Der Federmann
vierzehnten Mai?«, fragte Trojan.
Sanders Wangen röteten sich. Einer der Kanarienvögel spreizte die Flügel.
»Sie wollen doch wohl nicht sagen, dass ich etwas damit zu tun habe.«
»Antworten Sie, wo waren Sie am vierten und am vierzehnten Mai abends?«
Sander ruckte mit dem Kopf.
Dann wandte er sich an seinen Kollegen.
»Mike, weißt du noch, was wir am vierten Mai gemacht haben?«
Mike schüttelte den Kopf.
»Und am vierzehnten Mai?«
Der Kollege entschuldigte sich bei seiner Kundin und trat zu ihnen heran.
»Sagen Sie, Herr Kommissar, Sie glauben doch wohl nicht im Ernst, dass mein Freund sich an seinen Kundinnen vergreift.«
»Ob er Ihr Freund ist, ist mir egal, antworten Sie auf meine Fragen.«
Mike und Sander schauten sich an.
Plötzlich schnippte Mike mit den Fingern.
»Ach, am vierzehnten hast du dir doch deine Hämorrhoiden erntfernen lassen.«
Sander breitete die Arme aus. »Richtig!«
»Hämorrhoiden also«, sagte Trojan. »Und wo haben Sie sich behandeln lassen?«
»In der Charité. Die haben Spezialisten für diesen Bereich. «
Mike grinste Sander an und ließ die Schere in seiner Hand auf- und zuschnappen.
Trojan wandte sich ihm zu.
»Wie ist denn Ihr Name?«
»Mike Kluge.«
»Und Sie waren dabei, Herr Kluge, als er sich operieren ließ?«
»Also hören Sie mal. Ich hab ihn besucht, mehr nicht.«
»Und am Abend?«
»Das weiß ich beim besten Willen nicht mehr.«
Trojan sah kurz zu Stefanie hin.
Dann sagte er: »Ich muss Sie bitten, mit aufs Revier zu kommen. Alle beide.«
»Das ist völlig ausgeschlossen«, rief Sander.
»Schauen Sie, wir haben Kundschaft«, sagte Mike Kluge.
Trojan straffte die Schultern. »Ich gebe Ihnen eine halbe Stunde, um den Laden hier dichtzumachen.«
NEUNZEHN
M ichaela Reiter schlug die Augen auf. Sie wusste nicht, wo sie war.
Irritiert blickte sie in das lächelnde Gesicht über ihr.
»Was, wo –?«, stammelte sie.
Dann strich ihr jemand über den Kopf.
Sie setzte sich auf.
»Ruhig, ganz ruhig«, sagte eine Stimme.
Und endlich hatte sie ihre Orientierung wieder.
Gesine Bender griff nach ihrer Hand.
»Du hast geschlafen. Beinahe den ganzen Tag hast du geschlafen.«
»Wie spät ist es?«
Gesine sah auf ihre Armbanduhr. »Halb acht.«
»Morgens?«
Gesine lächelte. »Abends.«
Michaela atmete tief durch. Sie umarmte ihre Freundin, Tränen schossen ihr in die Augen.
»Ist ja gut, ist ja schon gut.«
»Direkt vor meiner Tür.« Wie oft hatte sie in den letzten vierundzwanzig Stunden diese vier Wörter schon gesagt: »Direkt vor meiner Tür.«
»Komm, jetzt mach ich uns erst mal was zu essen.«
Michaela nickte. Sie stand auf, ging ins Bad und duschte
ausgiebig, während Gesine in der Küche mit den Töpfen klapperte.
Als sie beide im Wohnzimmer am Esstisch saßen, musste sie es noch einmal sagen.
»Direkt vor meiner Tür. Und das Schlimmste ist, dass der Kommissar meinte, es könnte mir gegolten haben.«
»Ich glaub das nicht, Ela, ehrlich nicht.«
»Aber warum hat er es dann gesagt?«
Gesine zuckte mit den Schultern und zerteilte mit der Gabel das Gemüse auf ihrem Teller.
»Die von der Polizei müssen sich halt in alle Richtungen absichern.« Sie versuchte zu lachen. »Sieh es doch mal positiv, so haben wir endlich mehr Zeit füreinander.«
»Du hast ja recht.«
Michaela lächelte schwach. Sie ließ ihr Besteck sinken.
»Hast du keinen Hunger?«
Sie verzog das Gesicht.
»Irgendwas stimmt mit meinem Magen nicht.«
»Das ist die Aufregung.«
Sie nickte.
Gesine goss ihr noch etwas von dem Wein ein und prostete ihr zu. »Alles wird gut.«
Michaela trank.
»Ja«, sagte sie, »und danke.«
»Wofür?«
»Dass du für mich da bist.«
Gesine Bender streichelte ihren Arm. »Ach, Ela, du bist doch meine beste –«
Weiter kam sie nicht, denn es klingelte an der Tür.
Michaela Reiter runzelte die Stirn.
»Erwartest du noch Besuch?«
Gesine schüttelte den Kopf.
Dann stand sie auf und ging öffnen. Michaela hörte ein gedämpftes Murmeln aus dem Flur. Kurz darauf kam ihre Freundin mit einem Paket in der Hand zurück.
»Es war ein Bote.«
»Um die Zeit noch?«
Gesine zuckte mit den Schultern, legte das Paket ab und setzte sich wieder.
»Hab ich dir eigentlich schon von Marc erzählt?«, plauderte sie munter drauflos.
»Marc? Nein.«
»Marc ist neu bei uns in der Firma. Er arbeitet im IT-Bereich. Und weißt du, er hat etwas an sich, das mich irgendwie –«, Gesine trank einen Schluck Wein, dann lächelte sie,
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