abiturnote von 1,3! Nein, das sieht man Lotte nicht an! Wie sie da an der Reling steht, schlank, biegsam, mit glatter, sonnengebräunter Haut, den schwachen Wind vom Meer in den rostbraunen Haaren – wirklich unglaublich, vor allem daß wir beide immer noch so glücklich sind wie vor vierundzwanzig Jahren.
    Er sah ihr zu, wie sie den Seidenschal ablegte und trat dann an ihre Seite. Sie hatte die Arme auf den hölzernen Handlauf der Reling gelegt und starrte hinauf in den klaren, weiten Sternenhimmel.
    »Ah! Luft –«, sagte sie und atmete tief ein. »Frische Luft. Wie gut das tut … Du, das ist wie Sekt auf der Haut.« Sie lehnte den Kopf an seine Schulter, und er spürte das Streicheln ihres Atems. »Du hast aber auch getanzt, als wolltest du einen Preis erringen.«
    »Das macht der Jodgehalt der Meeresluft. Man wird wieder jung!« Peter Ahlers griff in die Smokingtasche, holte erneut sein Taschentuch heraus und tupfte sich den Schweiß vom Gesicht. Mit einem hellen Lachen riß sie es ihm aus der Hand und wischte ihm

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