Der Fluch des Florentiners
er das Schmuckgeschäft » Ostier Jewelleries « eröffnet hatte. Glaubte man den Informationen im Internet, zählten extrem wohlhabende Schmucksammler zu seinen Kunden. Seine Frau, Marianne Ostier, hatte 1958 sogar ein Buch mit dem Titel Jewels & Women veröffentlicht. Und 1969 gab sie das Buch Collection of Jewellery designed by Marianne Ostier heraus.
Marie-Claire entfuhr ein lautes » Unglaublich! « Marianne Ostier galt bis Ende der fünfziger Jahre als eine renommierte Schmuckdesignerin, deren außergewöhnlich schöne und wertvolle Schmuckstücke nach ihrem Tode sogar versteigert worden waren! Bei Christie ’ s!
Das war es! Kein Zweifel. Diese Marianne Ostier – und wohl auch ihr Ehemann – waren höchstwahrscheinlich der Weg zur Wahrheit um das Verschwinden eines der berühmtesten Di a manten der Welt. Ostier war Hofjuwelier in Wien und ein anerkannter Schmuckexperte gewesen. Er hatte direkten Kontakt zum Kaiserhaus gehabt – und hatte mit Sicherheit den Florent i ner gesehen. Dieser Ostier – oder war es seine Frau Marianne? – würde nie einen solch wertvollen und berühmten Edelstein in mehr oder minder wertlose, geschichtslose Teile zersägen. Nein, das würden Schmuckliebhaber niemals tun. Ohne Frage: Hier tat sich eine Sensation auf. In der Welt der Edelsteinliebhaber und -h ä ndler wäre es die aufsehenerregendste Entdeckung seit Jahrzehnten, wenn die Spur dieses Edelsteins lückenlos nac h gewiesen werden könnte. Und für Christie ’ s wäre es eine noch größere Sensation … Plötzlich war sie sich sicher, dass Sanjay Kasliwal das wusste. Er musste das wissen. Er war ein absoluter Kenner des Edelsteingeschäfts. Ihm konnte nicht entgangen sein, dass es ein e d irekte Verbindung zwischen dem Florentiner und den Ostiers gab. Aber woher wusste Sanjay das? Wusste er von dem Manuskript von Alphonse de Sondheimer, hatte er es gelesen oder gar besessen? Er musste die Zeichnung gesehen haben. Jene Skizze, die offensichtlich von einem Experten angefertigt worden war als Plan für die Zerteilung des Florent i ners. Stammte sie von Marianne Ostier? Wenn ja, dann wäre das der erste Beweis dafür, dass der Florentiner zirka 1960 noch existiert hatte. War der Florentiner dieser Skizze entsprechend in zwei Teile zerschnitten worden, oder hatte die Designerin davon abgesehen, weil sie beziehungsweise ihr Mann einen Abnehmer für den hundertsiebenunddreißigkarätigen Diamanten gefunden hatten? Wahnsinn, Marie-Claire de Vries, Expertin des Aukt i onshauses Christie ’ s, war auf dem besten Wege, eine sensationelle Entdeckung zu machen! Ihre Gedanken überschl u gen sich. Der Florentiner war zwar im Jahre 1920 in Genf verschwunden, aber es gab ihn wahrscheinlich noch! Daher war sie sich nun absolut sicher, dass der im Jahre 1981 im Versteig e rungskatalog von Christie ’ s auf Position siebenhundertzehn angebotene Diamant tatsächlich der Florentiner gewesen war. Irgendjemand wollte ihn verkaufen, hatte dann aber die Offerte kurzfristig zurückgezogen. Bislang hatte sie sich noch nicht mit den Versteigerungsdetails von damals beschäftigt. Sie lagen im Zentralarchiv in London in einem Tresor. Nur wenige Ause r wählte hatten Zugang zu diesem Tresor, in dem Details zu Anbietern und Käufern archiviert wurden. Wer immer dort nachforschte, musste sich die Genehmigung des Board of Directors einholen und begründen, warum er gewisse Details wissen wollte. Zudem musste eine besondere Geheimhaltung s erklärung unterschrieben werden. Kundennamen und alle Angaben z u i hnen waren die sensibelsten Daten bei Christie ’ s. Damit ging man extrem vorsichtig um. Für ihren Rechercheau f trag zum Florentiner hatte sie eine solche Genehmigung erhalten. Lustigerweise Francis Roundell selbst nicht! Er war zwar Sicherheitschef, aber die Direktoren waren stets bestrebt, die Zahl der Zugangsberechtigten überschaubar zu halten. In diesem Fall hatte man argumentiert, dass Roundell über den Bericht von Marie-Claire de Vries alle erforderlichen Informat i onen erhalten würde. Sie alleine war berechtigt, die Akte der damaligen Versteigerung einzusehen. Und sie zeichnete daher verantwortlich für die Geheimhaltung der sensiblen Kundend a ten. So war das Gesetz des auf eine exzellente Reputation angewiesenen Auktionshauses.
Wer also hatte 1981 diesen Diamanten angeboten? Und das Angebot dann wieder zurückgenommen? Warum war der Florentiner nie zur Versteigerung gelangt? Konnte Gregor von Freysing ihr diese Frage
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