Der Flatbootmann
die Pflanzer in Louisiana gerade emsig beschäftigt, die dieses Jahr vortreffliche Baumwollernte zu beenden. Unter der heißen Mittagssonne standen die Neger draußen in den schattenlosen Feldern, die weißen Flocken in leichte Schilfkörbe zu pflücken und das ihnen aufgegebene Gewicht noch vor Feierabend zusammenzubringen. Es war gerade nicht mehr, als sie arbeiten konnten, aber säumen und rasten durften sie auch nicht viel dabei, und fehlte ihnen nur ein kleiner Teil an der bestimmten Qualität, so blieb die Strafe selten aus.
Draußen im Feld arbeiteten die Neger und ritt der Aufseher umher, die verschiedenen Trupps zu überwachen, aber um das Herrenhaus her herrschte tiefe und durch nichts gestörte Stille. Die Herrschaft hielt Siesta, und es wäre keinem der Neger zu raten gewesen, auch nur durch einen Laut in der Nähe der Wohnung die heilige Ruhe zu unterbrechen.
Der breite Mississippi, durch die gerade in dieser Jahreszeit herunterkommenden Wasser der Felsengebirge genährt, war ungewöhnlich hoch, aber auch außerordentlich belebt, und keine Viertelstunde verging fast, in der nicht entweder ein Dampfer vorübergekeucht oder Flat- oder Segelboote den Strom herabgekommen wären. Aber niemand in der Plantage kümmerte sich um das, was ihnen auch überhaupt schon lange alltäglich und gleichgültig geworden war. Die Fenster waren dicht verhangen, die Jalousien geschlossen, und nur durch die offenen, auf die Veranda führenden Türen wurde der vom Strom herüberwehenden Luft der Zugang gestattet. Selbst die am Mississippi hinaufführende Straße war vollkommen menschenleer; nur eine einzige alte Frau saß im Schatten eines hochstämmigen Pecan-Baumes und überwachte eine kleine Herde an der Levée weidender Schafe.
Es war ein trauriger Anblick, die alte, zur Mumie zusammengetrocknete Frau da stumpfsinnig kauern zu sehen. In ihrer Jugend vielleicht der Liebling des Aufsehers und von schwerer Arbeit verschont, im reiferen Alter dann in das Baumwollfeld geschickt, bis auch die letzten, allenfalls noch zu verwertenden Kräfte aufgebraucht, hatte sie selbst jetzt noch keine Ruhe. Wie alt sie war, wußte sie selbst nicht mehr, blieb sich auch gleich, denn niemand kümmerte sich darum. Aber hier draußen mußte sie sitzen, den lieben langen Tag, und auf die Schafe aufpassen, die an der Levée hin ihr Futter suchten - wehe, wenn ihr eins verlorengegangen wäre! Aber die Schafe liefen auch nicht fort, und wär es nur aus Mitleid mit der armen Frau gewesen, die dann hätte hinter ihnen dreinkeuchen müssen. Ruhig pflückten sie das süße Cocogras von dem hohen Damm, und die Alte saß neben ihnen, haschte nach den Fliegen, die in ihre Nähe kamen, und drehte dann den gefangenen langsam die Köpfe ab.
Über den Strom herüber kam ein schlankes, scharf gebautes Boot gerudert. Es trieb das Wasser nicht schäumend vor sich her, sondern warf es an beiden Seiten wie abgeschnitten fort. Einem Pfeil gleich schoß es durch die Flut, und die beiden Männer darinnen, die die Ruder führten, schienen trotz der Hitze ihre Lust daran zu haben, den kleinen Klipper springen zu lassen.
Ein dritter, älterer Mann saß am Steuer und hielt sich in der stärksten Strömung, bis er der Landestelle gerade gegenüber war. Dann aber hielt er fast mitten hindurch, kaum einen halben Strich den Bug stromauf gekehrt, und mit einem Fußbreit vermochte die Strömung ihn wohl eine Strecke von hundert Fuß hindurch aus seiner Bahn zu rücken, so wacker lief das Boot.
Ein alter Neger, der ein Stück weiter oben dicht am Ufer stand, um vorbeitreibendes Holz mit einem Haken zu fangen und an Land zu holen, sah nicht mehr nach den Stämmen hin, sondern schaute bewundernd auf das schlanke, treffliche kleine Fahrzeug, bis dieses den scharfen Bug gegen die Strömung herumwarf und im nächsten Augenblick auch schon unter dem steilen Ufer längsseits und an einer vorragenden Wurzel angebunden lag.
Drei Männer stiegen hier aus, alle ihre langen amerikanischen Büchsen auf der Schulter, und schritten langsam die Levée hinauf. Nur der eine war ihnen rasch voraus, und es schien fast, als ob er ungeduldig wäre, den vor ihnen liegenden Platz recht bald zu überschauen. Oben jedoch erwartete er die beiden anderen, die eine Zeitlang schweigend neben ihm stehenblieben. Endlich sagte der ältere, der auch im Boot das Steuer geführt:
»Höre, Jack, nimm dich aber in acht und mach keine Dummheiten, oder halte dich wenigstens im schlimmsten Fall immer in der Nähe
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