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Der Feuergott der Marranen

Der Feuergott der Marranen

Titel: Der Feuergott der Marranen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Wolkow
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ihnen anfangs geschienen hatte. Aber aus Furcht wagte niemand, bei solchen
Gedanken länger zu verweilen.
Der Umzug Torms, Wenks, Grems und der anderen Würdenträger in die neuen Häuser
vollzog sich mit großem Pomp. Das Volk, das sich vor den mit Glimmer bespannten
Fenstern drängte, sah die Silhouetten der Zecher und hörte ihre trunkenen Stimmen
(Urfin hatte die Marranen gelehrt, aus Weizenkorn ein berauschendes Getränk zu
bereiten).
Die vornehmen Marranen waren von Urfin ganz eingenommen. Selbst wenn sie jetzt
darauf gekommen wären, daß Urfin ein ganz gewöhnlicher Mensch war, der sich nur als
Gott aufspielte, würden sie ihm trotzdem überallhin folgen, und sei es bis ans Ende der
Welt. Sie erinnerten sich nur ungern an die alte Zeit, da sie in Hütten lebten wie das
gemeine Volk und sich wie dieses von Brei und Salzenten ernährten.
Bei den Aristokraten hatten sich seit alters viele Edelsteine angesammelt: Amethyste,
Rubine und Smaragde. Schon früher pflegten sie einen bescheidenen Handel mit den
Schwätzern zu führen, bei denen sie gegen Edelsteine die allernotwendigsten Waren
eintauschten. Jetzt blühte dieser Handel auf, der sich ungefähr so abwickelte:
Die Marranen bestiegen den Berg, der dem Besitztum Stellas zugewandt war,
gestikulierten und schrien so lange, bis sie die Aufmerksamkeit der Schwätzer auf sich
lenkten, Dann kamen diese herbei, bewunderten die Edelsteine und boten für sie Hühner
und Hammel, Milch und Butter, Obst, Stoffe und schöne Möbel an.
Als Torm einen geschnitzten Tisch mit den dazugehörigen Stühlen erwarb, die genauso
aussahen wie die im Palast des Gottes, begann er die Wahrheit zu ahnen, doch er sagte
niemandem ein Wort davon.
Natürlich waren die Häuser, die die einfachen Leute für sich bauten, nicht aus Stein.
Wie sollte ihnen auch der Sinn danach stehen, wo sie für die Stammesältesten so schwer
arbeiten mußten. Als die Häuser fertig waren, begannen die Marranen, die Saatflächen
auszudehnen. Für das Brotbacken und die sich schnell entwickelnde Weinbrennerei
brauchten sie jetzt viel mehr Getreide als früher. Zum Heizen der Öfen in den Häusern
der Aristokraten war Holz notwendig, und jeden Morgen zog ein Trupp Marranen in
den Wald und kehrte abends, mit schweren Holzbündeln beladen, zurück. Früher hatte
das einfache Volk viel leichter gelebt.
Es vergingen drei Monate, als neue Lasten die Untertanen des Fürsten Torm zu drücken
begannen.
Die Adligen, die miteinander wetteiferten, wer sein Haus prunkvoller einrichte, hatten
die von ihren Vorfahren ererbten Kostbarkeiten verschwendet und besaßen jetzt
nichts, wofür sie schöne Teppiche, teure Möbel und elegante Kleider hätten kaufen
können, Also befahlen sie den armen Leuten, neue Smaragde und Diamanten für sie zu
beschaffen.
Die Edelsteinvorkommen an der Erdoberfläche waren aber versiegt, und deshalb mußte
man Gruben bauen, Damit diese nicht einstürzten, mußte man sie mit Stützen versehen,
für die das Holz aus dem fernen Wald herbeigeschafft wurde.
Damit die Bergleute die gefundenen Schätze nicht verheimlichten, ließen die Reichen
sie von Aufsehern überwachen, und damit diese ihre Pflichten redlich erfüllten, wurden
ihnen hohe Gehälter ausgesetzt, was wiederum auf Kosten der armen Leute ging.
Der weise Karfax beobachtete diese unerfreulichen Zustände mit Entrüstung. Er selbst
hatte es nicht schlecht im Land der Marranen. In den Bergen gab es genügend Ziegen
und auf dem See viele Enten, die gleichfalls gut schmeckten.
Aber angesichts der Ungerechtigkeit im Lande wurde er immer trauriger. An den
Abenden stellte er Urfin oft zur Rede:
„Sag, wo ist das Glück, das du diesem armen Volk versprochen hast?”
Urfin erwiderte mit gespielter Begeisterung:
„Schau doch, wie Fürst Torm lebt und wie gut es Wenk, Grem und den anderen geht!”
„Solcher Leute gibt es nur wenige in diesem Land”, entgegnete Karfax, „die Mehrheit
aber lebt viel schlechter als früher.”
„Es geht doch nicht alles auf einmal!” wehrte Urfin ab. „Die anderen werden später an
die Reihe kommen.”
„Ich glaube dir immer weniger”, sagte der edle Vogel traurig. ,,Der Fürst und seine Räte
leben in Saus und Braus, weil Tausende Menschen für sie arbeiten.”
Um mit dem Adler nicht zu streiten, mied Urfin ihn jetzt. Im Land der Marranen aber
ging alles weiter nach den Plänen des schlauen und ehrgeizigen Schwindlers.
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