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Der Findling

Der Findling

Titel: Der Findling Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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Aufgeblasenheit konnte unsern jungen Helden freilich nicht schrecken. Er hatte noch weit härtere Anreden bei der Hard, von Thornpipe und in der Lumpenschule hinnehmen müssen. Wie es sich schickte, entblößte er den Kopf, als er auf Scarlett zuging, den er übrigens gleich nicht für Seine Herrlichkeit den Lord Piborne, den Schloßherrn von Trelingar, ansah.
    »Wirst Du wohl sagen, was Du hier willst? herrschte ihn Scarlett noch einmal an. Bettelst Du um eine Gabe, dann mach’ daß Du fortkommst. Kleine Herumtreiber wie Du erhalten hier nichts, nicht einmal einen Copper!«
    Das waren recht unnütze Worte, vor denen Findling zu gar keiner Antwort kommen konnte, zumal er sich immer vor dem etwas unruhigen Pferde des Verwalters in Acht nehmen mußte. Gleichzeitig tobten die Hunde knurrend und bellend im Hofe umher. Das machte einen Lärm, der jede Verständigung erschwerte.
    Scarlett mußte auch noch lauter sprechen, als er hinzufügte:
    »Wenn Du jetzt nicht Deiner Wege gehst und ich Dich noch einmal in der Nähe des Schlosses erwische, dann führ’ ich Dich an den Ohren nach Kanturk, wo im Arbeitshause für einen solchen Burschen schon noch Platz ist!«
    Findling ließ sich weder durch solche Drohungen, noch durch den Ton, in dem sie ausgestoßen wurden, einschüchtern. Als es aber einmal ruhiger war, antwortete er:
    »Ich verlange kein Almosen und habe nie darum gebettelt!
     

    »Was willst Du hier?« (S. 232.)
     
    – Und Du würdest auch keines annehmen, he? erwiderte Scarlett ironisch.
    – Nein… von niemand.
    – Was willst Du denn sonst hier?
    – Ich wünsche den Lord Piborne zu sprechen.
    – Seine Herrlichkeit selbst?
    – Ja, Seine Herrlichkeit persönlich.
    – Und Du bildest Dir ein, daß er Dich vorlassen wird?…
    – Gewiß, denn es handelt sich um eine für den Lord Piborne sehr wichtige Sache.
    – Eine sehr wichtige Sache?…
    – Ja wohl, mein Herr.
    – Und was beträfe denn diese?
    – Das möchte ich dem Lord Piborne nur allein mittheilen.
    – Dann hinaus!… Der Marquis ist nicht im Schlosse.
    – O, so werde ich warten.
    – Doch wenigstens nicht hier auf der Stelle.
    – Gut, so komm’ ich noch einmal wieder.«
    Jeder andre als der häßliche Scarlett wäre von der auffallenden Zähigkeit, von den so bestimmten Antworten dieses Kindes betroffen gewesen. Jeder hätte sich gesagt, daß den Kleinen gewiß ein ganz besondrer Grund nach dem Schlosse getrieben habe, und hätte ihn aufmerksam angehört. Der Verwalter kam dadurch jedoch nur noch mehr »in die Wolle« und knurrte:
    »So ohne Umstände spricht man nicht mit Seiner Herrlichkeit Lord Piborne. Ich bin der Intendant des Schlosses. Wer hier etwas will, hat sich an mich zu wenden, und Du weigerst Dich sogar zu sagen, was Dich herführte….
    – Das kann ich niemand als dem Lord Piborne sagen, und ich bitte Sie, mich ihm zu melden!
    – Dich Galgenstrick? versetzte Scarlett, die Reitgerte schwingend, jetzt packe Dich zum Teufel oder die Hunde sollen Dir in die Beine fahren!… Nimm Dich in Acht!«
    Die polternde Stimme des Verwalters reizte die Hunde zu neuem Gekläff.
    Findling fürchtete immer nur, daß Birk aus dem Gebüsch vorbrechen und ihm zu Hilfe kommen könnte, was der Sachlage eine noch üblere Wendung gegeben hätte.
    Auf das immer tollere Bellen der Hunde hin erschien jetzt Graf Ashton auf dem Hofe und kam auf das Gitterthor zu.
    »Was giebt’s denn hier? fragte er.
    – O, einen Jungen, der betteln will….
    – Ich bin kein Bettler! wiederholte Findling.
    – Aber ein frecher kleiner Landstreicher…
    – Pack’ Dich fort, Schlingel, oder ich stehe nicht mehr für meine Hunde ein!« rief der Graf Ashton.
    Die Thiere. die der junge Piborne jetzt noch zu bändigen versuchte, wurden in der That immer wüthender und bedrohlicher.
    Da zeigte sich auf der Freitreppe vor dem Mittelportale des Schlosses der Lord Piborne selbst in all seiner Majestät, und als er sah, daß Scarlett noch immer nicht nach Kanturk weggeritten war, stieg er gemessenen Schrittes die Stufen hinab, ging steif über den Ehrenhof und erkundigte sich nach der Ursache der Verzögerung und des jetzigen Lärmens.
    »Wollen Eure Herrlichkeit entschuldigen, stammelte der Verwalter, es ist der Bursche hier, ein Bettelbube….
    – Ich erkläre Ihnen nun zum dritten Male, daß ich kein Bettler bin, fiel ihm Findling ins Wort.
    – Was will dieser Knabe also? fragte der Marquis.
    – Er will nur mit Euer Herrlichkeit sprechen.«
    Lord Piborne trat einen

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