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Alles auf Anfang Marie - Roman

Alles auf Anfang Marie - Roman

Titel: Alles auf Anfang Marie - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ursula Schroeder
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1
    An dem Tag, als Christoph auszog, brach für mich eine Welt zusammen. Ich hatte es nicht kommen sehen und war völlig überrascht, als er mir mitteilte, er werde mit seiner Freundin zusammenziehen, von deren Existenz ich erst seit kurzem wusste. Und ich naives Dummchen hatte gedacht, er werde mir noch lange erhalten bleiben. Ich hatte mir immer so viel Mühe gegeben, damit er sich bei mir wohl fühlte. Kochen und Waschen waren eine Selbstverständlichkeit, aber ich hatte mich auch bemüht, immer ein offenes Ohr für seine Probleme zu haben und ihm trotzdem genug Freiraum zu lassen.
    Und jetzt dies.
    Während ich tapfer versuchte, meine Tränen zurückzuhalten, als er seine Jacken aus der Garderobe zusammenpackte, hatte ich den Eindruck, mir würde der Boden unter den Füßen weggezogen. Mir war klar, dass ich ihn nicht festhalten konnte, aber wenn man jemanden seit dreiundzwanzig Jahren liebt, dann   …
    »Soll ich dir noch was zu essen einpacken?«, fragte ich mit einem mühsamen Lächeln.
    Er sah mich mitleidig an. »Hör mal, ich fahre nach Münster und nicht nach Marrakesch. Ich werde nicht verhungern.«
    »Ich dachte nur, vielleicht hat Jana keine Lebensmittel eingekauft   …«
    Jetzt wurde sein Blick streng. »Hör mal, ich weiß ja, dass du sie nicht besonders magst, aber sie ist kein hilfloses Blödchen.«
    »Das meinte ich auch nicht!«, protestierte ich. »Aber ich könnte dir noch den Bauernschinken mitgeben, den du so gern   …«
    Christoph schüttelte den Kopf und baute sich vor mir auf. Ich hatte immer den Kontrast zwischen seinem blonden Haar und den braunen Augen so gemocht, und jetzt würde ich ihn nur noch selten zu sehen kriegen. »Mama!«, sagte er mit Nachdruck. »Ich bin erwachsen. Finde dich damit ab.«
    »Ja, natürlich«, sagte ich seufzend und hob eine Tasche auf, um sie hinter ihm her zum Auto zu tragen. Aber allein der Anblick des blauen Golfs machte mich noch melancholischer, als ich sowieso schon war. Das war früher mein Auto gewesen, bis Christoph seinen Führerschein machte. Eine Weile hatten wir versucht, es uns zu teilen, was meistens zu meinen Ungunsten ausging. Schließlich hatte Henning beschlossen, den Golf Christoph zu überlassen   – als Gegengeschäft für Mithilfe im Garten, was natürlich auch eher zu unseren Ungunsten ausfiel   –, und mir das Mini Cabrio gekauft, mit dem ich seitdem meine täglichen Erledigungen machte.
    Mit Mühe gelang es Christoph, die letzten Gepäckstücke noch zu verstauen. Es juckte mich in den Fingern, ihm dabei zu helfen, denn in puncto Packen macht mir so schnell keiner was vor, aber das hätte er natürlich mit großer Entrüstung abgelehnt. Dann drehte er sich zu mir um und nahm mich in den Arm, eher aus Pflichtgefühl als aufgrund tiefer Emotionen. »Mach’s gut, Mama«, sagte er. Rasch ließ er mich wieder los, bevor die Nachbarn diese ungewohnte Gefühlsbekundung registrieren konnten.
    »Du auch«, erwiderte ich tapfer. »Und ruf mal an, wenn…«
    »Ich melde mich, wenn ich angekommen bin«, gestand er mir zu. »Aber komm bloß nicht auf die Idee, jeden Tag mit mir zu telefonieren wie mit Lotta. Ich brauche weder Rat beim Schuhekaufen, noch werde ich dir die Ohren vollheulen, wenn mich die Uni stresst.«
    Klar, dafür hatte er jetzt Jana. Ich hätte es wissen müssen, aber Mütter sind nun mal so. Das ist vermutlich genetisch festgelegt. »Hast du denn alles?«
    Unschlüssig spielte er mit seinem Autoschlüssel. »Na ja, ich kann ja den Bauernschinken doch mal mitnehmen.«
    Und dann war er wirklich weg.
     
    Henning war an diesem Tag zum Mittagessen zu Hause, was mir wenigstens die Aufgabe stellte, etwas Richtiges zu kochen. Seit seine Firma vor acht Jahren an eine größere Gruppe verkauft worden war, hatte er nicht nur einen sehr erfolgreichen Aufstieg gemacht, sondern musste auch durchschnittlich drei Tage in der Woche in Hannover arbeiten, wo sich der Hauptsitz befand. Damals hatten wir entschieden, nicht dorthin umzuziehen, damit die Kinder nicht die Schule wechseln mussten. Stattdessen hatte Henning sich ein kleines Apartment gemietet und einen luxuriöseren Firmenwagen bekommen, und irgendwie hatten wir uns mit dieser Regelung ganz gut eingerichtet. Bis jetzt.
    »Hör mal«, sagte Henning zu mir, »da Christoph nun ausgezogen ist, könnten wir doch endlich diese Nudeln mit Hackfleischsauce vom Küchenplan streichen.«
    »Ich habe das heute gekocht, weil ich dachte, er würde vielleicht noch zum Essen bleiben«,

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