Der Flatbootmann
Gedanken versunken den Platz. Aber die Gedanken konnten keine trüben sein, denn oft lächelte er still und leise vor sich hin, und als die Sonne endlich tiefer und tiefer sank und ihn zum Aufbruch mahnte, schritt er mit fröhlichen, leichten Schritten den schmalen Weg entlang, der Pflanzung wieder zu.
Ohne sich weiter bei einem der Neger zu erkundigen, klopfte er auch bald darauf an dem Hauptgebäude an und fragte, als ihm ein junges Mulattenmädchen die Tür öffnete, nach Master Beauchamps.
»Massa ist oben«, sagte das Mädchen, »will's ihm gleich sagen, daß ihn Gentleman zu sprechen wünscht.«
»Gut, Kind«, nickte ihr der Fremde zu, »sag ihm nur, ich hätte eine Geschäftssache mit ihm abzumachen und würde seine Zeit keine Viertelstunde in Anspruch nehmen.«
Das Mädchen sprang die Treppe hinauf, und der junge Mann lehnte indessen seine Büchse in die Ecke und schritt langsam in dem mit Blumen fast gefüllten Vorsaal auf und ab. Lange brauchte er hier aber nicht zu warten, denn kaum fünf Minuten später kam das Mädchen zurück und bat ihn, ihr zu folgen. Massa sei munter und habe ihr aufgetragen, ihn hinaufzuführen.
Jack folgte ihr die breite, gebohnerte Treppe hinauf durch ein paar luftige Zimmer in das freundliche kleine Gemach, in dem die noch hin und her schwingende Hängematte verriet, daß der Herr der Wohnung sie erst vor wenigen Minuten verlassen. Mr. Beauchamps lag jetzt in einem der bequemen chinesischen Rohrstühle lang und behaglich ausgestreckt und erhob sich bei dem eintretenden Besuch nur weit genug aus seiner Stellung, dem Gast einen ähnlichen Sitz sich gegenüber anzuweisen.
»Bitte, Sir, dort stehen Zigarren«, war sein erstes Wort, »bedienen Sie sich selbst - Sie haben das Feuer dicht daneben.«
Jack grüßte ihn, nahm eine Regalia aus der offenen Kiste, entzündete sie und ließ sich dann ohne weiteres in dem ihm durch die Handbewegung angebotenen Sitz nieder.
»Sie wünschten mich zu sprechen?«
»Ja, mein Herr.«
»Mit wem habe ich das Vergnügen?«
»Henry Dodge, aus dem Staat Kentucky«, sagte der junge Mann ohne Zögern.
»Und mit was kann ich Ihnen dienen?«
»Ich komme nur im Auftrag eines Freundes«, sagte der Fremde, »der da hörte, daß ich nach dem Süden ging. Sie erlauben, daß ich ohne weiteres zur Sache komme?«
»Ich bitte darum«, erwiderte der Pflanzer, durch die Frage etwas erstaunt.
»Desto besser; das wird das Ganze außerordentlich erleichtern. Nicht wahr, Sie hatten früher eine Sklavin namens Sally, die Ihnen, glaub ich, davongelaufen ist, oder gestohlen wurde - ich weiß es nicht ganz genau.«
»Allerdings«, rief der Pflanzer, sich überrascht und erwartungsvoll in seinem Stuhl emporrichtend. »Wissen Sie etwas von ihr?«
»Allerdings«, sagte der Fremde ruhig, »ich bin ihretwegen hier gelandet.«
»Und Sie haben sie in Kentucky erwischt?« rief der Pflanzer rasch und freudig aus, indem er die Lehnen seines Stuhls fester packte.
»Leider nicht«, erwiderte, ohne eine Miene zu verziehen und mit Achselzucken der Fremde. »Sie lebt in Kanada.«
»Teufel!« rief der Pflanzer, mit dem Fuß aufstampfend. »Ist es nicht eine Schmach und Schande für uns, daß wir Kanada den Briten noch an unserer Grenze lassen? Daß wir dulden, wie sie, unseren Gesetzen zum Trotz, den flüchtigen Sklaven schützen und uns gewissermaßen in die Zähne lachen? Aber das muß anders werden - Kanada muß unser sein, und wenn wir nur wollten, was könnten denn die Engländer machen?«
»Es ist allerdings fatal«, sagte der Fremde, »aber für den Augenblick läßt sich doch nichts dagegen tun. Wir in Kentucky sind dabei noch viel schlimmer dran als Sie hier unten. Was war das Mädchen etwa wert?«
»Sie wäre mir nicht unter achthundert Dollar feil gewesen«, sagte Mr. Beauchamps finster, »und ich bin fest überzeugt, ich hätte auf dem New-Orleans-Markt tausend für sie bekommen.«
»Hm, dafür kauft man bei uns zwei solche Mädchen«, meinte der Fremde, »ihre Preise müssen hier enorm hinaufgetrieben sein.«
»Gar nicht«, rief der Pflanzer, »das Mädchen war fast weiß, was ihr auch jedenfalls die Flucht erleichtert hat, und New Orleans ist dafür ein vortrefflicher Markt. Sie wissen, es ist das eigentlich mehr Liebhaberei, gehört aber in manchen Gegenden mit zum guten Ton, Quadroon-Mädchen zur Aufwartung zu haben.«
»Und würden Sie jetzt noch das Mädchen verkaufen wollen?« sagte der Fremde, indem er sein rechtes Bein über das linke schlug und
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