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Der Feuerthron

Der Feuerthron

Titel: Der Feuerthron Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carl Hanser Verlag
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schädlichen Nager und besaß im Gegensatz zu ihnen keinen Schwanz. Dafür waren seine Zähne länger und schärfer. Sein Fell war weicher als die Wolle eines Lamms, und es wies, wie sie zum ersten Mal bemerkte, den gleichen Blauschimmer auf wie die Haare des Magiers. Auch seine Knopfaugen leuchteten plötzlich in einem sanften Blau, und sie drückten zu Meras Verwunderung Angst aus. Noch während sie auf Timpo einredete, begann er zu zittern.
    »Dummes Vieh! Die Großmutter kommt doch bald wieder«, schimpfte Mera.
    Während sie ihn scharf im Auge behielt, um ihn sofort wieder fassen zu können, schloss sie die Fensterläden und sicherte sie doppelt. Dann legte sie das Tier wieder unter die Bettdecke, verließ den Raum und klemmte die Tür mit einem Besen fest. Mehr, sagte sie sich, konnte sie nicht tun, um Timpo einzusperren. Jetzt blieb nur die Hoffnung, dass er nicht schon wieder ein Loch in die Tür nagte, um der Großmutter nachzulaufen.
3
    A ls Mera in den Schankraum zurückkehrte, herrschte dort bedrückende Stille. Selbst Berrell saß mit zusammengepresstem Kiefer und hochrotem Kopf auf seinem Platz.
    Die Mutter sah Mera fragend an. »Hast du es geschafft, Großmutters kleine Bestie einzusperren?« Die Wirtin mochte Timpo nicht besonders, seit er sich vor einigen Jahren durch eine Tür gearbeitet hatte, um zu seiner kranken Herrin zu gelangen. Es war eine gute Tür gewesen, fast neu und aus jenem aromatischen Holz, das Meras Mutter so liebte und das es nur auf einer einzigen Insel im Südosten gab. Allein diese Gestade anzulaufen war bereits ein Abenteuer, da sie am Rande jenes Seegebiets lagen, welches das Volk von Runia für sich beanspruchte und das für Menschen verboten war.
    »Ich habe Timpo in Großmutters Zimmer eingesperrt«, erklärte Mera.
    Ihre Mutter verzog das Gesicht. »Wenn das Biest diese Tür ebenfalls kaputt macht, bekommst du so lange kein neues Kleid, bis der Schaden bezahlt ist!«
    Mera begriff, dass ihre Mutter diese Drohung ernst meinte, doch diesmal machte sie sich nicht viel daraus. Selbst wenn Timpo etwas anstellte, würden die Geschenke, die ihre Großmutter vonder Königin erhielt, ausreichen, um eine noch schönere Tür und mehrere neue Kleider anzuschaffen.
    Mit diesem Gedanken trat sie wieder hinter den Schanktisch und wusch die leeren Krüge aus, die Girdhan eingesammelt hatte. Der Junge hatte den Kopf zwischen die Schultern gezogen und warf ihr einen verschreckten Blick zu. Offensichtlich litt er immer noch unter Berrells Hetzereien und hatte wohl auch Angst, die Großmutter könnte seinetwegen zur Königin gerufen worden sein. Dabei sah er wirklich nicht so aus, wie man sich einen echten Gurrländer vorstellte. Seine Mutter war, soviel Mera wusste, eine normale Menschenfrau oder nur leicht mit Gurrländern vermischt gewesen, und Mera hielt es für unwahrscheinlich, dass sein Vater zu diesen Ungeheuern gehört hatte. Dafür wirkte Girdhan nicht klobig genug, und sie bekam auch keinen Schrecken, wenn sie ihn anblickte. Zwar war er für sein Alter recht groß, doch sein Gesicht sah menschlich aus, auch wenn das Kinn und die Kieferpartie ein wenig vorstanden. Vor allem aber besaß er keine Hauerzähne, wie sie für Gurrländer typisch sein sollten.
    »He, Mädchen, ich will noch ein Bier!« Berrells Stimme klang undeutlich, denn er hatte bereits etliche Krüge getrunken.
    Hannez, der nach Meras Ansicht nicht nur wegen des Bieres und der Fischsuppe in den »Blauen Fisch« kam, sondern vor allem, um ihre Mutter zu sehen, schüttelte tadelnd den Kopf. »Habt Ihr nicht bereits genug, edler Herr? Es ist ein ziemlich weiter Weg zu Eurem Haus, und die Flussbrücke hat kein Geländer, sondern nur ein Seil, an dem Ihr Euch festhalten könnt. Ein Fehltritt an dieser Stelle wäre fatal.«
    Meras Mutter zweifelte ebenfalls daran, dass der Beamte unbeschadet über die Brücke kommen würde. »Du könntest den Herrn nach Hause begleiten und auf ihn achtgeben, Hannez!«
    »Es reicht, wenn ihm jemand über die Brücke hilft. Den Rest des Weges wird er wohl alleine schaffen«, warf Mera ein.
    Ihre Mutter drehte sich mit einem feinen Lächeln zu ihr um.
    »Der Herr steht in den Diensten der Königin, und da wollen wir doch nicht, dass er unterwegs stolpert und in eine Pfütze fällt.«
    Mera hätte es dem Mann gegönnt, in ein besonders tiefes Dreckloch zu platschen, doch das durfte sie nicht vor allen Leuten sagen. So schenkte sie dem Beamten den nächsten Krug Bier ein und hoffte, dass es der

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