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Der Fliegenpalast

Der Fliegenpalast

Titel: Der Fliegenpalast Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Residenz
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den
Rosenkavalier
einmal ausgenommen? Auch der Germanist Josef Nadler, erinnerte er sich, hatte nur die Prosaarbeiten gewürdigt; einmal hatte er Nadler sogar geschrieben und ihn gebeten, sich doch einmal seinen lyrischen Bühnenarbeiten zu widmen.
    Es fiel ihm ein, daß Krakauer diesmal nicht eingegangen war auf seinen Wunsch nach
Another Go
. Was hatte dies zu bedeuten? War seine Krankheit tatsächlich unheilbar?
    Was soll das eigentlich alles? dachte er. Warum kann ich nicht zu Hause in Rodaun sein, auf meinem Sofa im Arbeitszimmer oder im Schlafzimmer, mich von der Gerty pflegen lassen? Es schien ihm, er sei so unendlich weit von seinem Zuhause entfernt, daß es höchst fraglich war, ob er je wieder dorthin zurückkehren konnte.

LIEBER CARL ,
mein plötzliches Weggehen tut mir um Ihretwegen nachträglich leid, aber wer, wenn nicht ein Freund, versteht alles. Meine Gespräche mit Ihnen gehen ja weiter, auch ohne Ihre Anwesenheit und ohne ein Briefpapier … Auch der
Timon
beschäftigt wieder meine Gedanken: Ich muß mir eine Abschiedsrede des Gesandten ausdenken, eine Rede an das Schöne, bevor er sich dem Tode opfert … Aber vielleicht wird er ja von dem fremden Sklaven in letzter Minute gerettet … Das frühere
Weilguni-
Hotel heißt jetzt
Grandhotel.
Auf der Terrasse unterhalten die Leute sich über den Dawes-Plan oder über den eingeschränkten Grenzverkehr mit Deutschland

    Er erinnerte sich, daß ihm tags zuvor, als er im Wintergarten Kaffee getrunken hatte, eingefallen war, man könnte auf dieser Bühne hier ohne weiteres ein
Großes Welttheater
aufführen; alle nötigen Figuren waren vorhanden, außer einem König und einem Bettler halt – und den beiden Engeln. Was uns aus dem Labyrinth herausführt, dachte er, ist ja doch die Sprache. Alles, war ihm in seinen jungen Jahren klar geworden, hängt daran, daß wir den wahren Sinn der Wörter immer wieder neu bedenken. Vielleicht wäre es eine Wohltat, in unheilvollen Zeiten wie diesen, in denen die Sprache zur bloßen Konvention herabgewürdigt ist, eine Zeitlang zu schweigen, so wie ich es in dem Brief des Lord Chandos darzustellen versucht habe. Keiner meiner Freunde hat und auch ich selber habe lange nicht verstanden, daß ich damit meine eigene Zukunft antizipierte. Aber anders als der Lord Chandos habe ich versagt, habe die Konsequenzen nicht tragen wollen, den Verzicht auf literarische Betätigung … Freilich habe ich zuerst einen Ausweg aus der Misere gesucht, habe mich eine Zeitlang der Tanzkunst, der Pantomime zugewandt, habe Libretti für die Tänzerin Grete Wiesenthal geschrieben. Es waren halt auch wieder Worte … Aber ich habe ja, mit meiner Familie im Hintergrund, nicht anfangen können zu
tanzen

    Endlich hatte er die Stelle im
Tod des Tizian
gefunden, die ihm im Kopf herumgegangen war. Der greise Künstler, im Krankenbett, will einige seiner alten Bilder noch einmal sehen:
    Er sagt, er muß sie sehen

    Die alten, die erbärmlichen, die bleichen
,
    Mit seinem neuen, das er malt, vergleichen

    Sehr schwere Dinge seien ihm jetzt klar
,
    Es komme ihm ein unerhört Verstehen
,
    Daß er bis jetzt ein matter Stümper war

    Sehr gern, dachte er, würde ich jetzt wissen, wie ich damals, mit achtzehn, auf solche Sätze gekommen bin.
    Mit seinem neuen, das er malt, vergleichen


ZUM DRITTEN Mal hörte er das Hupen eines Automobils. Er setzte sich im Bett auf. Noch einmal die Huperei. Er öffnete das Fenster, wobei sich ein langes Stück Fensterkitt löste und in den Hof hinunterfiel. Zwei Automobile standen drunten, hintereinander, in Richtung Ausfahrt. Der erste Wagen verließ gerade das Gelände, fuhr langsam, mit heftig qualmendem Auspuff, über die Brücke, hinunter nach Fusch, nach Bruck, in die Welt … Eine Person im Fond hielt ein weißes Tüchlein in die Höhe und winkte. Jetzt erst bemerkte er auf der Fahrerseite des zweiten Wagens, dessen Motor noch nicht angeworfen war, einen in Ledersachen Vermummten, der zu ihm heraufschaute. Jetzt winkte der sogar. Aber wer drückte inzwischen erneut die Hupe? War es Krakauer, der ihm, endlich abreisefertig, noch etwas zurufen wollte? Wäre ich doch auch schon soweit, wünschte er sich.
    Andererseits freute er sich auf einen Spaziergang, der Barometerstand hätte derzeit nicht besser sein können. Er lehnte sich etwas hinaus, winkte zurück. Und nahm die Brille ab. Aber er konnte nicht erkennen, um wen es sich handelte.
    Jetzt hörte er aus einem Fenster auf seiner Höhe eine

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