Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Frauenkrieg

Der Frauenkrieg

Titel: Der Frauenkrieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandre Dumas
Vom Netzwerk:
und wandte sich um; ein Schauer der Lust durchlief seine Adern, und es kam ihm vor, als ob sich alle Musik der himmlischen Sphären vereinigte, um ihm ein göttliches Konzert zu geben.
    »Vicomte!« entgegnete er.
    »Hört, mein Herr,« antwortete dieser mit einer weichen, samtartigen Stimme, »ich fürchte in der Tat, unhöflich gegen einen Mann von Eurem Verdienste zu sein. Vergebt mir meine Schüchternheit. Ich wurde von Eltern erzogen, die sich aus Liebe zu mir fortwährend ängsteten; ich wiederhole, vergebt mir, ich habe nie die Absicht gehabt, Euch zu beleidigen, und zum Beweis unserer aufrichtigen Aussöhnung erlaubt mir, an Eurer Seite zu reiten.«
    »Wie?« rief Canolles, »hundertmal, tausendmal! Ich hege keinen Groll, und zum Beweis ...«
    Und er reichte ihm eine Hand, in die ein zartes, leichtes, flüchtiges Händchen fiel oder vielmehr schlüpfte.
    Der Rest der Nacht verging unter tollem Geplauder des Barons; der Vicomte hörte beständig zu und lachte zuweilen.
    »Doch sagt,« unterbrach der Vicomte den Redefluß des Gascogners, als der erste Morgenschimmer anbrach, »wie habt Ihr Eure Angelegenheiten mit dem Herzog von Epernon abgemacht?«
    »Die Sache war nicht schwierig,« erwiderte Canolles. »Nach dem, was Ihr mir mitteiltet, hatte er mit mir zu tun, nicht ich mit ihm. Entweder ist er müde geworden, mich zu erwarten, und hat sich zurückgezogen, oder er ist halsstarrig gewesen und wartet noch.«
    »Aber Fräulein von Lartigues?« fügte der Vicomte mit leichtem Zögern hinzu.
    »Fräulein von Lartigues, Vicomte, kann nicht zugleich zu Hause bei Herrn von Epernon und im Goldenen Kalbe bei mir sein. Man muß von den Frauen nicht zu viel verlangen.«
    »Das ist keine Antwort, Baron; ich frage Euch, wie Ihr Euch, bei Eurer Liebe zu Fräulein von Lartigues, von ihr trennen konntet?«
    Canolles hätte gern dem Vicomte, den er jetzt im Tageslicht klar sehen konnte, seiner Herzensneigung nach geantwortet, aber da er trotz des kleinen Handschuhes und der kleinen Hand seiner Sache doch nicht völlig sicher war, so zügelte er sich noch und erwiderte die Frage des Vicomte mit jenem Lächeln, womit man alles beantwortet.
    Man hielt in Barbezieux an, um zu frühstücken und die Pferde ausschnaufen zu lassen. Canolles frühstückte diesmal mit dem Vicomte, und bei dem Frühstück bewunderte er diese Hand, deren nach Bisam duftende Hülle eine so große Aufregung in ihm hervorgebracht hatte. In dem Augenblick, wo man sich zu Tische setzte, war der Vicomte überdies genötigt, seinen Hut abzunehmen und seine glatten, schönen, einer so zarten Haut entsprießenden Haare zu entblößen, und jeder andere, wie ein verliebter und darum blinder Mensch, wäre von seiner Ungewißheit befreit gewesen. Aber Canolles fürchtete das Erwachen zu sehr, um nicht die Dauer seines Traumes auszudehnen. Auch fand er etwas Reizendes in diesem Inkognito des Vicomte, das ihm eine Menge kleiner Vertraulichkeiten gestattete, die ein gänzliches Erkennen oder ein volles Geständnis ihm untersagt hätte. Er sprach also kein Wort, das den Vicomte auf den Verdacht bringen konnte, sein Inkognito sei verraten.
    Nach dem Frühstück begab man sich wieder auf den Weg und ritt dann bis zum Mittagessen. Von Zeit zu Zeit brachte eine Müdigkeit, die er nicht verbergen konnte, auf das Gesicht des Vicomte eine bleichere Farbe oder in seinen Körper ein leichtes Beben, nach dessen Ursache ihn Canolles freundschaftlich fragte. Herr von Cambes lächelte dann und schien nicht mehr zu leiden. Er schlug sogar vor, noch stärker zu reiten, was aber Canolles mit der Bemerkung zurückwies, man habe einen weiten Weg zu machen, und es sei folglich wesentlich, die Pferde zu schonen.
    Nach dem Mittagessen fiel es dem Vicomte etwas schwer, aufzustehen. Canolles erhob sich und unterstützte ihn.
    »Ihr bedürft der Ruhe, mein junger Freund,« sagte er zu ihm; »eine derartige Reise würde Euch auf der dritten Etappe töten. Wir reiten in dieser Nacht nicht, sondern schlafen im Gegenteil. Ihr sollt Euch eines guten Schlummers erfreuen, und das beste Zimmer des Gasthofs soll das Eurige sein, oder ich will sterben.«
    Der Vicomte schaute Pompée mit so verblüffter Miene an, daß Canolles seine Lachlust nicht unterdrücken konnte.
    »Wenn man eine große Reise unternimmt, wie wir,« sagte Pompée, »so müßte jeder sein Zelt haben.«
    »Oder ein Zelt für zwei,« versetzte Canolles mit der natürlichsten Miene der Welt »das würde genügen.«
    Ein Schauer

Weitere Kostenlose Bücher