Der faule Henker - Deaver, J: Faule Henker - The Vanished Man
aus. Dann bedeutete er mehreren Cops – manche in Zivil, andere in Uniform – ihnen zu folgen.
»Okay, schnappen wir ihn uns«, murmelte Sachs. »Bei Gott, ich hoffe, dass Grady auf die Todesstrafe plädiert.«
Sie blieben stehen und starrten ins Halbdunkel. Die Gasse war leer.
»Sind wir hier falsch?«, fragte Bell.
»Er hat doch Achtundachtzigste gesagt, oder?«, wollte Sachs sich vergewissern. »Anderthalb Blocks östlich der West End. Das war der Funkruf, da bin ich mir sicher.«
»Ich auch«, sagte ein Detective.
»Dann muss es hier sein.« Sie sah sich um. »Hier gibt’s keine anderen Seitengassen.«
Drei weitere Beamte gesellten sich zu ihnen. »Fehlalarm?«, fragte einer. »Das ist die Stelle – oder etwa nicht?«
Bell benutzte sein Funkgerät. »Einheit Fünf Zwei Eins Zwei, bitte melden.«
Keine Antwort.
»Einheit Fünf Zwei, auf welcher Straße befinden Sie sich? Kommen.«
Sachs kniff die Augen zusammen. »O nein.« Ihre Befürchtung wurde wahr.
Sie lief bis zu einem Abfallhaufen vor. Dort auf dem Pflaster lag ein offenes Paar Handschellen, daneben ein durchtrenntes Plastikband. Bell eilte herbei.
»Er hat die verdammten Handschellen aufbekommen und die Fußfessel durchgeschnitten.« Sachs drehte sich um.
»He, wo sind die beiden hin?«, fragte einer der Uniformierten.
»Wo ist Larry?«, rief ein anderer.
»Bei der Verfolgung?«, argwöhnte ein Dritter. »Vielleicht steckt er gerade in einem Funkloch.«
»Vielleicht«, sagte Bell, doch sein besorgter Tonfall sprach eine andere Sprache. Die erprobten Motorolas funktionierten sehr zuverlässig und hatten im Stadtgebiet einen besseren Empfang als die meisten Mobiltelefone.
Er meldete den Zehn-neununddreißig, den entflohenen Verdächtigen, und fügte hinzu, ein Officer werde vermisst. Wie die Zentrale bestätigte, hatte Burke keinen weiteren Funkspruch abgesetzt. Und niemand in der näheren Umgebung hatte Schüsse gehört.
Sachs suchte die gesamte Gasse nach Hinweisen auf den Fluchtweg des Täters oder das mögliche Versteck der Leiche ab, denn sie mussten davon ausgehen, dass der Hexer Burkes Waffe in die Finger bekommen und den Polizisten getötet hatte. Weder sie noch Bell konnten auch nur das Geringste entdecken. Schließlich kehrten sie zu den Kollegen am Eingang der Gasse zurück.
Was für ein furchtbarer Tag. Erst die zwei Toten vom Vormittag, dann Kara.
Und nun wurde ein Cop vermisst.
Sachs griff nach dem Mikrofon ihres SP-50 und zog es von der Schulter. Sie musste Rhyme verständigen. O Mann. Wie gern hätte sie sich vor diesem Gespräch gedrückt. Sie funkte die Zentrale an und bat, zu ihm durchgestellt zu werden. Während sie auf die Verbindung wartete, zupfte jemand an ihrem Ärmel.
Sachs drehte sich um. Vor lauter Schreck fiel ihr das Mikro aus der Hand und baumelte von ihrem Gürtel.
Zwei Leute standen vor ihr. Einer war der junge Streifenbeamte, dem sie vor zehn Minuten auf dem Marktplatz Befehle erteilt hatte.
Die andere war Kara, bekleidet mit einem NYPD-Anorak. Sie schaute stirnrunzelnd in die Gasse. »Also, wo ist er?«
…Neunzehn
»Sind Sie in Ordnung?«, stammelte Sachs. »Was… Moment mal, was war denn los?«
»In Ordnung? Ja, mir geht’s gut…« Erst jetzt registrierte Kara ihren verblüfften Blick. »Soll das heißen, Sie haben nichts davon gewusst?«
»Ich wollte es Ihnen ja sagen, aber Sie sind so schnell weggerannt«, meldete sich der Officer zu Wort.
»Es mir sagen…?« Sachs’ Stimme erstarb. Sie war dermaßen überwältigt – und vor allem erleichtert –, dass sie kein Wort herausbekam.
»Haben Sie etwa gedacht, ich sei wirklich verletzt?«, fragte Kara. »O Gott.«
Bell kam und nickte Kara zu.
»Amelia hatte keine Ahnung«, sagte sie.
»Wovon?«
»Von unserem Plan. Dem vorgetäuschten Mord.«
Bell war sichtlich entsetzt. »Meine Güte, Sie haben geglaubt, Kara sei tatsächlich tot?«
Der Streifenbeamte rechtfertigte sich erneut. »Ich hab versucht, es ihr zu sagen. Erst kann ich sie nicht finden, und als ich sie dann entdecke, befiehlt sie mir einfach, den Tatort abzuriegeln und die Gerichtsmedizin zu holen, und läuft los.«
»Roland und ich haben uns unterhalten«, erklärte Kara. »Und wir sind zu dem Schluss gekommen, dass der Hexer vermutlich irgendeinen Schaden anrichten würde – durch ein Feuer oder indem er jemanden verletzte. Sie wissen schon, als Ablenkungsmanöver, um fliehen zu können. Also haben wir uns überlegt, ihm mit einer eigenen Täuschung
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