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Der Federmann

Der Federmann

Titel: Der Federmann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Max Bentow
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wieder.
    »Schau dir das nur an, Junge, schau dir nur an, was ich jetzt mit ihr anstelle.«
    Ihre Schreie dabei.
    Und während er noch zusehen musste, wie sich sein Vater an ihr vergriff, sehnte er sich danach, wieder mit ihr allein zu sein, unter ihrem Haar versteckt, von ihrer blonden Haarpracht umhüllt am ganzen Körper.
    Doch dann hatte sie diesen anderen Mann kennengelernt, und ihm blieb nur das Heim. Sie befreite sich von den Drogen und dem Alkohol, heiratete, und er gehörte nicht mehr dazu.

    Aber er hatte ja die Vögel, seine Gimpel. Sie lebten im Garten vor dem Heim. Er bastelte Leimruten und legte sie aus. Er freute sich, wenn er ihre kleinen weichen Körper aufsammeln und mit in sein Zimmer nehmen konnte, bis ihm die Heimleiterin auf die Schliche kam und ihm mit Rauswurf drohte.
    Doch zu diesem Zeitpunkt machte ihm das längst nichts mehr aus.
    Er war bereits einen Schritt weiter gegangen.
    Er dachte an Henrietta, diese Schlampe auf der Party, wie er den Vogel vor ihren Augen zerquetscht und ihr die Federn unter die Nase gehalten hatte.
    Seine Erregung dabei, seine ersten Phantasien: Henrietta die Augen ausstechen. Die Augenhöhlen müssten leer sein. Sie sollte die Schmerzen spüren, aber nichts von ihm sehen. Wenn sie ihn anschauen würde, könnte er nicht das tun, was er mit ihr vorhatte: auf sie einstechen, dann über sie herfallen, ihr das Haar abschneiden, sich damit schmücken, es auf seiner Haut spüren, überall.
    Doch erst bei dieser Prostituierten hatte er sich wirklich getraut. Leider war alles viel zu schnell gegangen. Diese billige kleine Nutte auf dem Straßenstrich, keiner hatte sie vermisst.
    Er hatte im Park auf sie eingestochen, ihr hinterher den Kopf abgetrennt, Kopf und Haare mitgenommen.
    Später hatte er immer wieder diesen Kopf angestarrt. Diesen hässlichen Kopf in der Tiefkühltruhe.
    Alles war viel zu schnell gegangen.
    Die Methode musste verfeinert werden, unbedingt.
    Nur die Haare mitnehmen. Und zuvor Vögel aussetzen.
Am ersten Tag einen unversehrten, am zweiten Tag einen gerupften Vogel, der nackt war wie er.
    Er würde den Vögeln die Bäuche geöffnet haben. Die Schlampen sollten schon vorher wimmern vor Angst. Sie sollten in die offenen Wunden schauen.
    Schaut her, eine blutige Innerei! Ein nacktes, wehrloses Ding! Gleich bin ich bei euch. Gleich seid ihr dran. Heute kommt der Federmann.
    Doch das alles brauchte Zeit.
    Man musste den richtigen Moment abwarten, sich so lange beherrschen können.
    Die Perücke aufsetzen und zur Uni gehen.
    Die falschen Wimpern und die Augenbrauen ankleben und für den Abschluss lernen.
    Sich zusammenreißen und die Diplomarbeit schreiben.
    Sich nichts anmerken lassen und erste Bewerbungsgespräche führen.
    Unauffällig bleiben, unerkannt.
    Den Doktortitel erwerben und sich selbstständig machen.
    Die Perücke aufsetzen, die Wimpern und die Augenbrauen ankleben und immer brav in die Praxis gehen, sich die Probleme anderer Leute anhören.
    Er lachte auf.
    Merkwürdig, wie andere zu ihm Vertrauen fassten, ihm alles erzählten, ihre intimsten Geheimnisse.
    Aber sie kannten ihn ja auch nicht. Nicht wirklich.
    Wie gut er sich verstellen konnte.
    Und schließlich war Matthias Leber in seine Praxis gekommen.

    »Meine Frau darf nicht wissen, dass ich hier bin«, war das Erste, was er ihm gesagt hatte.
    Nach und nach hatte er sich ihm geöffnet, von seinen Phantasien erzählt, ihm offenbart, dass er sich als Makler dabei ertappte, wie er den schönsten Frauen, den blonden unter ihnen, den Zuschlag für die Wohnungen gab.
    Er hatte ihm gestanden, dass er sich wünschte, dabei seine Macht ausspielen zu können.
    Er stellte sich vor, wie das wohl wäre, wenn er Bedingungen stellte, die Frauen ihm gefügig sein müssten.
    Er gestand ihm, dass er sich zunehmend allein mit den Wohnungsbewerberinnen traf.
    Er tat ihnen nichts. Er rührte sie nicht an.
    Doch seine Phantasien wurden immer stärker, und sie bedrückten ihn.
    Schließlich erzählte er ihm von der Prostituierten. Er hatte sie sich in eine leere Wohnung bestellt. Sie sollte für ihn die Bewerberin spielen und dabei eine blonde Perücke tragen.
    Brotter war hellhörig geworden, das gefiel ihm.
    Leber sagte, er müsste immerzu an die Frauen denken, denen er die Wohnungen bereits verschafft hatte. Er stellte sich vor, wie es wäre, bei ihnen zu sein, in ihren privaten Räumen: alleinstehende Frauen, blond.
    Verhaltenspsychologen arbeiteten anschaulich, mit Symbolen. Und so konnte Brotter ihm ganz

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