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Der Feind im Spiegel

Der Feind im Spiegel

Titel: Der Feind im Spiegel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leif Davidsen
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ist.«
    »Antworte mir. Wie willst du sie verlassen? Verläßt du die Polizei?«
    Er lachte halbherzig und trank einen Schluck Kaffee.
    »Nein, Lise. Was soll ich denn sonst machen? Das ist das einzige, was ich kann. Die kleine Gruppe, die ich geleitet habe, wird aufgelöst. Wir gehen auseinander. Gislev geht in die Überwachung zurück, Charlotte kommt in eine neue EDV-Abteilung und JB in eine neue Analysegruppe, und Aischa bleibt beim PND. Sie hat Blut geleckt. Sie bauen eine ganz neue Struktur auf. Und ich habe einen neuen Job. Ab Januar, wenn der EU-Vorsitz überstanden ist. Als Analytiker bei Europol. Ich kann fließend Deutsch, mein Englisch ist in Ordnung und mein Spanisch ausreichend. Eine elegante Lösung. Sie werden mich los, ohne mich feuern zu müssen. Sie belohnen mich mit einer Beförderung. Dafür muß ich meine Klappe halten. Das mußten sie nicht extra betonen. Meine Schweigepflicht gilt ein Leben lang. Ab jetzt also Europol. Und ich freue mich drauf.«
    »Demnächst reist du dann also kreuz und quer durch Europa?« fragte sie, drückte die Zigarette aus und fischte sich gleich eine neue aus der Packung.
    »Nein. Ich mache die Analysen. Das ist ein Schreibtischjob. Von acht bis sechzehn Uhr. Oder neun bis siebzehn. Keine Ahnung, wie die Arbeitszeiten in Den Haag geregelt sind, aber das Gehalt stimmt, und die Steuern sind eine Idee niedriger als hierzulande.«
    »Und wie lange hält das? Bis du wieder zum Macho wirst?«
    »Wir werden alle älter und klüger. Ich habe genug davon.«
    »Ja, bestimmt. Im Augenblick jedenfalls.«
    »Ich habe keine Lust mehr, mit dem Tod in Berührung zu kommen. Ich habe genug davon gesehen. Genug Tod in meinem Leben!«
    »Und was ist mit Freya?«
    »Findest du, daß ich mich im Moment viel um sie kümmere?«
    »Nein.«
    »Na, also. Wo ist der Unterschied?«
    Sie lehnte sich im Sofa zurück, zündete sich die Zigarette an, drückte sie nach ein paar Zügen wieder aus und sagte mit einer Stimme, die in einen leichten Diskant umgeschlagen war: »Und was ist mit deiner Aischa?«
    »Was meinst du denn damit?«
    Sie lachte ihr stilles Lachen, das er so mochte, das ihm aber jetzt gerade ziemlich auf die Nerven ging.
    »Per«, sagte sie, »Männer haben eine Art, Frauennamen nicht auszusprechen, während ihre Körpersprache gleichzeitig verrät, daß sie ihren Namen ganz anders aussprechen möchten, zärtlicher. Ich bin doch nicht blind, Mensch. Ich wußte seit langem, daß du eine andere hast.«
    »Ihr Frauen seid immer so superklug.«
    »Ja, sind wir oft. Also, was ist mit ihr?«
    »Und was ist mit Niels?«
    »Du zuerst.«
    Er rutschte auf seinem Sessel hin und her.
    »Das ist nicht so eine Beziehung. Nichts von Dauer. Eigentlich ist eh Schluß. Nur hat es noch keiner von uns begriffen. Aischa hat sich entschieden. Sie will Karriere machen, und sie weiß, daß sie sich dafür mehr anstrengen muß als die meisten anderen. Sie hat sich auch jetzt schon mehr dafür angestrengt. Ehrlich gesagt, bewundere ich sie und fühle – oder besser gesagt: fühlte – mich zu ihr hingezogen, aber verliebt bin ich nicht, okay? Und was ist also mit Niels?«
    »Tja. Was ist mit ihm?«
    »Zieht ihr zusammen?«
    »Nein. Das tun wir nicht. Ich habe vor zwei Wochen Schluß gemacht. Es hat ihn nicht sehr berührt.«
    »Und das hat dir gestunken?«
    »Und wie mir das gestunken hat!«
    Sie fingen an zu lachen. Freya bewegte sich, drehte sich aber auf die Seite und schlief, mit dem Finger im Mund, am Fußende des Sofas weiter.
    Per räusperte sich und sagte: »Ihr könntet mitkommen. Du und Freya. Mir wird eine ansehnliche Unterkunft zur Verfügung gestellt. Reicht auf jeden Fall für drei. Du könntest dich freistellen lassen. Von da unten schreiben. Vielleicht das Buch, von dem du erzählt hast.«
    »Ist das dein Ernst?«
    »Ja. Wir könnten uns eine Chance geben.«
    »Warum sollten wir das tun?«
    »Weil ich mich nach dir sehne, verdammt noch mal«, sagte er mit einer Heftigkeit, die ihn selbst überraschte.
    »Wirklich, Per? Bist du dir da wirklich sicher?«
    »Ja, so sicher, wie man sich nur sein kann.«
    »Dann komm her und küß mich, dann versuchen wir es noch mal von vorne.«

Nachbemerkung
    In meinem Roman Der Fluch der bösen Tat ließ ich Vuks Fluchtauto in Stockholm stehen, an der Fähre nach Finnland. Ich konnte mir nicht vorstellen, daß ich mit dieser gequälten, komplizierten und brutalen Romanfigur noch einmal etwas zu tun haben würde. Aber als der amerikanische Justizminister John

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