Der Fluch der grünen Steine
Dr. Mohr. »Begreifst du denn nicht, daß du alles nur noch schwieriger machst, wenn du mitkommst?«
»Nein! Ich kann schießen. Und ich bin mutig!«
»Ich habe Angst um dich, verstehst du das denn nicht?!«
»Und ich habe Angst um dich und will deshalb bei dir sein. Ist das nicht selbstverständlich?« Sie zog die Schultern zusammen und sah jetzt aus wie eine Katze, die sich zum Sprung vorbereitet. »Schreie nur, Pete. Ruf Papa und Mama! Hol Pater Cristobal! – Ihr könnt mit mir machen, was ihr wollt. Einmal wird es mir gelingen, freizukommen. Und dann laufe ich hinter dir her!«
Es war sinnlos, weiter mit ihr darüber zu reden. Seufzend ging Dr. Mohr hinüber zu Pater Cristobal, der gerade Dr. Novarra verabschiedet hatte. Der Bärtige ritt auf seinem starken Muli zur ›Burg‹ zurück.
»Margarita hat ihren Revolver geputzt und will mit!« sagte Dr. Mohr hilflos. »Was soll ich tun, Cris?«
»Nichts.«
»Sie kann unmöglich mit! Das kommt einem Selbstmord gleich.«
»Erkläre ihr das.«
»Das habe ich versucht. Umsonst … Ihr Argument: Ich gehöre zu dir.«
»Hier gibt es noch Frauen, die bereit sind, mit ihren Männern zu sterben.«
»Ist das alles, was du dazu zu sagen hast?«
»Weißt du mehr?« Pater Cristobal hob die Schultern. »Nur der Tod könnte Margarita aufhalten, mit dir zu reiten. Ich habe gar nichts anderes erwartet und es schon Novarra gesagt. Er hat damit gerechnet, für ihn war das selbstverständlich.«
»Ich werde Pebas alarmieren!« sagte Dr. Mohr gepreßt.
»Sinnlos! Er wäre höchstens stolz auf seine mutige Tochter. Hat er verhindern können, daß sie bei dir schläft? Noch weniger kann er verhindern, daß sie mit dir lebt, und Leben bedeutet hier in den Bergen: Bedingungslosigkeit bis zum Letzten!«
Dr. Novarra und 15 wild aussehende, schweigsame Männer aus der ›Burg‹ trafen kurz nach Dr. Mohrs Erscheinen vor dem Haus auf dem Plateau ein. Sie brachten Mulis mit, die an jeder Seite einen geflochtenen Korb trugen. In diese Körbe setzte man die kleinen Kinder hinein. Hier waren sie sicher, konnten nicht herausfallen und würden durch das gleichmäßige Schaukeln müde werden und wieder einschlafen. Auf ein Muli hatte man ein breites Brett geschnallt und darauf ein schweres Maschinengewehr montiert. Es war geladen, der Patronengurt war durchgezogen. Ein zweites, starkes Muli schleppte vier stählerne Kästen mit weiteren MG-Gurten.
Dr. Novarra begrüßte Dr. Mohr wie einen Bruder, umarmte ihn und zog auch Margarita an seine breite Brust. »Ich freue mich!« dröhnte er mit seinem Baß. »Auch wenn ich nicht bis nach Penasblancas hineinkomme, hoffe ich, einige von Revailas Kreaturen aufzuscheuchen. Doctor, mein Plan ist folgender: Wir bringen Sie und Nuria mit den Kindern sicher bis in die Nähe der Polizeipatrouille. Dann kehren wir ihnen wieder den Rücken, denn mit den staatlichen Ordnungsorganen bekommen wir nie einen freundlichen Kontakt. Da nutzt auch Ihre Freundschaft zu dem Polizeichef nichts! Wenn Sie dann in Sicherheit sind, kochen wir unser eigenes Süppchen. Das geht Sie nichts an, das verstehen Sie auch nie, das sind unsere eigenen Gesetze.« Er blickte sich um. Die Kinder saßen in den Flechtkörben. Nuria hockte auf einem Muli und trug Männerkleidung, am Eingang des Hospitals erschien Dr. Simpson und winkte allen zu.
»Aufsitzen!« sagte Dr. Novarra laut. »Pater, wo ist Ihr Handwerkszeug? Kein Weihwasserwedel?«
»Ihr Maschinengewehr nutzt mehr!« Pater Cristobal drückte Dr. Mohr und Margarita die Hände. »Gott mit euch. Liebt euer Leben …«
»Cris! Was ist los?« Dr. Mohr hielt Cristobals Hand fest. »Das klingt wie Abschied.«
»Es ist ja einer«, sagte Cristobal leichthin.
»Ein Abschied für immer? Hast du irgend etwas gehört, das wir nicht wissen? Sollen wir hier weg, weil sich irgend etwas zusammenbraut?«
»Dummheit!« Pater Cristobal lachte, aber es klang seltsam gepreßt. »Und wenn sie sich hier alle mit dem Messer nachlaufen, du weißt doch: Dem Hospital und der Kirche passiert nichts. Es sind alles gute Gotteskinder!«
Mit einem seltsamen Gefühl im Herzen ritt Dr. Mohr weg. Dr. Novarra, er und Margarita bildeten den Vortrupp, zusammen mit den vier Männern und dem Maschinengewehr. Dann kamen Nuria und die Kinder, umgeben von sechs Reitern. Am Schluß der kleinen Kolonne ritten die anderen fünf. Sie waren am schwersten bewaffnet. Würde man sie angreifen, dann erfolgte der Überfall immer von hinten, während man vorne eine
Weitere Kostenlose Bücher