Der Flug der Adler
zum Besten wenden, so lautete
stets meine Devise. In diesem Fall wendete sich alles zum Schlimmsten.
Denn gerade fiel der Steuerbordmotor
aus. Beim Anblick der Rauchfahne, die kurz aufstieg, um gleich wieder
zu verschwinden, hätte einem das Herz stehenbleiben können.
Dupont schien völlig außer
Fassung zu geraten. Er fummelte hektisch an den Instrumenten herum und
versuchte die Maschine wieder in den Griff zu bekommen. Vergeblich. Wir
verloren schnell an Höhe. In seiner Panik schrie er die
Flugleitung in Bournemouth auf französisch um Hilfe an, aber meine
Frau gab ihm nur kurz ein Zeichen und übernahm, ganz die Ruhe, mit
hinreißender Abgeklärtheit.
»Wir haben noch für etwa eine Stunde Sprit«, meldete sie. »Was schlagen Sie vor?«
Die Stimme der Flugleiterin war von ähnlicher Besonnenheit.
»Garantieren kann ich für
nichts, aber am besten, Sie versuchen Ihr Glück in Cornwall. Dort
ist der Nebel nicht ganz so dicht. Cold Harbour, ein kleiner
Fischerhafen in der Nähe von Lizard Point. Da gibt's eine alte
Landebahn aus dem Zweiten Weltkrieg. Wird bereits seit Jahren nicht
mehr angeflogen, ist aber voll funktionstüchtig. Ich werde Ihre
Daten an alle Rettungsdienste weitergeben. Viel Glück.«
In den nächsten zwanzig Minuten
hielten wir uns auf dreitausend Fuß. Der Funkverkehr war
äußerst undeutlich und oft von Rauschen überlagert. Der
Nebel wirbelte um uns herum, und dann setzte auch noch ein heftiger
Regen ein. Dupont schien inzwischen völlig fertig zu sein. Der
Schweiß rann ihm das Gesicht hinunter. Gelegentlich sagte er
etwas auf französisch. Und irgendwann übernahm wieder Denise.
Über Funk drang ein einziger knisternder Wellensalat aus
unterschiedlichen Stimmen und ständigem Rauschen zu uns durch.
Dann brach auch noch ein Gewitter aus, und das Flugzeug geriet in
heftige Turbulenzen.
Denise gab mit betont gelassener
Stimme unsere Daten durch. »Möglicherweise Mayday.
Versuchen, eine Landebahn in Cold Harbour zu erreichen.«
Und dann verschwand das
Frequenzrauschen, und eine kräftige, unverzerrte Stimme
erschallte. »Hier spricht Zec Acland von der Royal National
Lifeboat Institution. Sie können hier unmöglich landen, junge
Frau. Hier unten kann man die Hand vor Augen nicht sehen.«
Diese Nachricht gab Dupont den Rest. Er
stöhnte auf, schien förmlich in seinen letzten Zuckungen zu
liegen und ließ den Kopf schlaff zur Seite rollen. Das Flugzeug
verlor jäh an Höhe, aber Denise fing es sofort wieder ab. Ich
beugte mich vor und fühlte den Puls an Duponts Hals.
»Sein Puls ist sehr schwach. Sieht nach einem Infarkt aus.« Ich schob ihn von Denise weg.
»Die Schwimmweste ist unter
seinem Sitz«, sagte sie ruhig. »Zieh sie ihm über, und
dann leg dir selbst eine an.«
Sie stellte die 310 auf Automatik und
schlüpfte in ihre Schwimmweste. Ich kümmerte mich derweil um
Dupont und zwängte mich anschließend in meine eigene
Schwimmweste.
»Müssen wir ein Bad nehmen?«
»Ich glaube, uns bleibt keine andere Wahl.« Sie stellte wieder auf manuelle Steuerung um.
Ich versuchte witzig zu sein, eine
lästige Angewohnheit von mir. »Wir haben März. Also,
ist es da nicht ein bißchen zu frisch zum Schwimmen?«
»Halt den Mund! Die Lage ist zu
ernst für Späßchen«, sagte Denise, und dann,
während wir immer tiefer gingen, gab sie wieder eine Meldung
über Funk durch. »RNLI, Cold Harbour. Ich muß auf
Wasser notlanden. Pilot scheint einen Infarkt erlitten zu haben.«
Wieder erschallte die kräftige Stimme von vorhin. »Wissen Sie auch, was Sie da tun, junge Frau?«
»O ja. Ist übrigens noch ein dritter Passagier an Bord.«
»Ich habe bereits der Royal
Navy Bescheid gegeben, damit die einen Hubschrauber losschicken, aber
die können in dieser Waschküche auch nicht viel ausrichten.
Das Rettungsboot aus Cold Harbour ist bereits auf See, und ich bin an
Bord. Geben Sie mir so präzise wie möglich Ihre Position
durch.«
Glücklicherweise war das
Flugzeug mit einem satellitengestützten Global Positioning System
ausgestattet. Denise mußte die Daten nur ablesen. »Ich gehe
jetzt runter«, sagte sie.
»Mein Gott, Sie haben echt Mut, Mädel. Wir werden da sein, keine Angst.«
Meine Frau unterhält sich oft
mit mir über ihre Fliegerei. Die Schwierigkeiten, mit einer
kleinen Zweimot auf hoher See zu landen, waren mir also durchaus
bewußt. Man mußte das Manöver mit eingefahrenem
Fahrgestell angehen, mit
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