Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Frauenkrieg

Der Frauenkrieg

Titel: Der Frauenkrieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandre Dumas
Vom Netzwerk:
der Vicomte nichts entgegenzusetzen und schwieg. Da es in einer Stunde Tag sein sollte, fing er auch wirklich an, sich zu beruhigen. Da hielten plötzlich beide Reiter, die inzwischen in den Wald bei dem Ort Marsas herum gelangt waren, an; sie hatten ganz deutlich hinter sich den Galopp mehrerer Pferde gehört.
    Zu gleicher Zeit hoben ihre eigenen Pferde die Köpfe in die Höhe, und eines von ihnen wieherte.
    »Diesmal,« sagte Pompée mit erstickter Stimme, »Herr Vicomte, werdet Ihr hoffentlich ein wenig Gelehrigkeit zeigen und die Sache der Erfahrung eines alten Soldaten überlassen. Ich höre eine Truppe berittener Leute; man verfolgt uns. Ah! es ist die Bande Eures falschen Handelsmanns. Ich sagte es Euch wohl. Keinen falschen Mut, retten wir unser Leben und unser Geld; die Flucht ist zuweilen ein Mittel zum Siege ...«
    »Wohl, fliehen wir, Pompée,« erwiderte der Vicomte zitternd.
    Pompée gab beide Sporen; sein Pferd, ein vortrefflicher Rotschimmel, sprang unter dem Stachel mit einem Eifer, der das Berberroß des Vicomte entflammte, und beide jagten wie der Blitz auf dem Pflaster fort, aus dem die Funken sprangen.
    Dieses Rennen dauerte ungefähr eine halbe Stunde; aber statt Boden zu gewinnen, kam es den zwei Flüchtlingen vor, als näherten sich ihre Feinde.
    Plötzlich erhob sich mitten aus der Finsternis eine den Fliehenden gräßlich klingende Stimme, die Pompées graue Haare sich sträuben ließ.
    »Sie rufen: ›Halt‹!« murmelte er, »sie rufen: ›Halt!‹«
    »Nun, sollen wir anhalten?« fragte der Vicomte.
    »Im Gegenteil, verdoppeln wir womöglich unsere Geschwindigkeit! Vorwärts! vorwärts!«
    »Ja, ja, vorwärts! vorwärts!« rief der Vicomte, diesmal ebenso erschrocken wie sein Verteidiger.
    »Sie kommen näher! hört Ihr sie?« sagte Pompée.
    »Ach, ja.«
    »Es sind ihrer mehr als dreißig. Hört Ihr? Sie rufen abermals. Wir sind verloren!«
    »Reiten wir die Pferde tot!« sagte der Vicomte, am ganzen Leibe zitternd.
    »Vicomte! Vicomte!« rief die Stimme. »Halt, halt, halt! alter Schuft!«
    »Das ist einer, der uns kennt. Das ist einer, der weiß, daß wir der Frau Prinzessin Geld bringen. Das ist einer, der weiß, daß wir konspirieren. Wir werden lebendig gerädert!«
    »Halt! halt!« fuhr die Stimme fort.
    »Sie schreien, man solle uns aufhalten,« sagte Pompée, »sie haben Leute voraus; wir sind abgeschnitten!«
    »Wenn wir uns auf die Seite, in dieses Feld hier werfen und unsere Verfolger vorüberziehen lassen?«
    »Das ist ein Gedanke,« sagte Pompée, »vorwärts!«
    Sie ließen ihre Tiere zugleich Zügel und Knie fühlen und wandten sich links. Das Pferd des Vicomte sprang, geschickt gehoben, über den Graben; aber das plumpere Pompées nahm zu wenig Rand; die Erde sank unter seinen Füßen, und es stürzte mit seinem Herrn nieder. Der arme Reitknecht stieß einen Schrei der Verzweiflung aus.
    Der Vicomte, der bereits fünfzig Schritte auf dem Felde gemacht hatte, hörte diesen Unglücksruf, wandte, obgleich selbst voll Schrecken, sein Pferd um und kehrte zu seinem Gefährten zurück.
    »Gnade!« rief Pompée. »Lösegeld! ich ergebe mich! Ich gehöre zu dem Hause Cambes.«
    Ein ungeheures Gelächter antwortete auf dieses klägliche Geschrei, und der Vicomte, der in diesem Augenblick anlangte, sah Pompée den Steigbügel des Siegers umfassen, der ihn mit einer vor Lachen sich schüttelnden Stimme zu beruhigen suchte.
    »Der Herr Baron von Canolles!« rief der Vicomte.
    »Ja, bei Gott! Aber, Vicomte, es ist nicht schön, daß Ihr die Leute, die Euch suchen, so rennen läßt.«
    »Der Herr Baron von Canolles!« wiederholte Pompée, immer noch an seinem Glücke zweifelnd. »Der Herr Baron von Canolles und Herr Castorin?«
    »Ja, Herr Pompée,« sagte Castorin, sich auf den Steigbügeln erhebend, um über die Schultern seines Herrn zu sehen, der lachend sich auf den Sattelknopf beugte. »Was macht Ihr denn da in dem Graben?«
    »Ihr seht es,« erwiderte Pompée; »mein Pferd stürzte in dem Augenblick, wo ich mich, da ich Euch für Feinde hielt, zum Zweck einer kräftigen Verteidigung verschanzen wollte. Herr Vicomte,« fuhr Pompée, aufstehend und sich schüttelnd, fort, »es ist Herr von Canolles.«
    »Wie, mein Herr, Ihr hier?« murmelte der Vicomte mit einer Art von Freude, die unwillkürlich in seinem Tone durchdrang.
    »Wahrhaftig, ja, ich selbst,« antwortete Canolles und schaute den Vicomte mit einer Festigkeit an, die sich durch das Auffinden des Handschuhes erklärte.

Weitere Kostenlose Bücher