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Der Finanzer

Titel: Der Finanzer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur Achleitner
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den Dienst
versagten. Der Mann meinte wegwerfend, daß die Bregenzer immer noch zu wenig organisiert seien und die
»Grünen« zu viel fürchten.
    »Sind denn die ›Grünen‹ in Österreich nicht zu fürchten?«
    Der Rorschacher hustete und trank dann. »Pah, eine Jammerbande ist das! Hungerleider und dumm wie die
Nacht!«
    »Warum denn dumm?«
    »Weil sie bei allem Aufpassen noch nicht einmal die Signalordnung kennen! Lungern Tag und Nacht herum, haben Ohren
und hören nicht!«
    Anton log tüchtig: »Ich bin zwar keiner von den ›Grünen‹, aber ich meine doch, die Finanzer
kennen die meisten Kniffe in jenem Handwerk!«
    Erbost schlug der Mann mit der Faust auf den Tisch, so stark, daß sein Glas umfiel und der Wein sich über die
Platte ergoß. »Nünd wissent se!«
    Anton zitterte vor Begierde, die ihm tatsächlich bisher fremd gebliebene Signalordnung der Schmuggler kennen zu
lernen; er wußte aber nicht, wie dem Trunkenen das Geheimnis herausgelockt werden könne. Ein Zufall sollte ihm
wenigstens zum Teil zu Hilfe kommen.
    Über das Wirtshaus zur »Schanz« strich eine Rabenkrähe und ließ mehrmals ihr widerliches
Gekrächze vernehmen.
    Schon beim ersten gedehnten Ruf »Raab« horchte der Schweizer erschrocken auf, soweit ihm dies im Dusel noch
möglich war, und als die Krähe noch einige Male ihr Gekrächze hören ließ, da sprang der Mann
fluchend auf und floh zur Türe hinaus, wie wenn ihn der Teufel selbst verfolgte.
    Lergetbohrer staunte. Dann begann er zu überlegen, was diese Flucht zu bedeuten haben könnte. Die Veranlassung
zu diesem blindtollen Davonlaufen kann nichts anderes als das Rabengekrächze gewesen sein. Also bedeutet der
Rabenschrei, mehrmals wiederholt, Gefahr, es wird eine Warnung sein, und da der Davongelaufene mutmaßlich ein
Schwärzer ist, so ergibt sich von selbst, daß Rabengekrächze ein Warnungssignal für Schmuggler ist.
    Lergetbohrer bezahlte seine Zeche und beschloß nach Bregenz zurückzuwandern. Munter sprang Flock voraus. Nach
einer Weile sah der Oberaufseher den Fischer auf der Straße dahintorkeln. Dies Schwanken des weinvollen Mannes reizte
zum Spaß; Lergetbohrer steckte zwei Finger der Rechten in den Mund und ließ einen gellenden, gedehnten Pfiff
ertönen.
    Den Mann vorne reißt es schier um, und wie angewurzelt bleibt er stehen, mit blöden Augen um sich blickend.
    Unwillkürlich pfiff Anton zweimal kurz und rasch nacheinander.
    Der Mann machte augenblicklich kehrt und wankte auf der Straße zurück.
    Der Oberaufseher erkannte nun, daß solchen Pfiffen eine besondere Bedeutung zugrunde liegen müsse, und sofort
probierte er eine weitere Ausnutzung dieser unvermuteten Beobachtung. Rasch Deckung hinter einem Baum nehmend, ließ er
nun drei gellende Pfiffe ertönen, welche den Mann trotz seiner Trunkenheit veranlaßten, sofort nach rechts zu
gehen, querfeldein.
    »Eine kostbare Wahrnehmung!« flüsterte Anton und prägte sich die Bedeutung dieser Signalpfiffe
scharf ins Gedächtnis; ob ein viermaliges Pfeifen jetzt noch Erfolg haben würde, schien Lergetbohrer selbst
zweifelhaft zu sein. Mehr des Scherzes halber denn in Erwartung einer Beobachtung, pfiff der Finanzer wieder zweimal kurz und
rasch, und siehe da, der Dusler gehorchte augenblicklich und wankte denselben Weg zurück an die Landstraße.
    Drei Signale wären also nebst dem warnenden Rabengekrächze nun erraten, fehlt nur noch das Signal: vier Pfiffe
hintereinander, schnell und kurz.
    Der Mann duselte vorne gen Bregenz. Die vier Pfiffe veranlaßten ihn jedoch, sogleich nach links abzugehen. Im
Straßengraben kam er zu Fall und blieb liegen. Die Beine wie der Kopf versagten nun den Dienst; der gewaltige Rausch
muß ausgeschlafen werden.
    Frohlockend über die so unerwartet gemachte Entdeckung spazierte Lergetbohrer in die Seestadt Bregenz, wo er in der
Wirtschaft des Wüsteler einkehrte. Schon beim Eintritt in den Schankgarten konnte er sich überzeugen, daß
sein Kommen alles eher, nur nicht willkommen ist, denn das Geräusch seiner knirschenden Tritte im Kies des Gartens
scheuchte ein Pärchen ans, das Zwiesprache in einer Laube gehalten haben mochte.
    Zenzele ist es, die ärgerlich von jenem Laubentisch wegtrat und geringschätzig auf den Gast blickte. Der junge
Mann aber, dessen Unterhaltung so jäh gestört wurde, sandte dem in Zivilkleidung unkenntlichen Finanzer einen
Wutblick zu. Ein hübscher Bursch mit blondem Bart, der Typus des Alemannen, eine gedrungene Gestalt,

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