Der Finanzer
leichtfertig
sei, solange Lergetbohrer nicht eine zehnjährige Dienstzeit bei der Finanzwache zurückgelegt habe, denn im Falle
seines früheren Ablebens würde die Witwe nicht den geringsten Anspruch auf eine staatliche Sustentation haben. Der
Kommissär fügte tröstend hinzu, daß er allerdings auch nicht befürchte, es werde Anton vor
Erreichung des zehnten Dienstjahres mit Tod abgehen. Doch der Finanz-Wachdienst sei gefährlich, er kann jeden Tag den
Tod bringen.
Da erinnerte sich Lergetbohrer, eine gesetzliche Bestimmung gelesen zu haben, wonach Finanzwachleute und deren Relikten
auf Pension im vollen Betrage der Löhnung ohne Rücksicht auf die Dienstzeit Anspruch haben, wenn die Leute infolge
einer im Gefällsdienste entweder im Kampfe mit Schmugglern oder durch sonstige Gewalttätigkeit erlittenen schweren
Verwundung für den Finanzwachedienst untauglich würden. »Stößt mir also etwas zu, so wird das
Ärar gemäß dieser Bestimmung die Pension gewiß nicht verweigern!« fügte Anton bei.
»Allen Respekt vor ihrer Gesetzeskenntnis, lieber Lergetbohrer! Aber die Auslegung der Paragraphen ist oft eine
unberechenbare! Doch wagen Sie den Versuch! Daß Ihre Eingabe vom hiesigen Amt auf Grund Ihrer ansehnlichen Verdienste
warm befürwortet wird, kann ich Ihnen heute schon zusichern!«
Damit war Anton entlassen. Was soll er nun tun? Er entschließt sich, die geliebte Braut zu verständigen,
daß auf Pension vorläufig nicht zu rechnen sei, solange er die verlangten zehn Dienstjahre nicht zurückgelegt
habe.
Die Antwort Zenzis war ein langer Kuß und die Versicherung, daß sie ihm seine treue Fürsorge niemals
vergessen werde. Doch möge das Schicksal bringen, was Gott der Herr beschließe, sie werde sich fügen und dem
Gatten ein treues, liebendes Weib sein bis zum Ende.
Jetzt reichte Anton sein Heiratsgesuch ein, das mit der Befürwortung hübsch gemächlich die Reise nach Wien
antrat und gereift an Alter, versehen mit der ministeriellen Genehmigung, nach einigen Monaten wieder in Bregenz eintraf.
Eine stille Hochzeit folgte, ohne Mahl oder sonstige Festlichkeit.
In einer kleinen Wohnung baute sich das junge Paar ein bescheidenes Nest, und Zenzi war nun froh, jene Restsumme aus dem
Steuerprozeß zur Vergrößerung des Haushaltes verwenden zu können. Nach Jahr und Tag strampelte ein
kleiner Finanzer im Nest, unbekümmert um jegliche Dienstesvorschrift. Lergetbohrer freute sich wie ein Fürst, dem
ein Erbprinz geboren ist, und im stillen berechnete er, daß ihm jetzt nur noch drei Jährchen zu den
vorgeschriebenen zehn Dienstjahren fehlen. Dann ist die Pension sicher, und wenn der Finanzhimmel gnädig ist, kann nach
bestandener Prüfung für Verzehrungssteuer und Zollprüfung für den Grenzdienst nach Umfluß weiterer
Jahre die Ernennung zum Finanzwachekommissär zur Tat werden. Herrgott, wäre das ein Glück!
Dem Erbprinzen folgten noch zwei Geschwister nach auf der Reise ins Leben, so daß Lergetbohrer und Gattin drei
richtige Seehasen, echte Brigantier, besaßen. Zenzi kargte im Haushalt, und dennoch schwamm sie im Meer des
Mutterglückes.
Anton hatte viel Kanzleidienst, dazwischen auch Kontrolldienst zu leisten, und war bestrebt, durch außerordentliche
Genauigkeit und größten Eifer sich immer mehr die Zufriedenheit der Vorgesetzten zu erwerben. Je näher das
Dienstdezennium rückte, desto schärfer ward Lergetbohrer im Dienst; die Pensionsfähigkeit will er unter allen
Umständen erringen im Interesse seiner Familie.
Es war Herbst geworden. Eines späten Abends kam Anton von einem Ausflug zu Wasser zurück, und auf dieser
Bootfahrt fiel ihm die Lichtsignalisierung auf und rief ihm seine damaligen Beobachtungen wieder ins Gedächtnis
zurück, denen er im Drang der Dienstgeschäfte nicht näher nachgeforscht. Das soll aber gleich morgen
nachgeholt und so gut als möglich erforscht werden. Die Finanz muß wissen, was sich die Schmuggler durch farbige
Lichter signalisieren; ohne genaue Kenntnis dieser Signale, ohne den Schlüssel zu diesem Geheimnis hat das Streifen zur
See doch keinen rechten Zweck.
Am Morgen erholte Anton die Genehmigung des Kommissärs zu einer Erforschung des Signaldienstes, die anstandslos, wenn
auch etwas spöttisch, erteilt wurde. Der Kommissär meinte, daß die Lichter zur Nachtzeit eben eine Warnung
seien, falls sich die Finanzer auf dem See befinden. Da dies aber fast jede Nacht der Fall ist, könne der Warnung kein
besonderer Sinn
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