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Der Feuerthron

Der Feuerthron

Titel: Der Feuerthron Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carl Hanser Verlag
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hätte. Doch mein verletzter Freund nahm die Höhle wahr und half mir, uns dorthin zu versetzen. Als der Sturm sich gelegt hatte, gelang es mir, ihn an jene Stelle zu bringen, die er hatte erreichen wollen. Doch anstatt dort zu gesunden, starb er und ließ mich allein zurück.«
    Reodhendhors Lächeln wich einem Ausdruck tiefster Verzweiflung. »Ich hätte sofort nach seinem Ende das Schiff nehmen und einen Weg aus diesem Inferno suchen müssen. Doch ich vermochte mich nicht so schnell von meinem Freund zu trennen. Dann zog ein magischer Orkan so überraschend schnell auf, dass ich mich nicht mehr in der Höhle in Sicherheit bringen konnte. Das war mein Ende. Mein Körper wurde zerstört, doch mein Geist fand den Weg in diese magische Welt. Irgendwann einmal werde ich mit ihr vergehen, und es wird nichts mehr von mir bleiben als eine ferne Erinnerung, die frühere Freunde von Zeit zu Zeit befallen wird.«
    »Was für ein schreckliches Ende!« Hekendialondilan weinte vor Mitleid, denn sterben zu müssen ohne jede Hoffnung auf eineWiedergeburt, erschien ihr als das schlimmste Schicksal, das einen ihres Volkes treffen konnte.
    »Es ist das Schicksal eines Kriegers. Hätte mich einer von Wassurams schwarzen Zaubern getötet, wäre mein Geist so zerstört worden, dass ich den Weg zu Talien ebenfalls nicht hätte finden können. Ich bedauere daher weniger mein Ende als vielmehr die Tatsache, dass ich meinem Freund nicht habe helfen können. Er hätte auch Wassurams schlimmstem Werk ein Ende bereiten können.«
    Bei Reodhendhors letzten Worten musterte Mera Argo und rieb sich über die Stirn. Eine Idee keimte in ihr auf. »Was weißt du über diesen Jungen dort?«
    Reodhendhor schüttelte den Kopf. »Nichts! Ich habe ihn noch nie gesehen.«
    »Er ist aus einem großen Halbedelstein herausgekommen, der im Maul des Arghan lag. Daher dachte ich, er könnte etwas mit deinem Freund zu tun haben.«
    »Ein Halbedelstein?«, fragte der Geisterruni verwundert. »Davon habe ich nichts gewusst. Die Existenz dieses Knaben ist mir verborgen geblieben. Mein Freund hat viele seltsame Dinge gesammelt. Vielleicht gehörte der Stein mit dem Kind dazu.«
    Es klang so entschuldigend, dass Mera beruhigend die Hand hob. »Schon gut! Vielleicht entdecken wir das Geheimnis von Argos Herkunft noch. Kannst du uns denn etwas über die seltsame Landschaft um uns herum erzählen?«
    Reodhendhor wies auf den Wald und die Berge dahinter. »Das, was ihr hier seht, stammt aus einer glücklicheren Zeit, in der die verschiedenen Völker mit ihren magischen Farben noch in Frieden lebten. Deshalb ist die Magie der Erinnerung weich und angenehm. Erst später begannen die magischen Farben einander zu widerstreben, weil ihre Träger einander bekriegten, und die Welt wurde so, wie sie jetzt ist. Für mich war diese Illusion jedoch der einzige Weg, um nicht von den magischen Stürmen der richtigenWelt in Stücke gerissen zu werden. Auf diese Weise habe ich hier all die Jahre überstanden und hoffe, dass sie nicht ganz so nutzlos gewesen sind, wie ich es lange Zeit befürchtet habe. Ich lese in euren Gedanken, dass der Feuerthron zwar zerstört, aber inzwischen wieder errichtet wurde, so dass seine Macht erneut unsere Inselwelt bedroht. Kommt mit! Ich weiß eine Stelle, an der der alte Frieden noch stärker herrscht als hier. Dort werde ich euch einiges aus jener Zeit vor eintausend Jahren berichten.«
    Er machte eine einladende Geste und schritt voran. Mera und Hekendialondilan folgten ihm sofort, während Kip einige Herzschläge lang zögerte. Careela stand wie festgewachsen, und Girdhan schien zunächst nicht bemerkt zu haben, dass sich einige aus ihrer Gruppe entfernten, denn er sah sich verblüfft um und hielt sich dabei abwechselnd das rechte und das linke Auge zu. Erst, als Argo in den Armen der Prinzessin zu zappeln begann und kundtat, dass er mit Mera und Reodhendhor gehen wollte, fiel Girdhan auf, dass sie allein herumstanden. Kurz entschlossen stiefelte er los und zog Careela einfach mit sich.
17
    Der Ort, an den Reodhendhor die Gruppe führte, glich in Hekendialondilans Augen einem Spiegelbild des Versammlungsplatzes ihrer Heimatinsel. In der Mitte des weiten Runds erhob sich ein grün schillernder Heiliger Baum, weiches Moos lud zum Sitzen ein, und es gab sogar Büsche mit Wunschbeeren. Als sie aus Neugier eine davon pflückte und in den Mund steckte, spürte sie zwar einen angenehmen Geschmack auf der Zunge, aber erkannte sofort, dass dies nur der

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