Der Fluch der grünen Steine
ungutes Gefühl im Leib. Es war nicht die Art des bekannten unbekannten Camargo, Privatgespräche zu führen. Es sei denn, es handelte sich um etwas Außergewöhnliches. Geschäftliche Unterredungen führten grundsätzlich seine Direktoren.
»Endlich erfahre ich etwas über meinen Freund ›Othello‹. In Penasblancas stellt man sich dumm.« Fachtmann bemühte sich, möglichst gelassen zu klingen.
»Mit Recht! Señor, Ihre Empfehlung, Dr. Mohr zu den Guaqueros zu schicken, mag von Ihnen vielleicht eine Laune gewesen sein, aber ich habe sie aufgegriffen, weil ich mir einiges davon versprach. Ich bin enttäuscht!«
»Don Alfonso, ich bin entsetzt!« Fachtmann war es wirklich. Mein Gott, dachte er und fühlte, wie ihm heiß wurde. Was ist da in den Bergen vorgefallen? Was hat Peter da angestellt? »Ich weiß nicht, was ich sagen soll. Ich habe von meinem Freund keine Nachrichten mehr.«
»Die kann ich Ihnen geben! Er baut in den Bergen, da, wo die Menschen am wildesten sind, ein Krankenhaus!«
»Das sieht ihm ähnlich! Don Alfonso, ich habe das fast befürchtet.«
»Ein Hospital für die Guaqueros ist eine gute Sache. Er findet dabei meine ganze Unterstützung. Nur die Begleitumstände machen es fast unmöglich, ihn weiter zu schützen.«
»Zu schützen?« Fachtmann fühlte, wie sich Heiserkeit über seine Stimmbänder legte. »Don Alfonso, was ist passiert?«
»Dr. Mohr tut mit Akribie alles, um sein Leben zu verkürzen. Er schlägt meinen Statthalter in Penasblancas zusammen und macht ihn dadurch fast unmöglich!«
»Du lieber Himmel!«
»Er kümmert sich um Privatangelegenheiten, die alle mehr Sprengstoff enthalten, als man in den Minen gebraucht.«
»Ich bin sprachlos …«
»Er ist dabei, sich eine eigene Truppe zusammenzustellen, eine kleine Privatarmee. Was er damit beabsichtigt, weiß ich nicht, aber ich kann das unmöglich dulden! Er sollte Ruhe in die Berge bringen, eben mit seinem Hospital, aber es scheint, als wolle er dort alles anders machen!«
»Er muß den Verstand verloren haben, Don Alfonso. Rufen Sie ihn zurück nach Bogotá!«
»Glauben Sie, er kommt?« Camargo schien mitleidig zu lächeln. Fachtmann spürte, wie er leicht zu schwitzen begann. »Und wenn er kommt, wie soll er jemals, unter diesen Umständen, die Straße lebend bewältigen?«
»Mit Ihrem Schutz, Don Alfonso.«
»Der hört in Penasblancas auf. Spielen Sie doch nicht den Naiven, Señor. Selbst wenn ich Christus Revaila befehle, ihn sicher nach Bogotá zu bringen, bin ich sicher, daß gerade Revaila ihn auf dem Weg liquidiert. Und keiner wird einen Ton sagen. Niemand kann es Revaila beweisen. Plötzlich wurde er aus einem Hinterhalt erschossen, wird es heißen. Könnten Sie das Gegenteil behaupten?«
»Das heißt …« Fachtmann begann nun stark zu schwitzen und fühlte sich hundeelend. »Das heißt … Dr. Mohr hat keine Chancen, jemals wieder in die Zivilisation zurückzukehren? Er … ist ein Gefangener der Berge?«
»Ich befürchte es, Señor. Was ich tun kann, tue ich. Er bekommt seine komplette Hospitalausrüstung, so, wie es auf seiner Liste steht. In zwei Wochen schicke ich eine Lastwagenkolonne nach Penasblancas, unter Militärschutz. Aber wie die Ausrüstung in die Berge kommen soll, ist mir noch unklar.«
»Auch mit Militärschutz.«
»Das müßte das Kriegsministerium bestimmen. Ich habe schon mit dem Minister gesprochen. Die eindeutige Ansicht: Die Errichtung eines Hospitals von privater Hand, und das ist es ja, rechtfertigt nicht den möglichen Tod einer Reihe Soldaten. Anders wäre es, wenn das Hospital staatlich wäre. Man kann das verstehen. Es ist sicher, daß sofort eine heftige Schießerei losgeht, wenn sich Militär in den Bergen blicken läßt. Ob es nun das Material für das Hospital begleitet, ist völlig gleichgültig. Die Uniformen allein genügen. Jeder Guaquero ist allergisch gegen Militärtuch! Mit anderen Worten: Das Hospital lagert in Penasblancas. Ab übernächster Woche. Kommt Dr. Mohr es dort abholen, läuft er in einen Kugelhagel!« Camargo räusperte sich. »Wissen Sie, daß auch ein ausgesprochen penetranter Priester bei ihm ist?«
»Ich weiß gar nichts mehr von ihm«, stotterte Fachtmann. Ein Priester, dachte er, das ist etwas völlig Neues. ›Othello‹ und ein Pfaffe? Lieber Himmel, wie hat er sich in so kurzer Zeit gewandelt! Wenn ich an die Universitätszeit denke, an die Studentengottesdienste. Vor allem an diesen legendären Festgottesdienst in der Heiliggeistkirche. Da
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