Der Federmann
vorhatte.
Und diesmal würde er sich mehr Zeit nehmen.
Viel mehr Zeit.
ZWEIUNDDREISSIG
T rojan stützte sich an einem Baum ab und würgte die halbverdauten Reste seines Croissants hoch. Dann wischte er sich den Mund ab und bemühte sich tief durchzuatmen.
Er stieg in seinen Wagen.
Der Kopf. Wieder tauchte das Bild vor seinem inneren Auge auf, und sein Magen rebellierte erneut.
Das Bild von Janas Gesicht schob sich dazwischen, und er war sich noch immer nicht sicher, ob es nicht ihr –.
Er konnte den Gedanken nicht zu Ende führen.
Er suchte vergeblich im Handschuhfach nach Kaugummis, als sein Blick in den Rückspiegel fiel.
Auf der Rückbank lag noch immer Janas Laptop.
Er nahm ihn sich und fuhr ihn hoch.
Er klickte sich durch die Dateien. Im Bilderordner stieß er auf ein Foto von ihr. Er starrte es lange an. Sie stand vor einem blühenden Kastanienbaum und lächelte in die Kamera. Das Sonnenlicht fiel von schräg oben herein und brachte ihr Haar zum Leuchten.
Er durfte die Hoffnung nicht aufgeben.
Konzentriere dich, dachte er, suche nach einem Anhaltspunkt.
In diesem Moment wurde die Wagentür geöffnet, und Landsberg setzte sich auf den Beifahrersitz.
»Ich bin gleich wieder bei euch«, murmelte Trojan.
»Ist schon in Ordnung, Nils.«
Sie schwiegen eine Weile.
Landsberg sah zu dem Bild auf dem Computer hin.
»Das ist sie doch, oder?«
Trojan nickte.
»Holbrecht war in ihrer Wohnung und hat ein Foto von ihr besorgt. Auch Brotters Fahndungsbild ist raus. Es geht an alle Dienststellen. Die Fahndung läuft auf Hochtouren, bundesweit.«
»Vor ein paar Stunden war er noch hier.«
»Wann war das genau?«
»Als ich die Praxis stürmen wollte, gegen eins.«
»Sie war aber nicht in seiner Wohnung. Wir haben bisher nicht die geringste Spur von ihr gefunden. Kein Haar, kein Blut, nichts.«
»Er ist mit ihr um zehn Uhr abends aus der Wohnung von Franka Wiese gegangen.«
»Die Zeugin aus der Mainzer Straße hat ihn auf dem Fahndungsfoto wiedererkannt. Damit war das Phantombild hinfällig.«
»Von der Mainzer Straße aus muss er sie an einen geheimen Ort gebracht haben, von wo aus er wieder aufbrach, um mir hier um ein Uhr morgens begegnen zu können.«
»Das war geschickt von ihm, so konnte er den Verdacht von sich ablenken. Er muss wohl damit gerechnet haben, dass Jana Michels’ Anruf dir galt, und wollte auf Nummer sicher gehen.«
»Stell dir vor, ich hab mit diesem Scheißkerl gesprochen. Er tat ganz scheinheilig. Ich hab ihn sogar nach Janas blonden Patientinnen gefragt.«
Landsberg steckte sich eine Kippe in den Mund.
»Bitte nicht hier drin, Hilmar.«
»Was?«
»Rauchen.«
Er seufzte. »Schon gut.«
»Was sagt Semmler?«
»Nach seiner ersten Einschätzung liegt der Kopf mindestens schon seit einem Jahr in der Tiefkühltruhe.«
Trojan atmete tief durch.
»Es ist nicht ihr Kopf, Nils. Hast du das etwa geglaubt?«
»Weiß nicht. War so eine Vision.«
»Wir finden sie«, murmelte Landsberg.
Sie schwiegen eine Weile. Schließlich zog er sein Feuerzeug hervor.
»Ich muss oben weitermachen.«
»Ich komme gleich nach«, sagte Trojan.
Landsberg stieg aus dem Auto und zündete sich die Zigarette an.
Er warf ihm noch einen kurzen Blick zu, klopfte auf das Wagendach, dann drehte er sich um und ging an den Absperrungen vorbei zurück in das Haus Nummer 34.
Trojan schaute ein letztes Mal auf das Bild, dann schloss er die Datei und öffnete Janas E-Mail-Programm. Er klickte sich durch den Posteingang
Im Januar hatte sie eine kurze E-Mail von Brotter bekommen.
Jana,
kannst du morgen an den Aufsatz von Riemann denken? Muss was für einen Patienten nachschlagen.
G
Trojan ging weiter zurück, glücklicherweise hatte Jana die Eingänge nicht gelöscht.
Im November 2009 hatte sie eine weitere kurze Botschaft von ihm erhalten:
Jana,
danke für den Hinweis auf den Kongress. Meine Paranoikerin wird es mir danken.
G
Trojan überflog die E-Mails der weiter zurückliegenden Monate. Sie reichten bis ins Frühjahr 2009.
Im Juni hatte Brotter ihr eine längere E-Mail geschrieben.
Jana,
endlich ist es warm, und man könnte mit dem Gedanken spielen, sich in der Sonne zu aalen. Was bin ich froh, dass die Menschen auf den Straßen wieder ihr Lächeln entdeckt haben. Mal wieder ein Eis essen gehen? Ich weiß, ich weiß, du hast viel um die Ohren, ehrgeizige J. Gehe jetzt auf der Stelle hinunter zum Badeschiff und wage einen Kopfsprung.
G
Im Mai 2009 hatte sie noch eine kurze Nachricht von
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