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Der fremde Tibeter

Titel: Der fremde Tibeter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eliot Pattison
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ragyapa- Ingenieur zu. »Welche Arbeitsgruppe war für die Abschlußarbeiten an diesem Damm verantwortlich?« fragte sie ihn mit angespannter Stimme. Luntok erwiderte nichts, sondern starrte unverwandt auf Kincaid.
    Kincaids Miene nahm für einen Augenblick einen verhärteten, trotzigen Zug an, als er Luntoks Blick erwiderte. Doch als er danach zu Fowler und Shan schaute, die gemeinsam neben dem Wagen standen, schien seine Bestürzung die Oberhand zu gewinnen. Er rannte auf das Verwaltungsgebäude zu.
    Fowlers Seufzen war fast schon ein Schluchzen. »Da in meiner Mine Beweisstücke eines Verbrechens versteckt wurden, könnte man uns ausweisen, nicht wahr?« fragte sie.
    Shan entgegnete nichts und blickte ihr hinterher, als sie Kincaid mit schleppendem Schritt folgte. Fünf Minuten später fand Shan sie im Computerraum. Sie hatte den Kopf in die Hände gestützt und starrte in eine Teetasse. Kincaid war ebenfalls dort und spielte eine langsame, traurige Melodie auf seiner Mundharmonika, während er mit der anderen Hand einen Text über den Monitor der Satellitenkonsole laufen ließ.
    »Es ist vorbei«, sagte Shan und nahm gegenüber von Fowler Platz.
    »Verdammt richtig. Ich werde meinen Job verlieren. Ich werde meinen guten Ruf verlieren. Ich werde mich glücklich schätzen können, wenn man mir überhaupt noch den Rückflug bezahlt.« Alles an Rebecca Fowler, ihre Stimme, ihr Gesicht, ihr gesamtes Wesen, schien ausgehöhlt worden zu sein.
    »Es war nicht Ihre Schuld. Die Armee wird Ihren Damm wieder aufbauen. Das Ministerium für Geologie wird eine offizielle Erklärung erhalten. Dies ist eine Parteiangelegenheit und wird in aller Stille bereinigt werden.«
    »Ich weiß nicht einmal, was ich nach Hause berichten soll.«
    »Ein Unfall. Eine natürliche Ursache.«
    Fowler blickte auf. »Diese arme Frau. Wir haben sie gekannt. Tyler hat sie manchmal auf Wanderungen mitgenommen.«
    »Ich habe ihr Foto an der Wand gesehen.« Shan nickte. »Aber ich glaube, daß sie in Ankläger Jaos Ermittlungen eingeweiht war. Wenn Jao sterben mußte, dann sie auch.«
    »Jemand hat gesagt, sie wäre im Urlaub.«
    »Jemand hat gelogen.« Er erinnerte sich, wie aufgeregt Tan gewirkt hatte, nachdem es ihm scheinbar gelungen war, Lihua per Fax zu erreichen. Die Faxe waren tatsächlich in Hongkong abgeschickt worden. Shan hatte die Kennung der Sendestelle gesehen. Eine entsprechende Überprüfung hatte ergeben, daß es sich unzweifelhaft um das örtliche Büro des Justizministeriums handelte. Jemand in Hongkong hatte gelogen. In Lhadrung hingegen war es Li, der gelogen hatte, als er behauptete, er hätte die Sekretärin in der Nacht ihres Todes zum Flughafen gefahren.
    »Die Satellitenfotos und die Wassergenehmigungen«, sagte Fowler. »Das hatte irgendwie damit zu tun.«
    »Ich fürchte, Sie haben recht.«
    Fowler barg erneut das Gesicht in den Händen. »Sie meinen, ich habe das alles in Gang gesetzt?«
    »Nein. Was Sie in Gang gesetzt haben, war das Ende von all dem.«
    »Das Ende von Jao. Das Ende von Lihua.« Ihre Stimme klang leer.
    »Nein. Jaos Ermordung war schon längst beschlossene Sache. Und daher mußte man auch Miss Lihua irgendwie verschwinden lassen.«
    Fowler blickte mit gehetzter Miene auf.
    »Es waren sogar fünf Morde, wenigstens soweit wir wissen. Plus die drei Unschuldigen, die zu Unrecht hingerichtet wurden.« Bevor er fortfuhr, goß Shan sich etwas Tee aus einer Thermosflasche ein, die auf dem Tisch stand. Nachdem er die Leiche in dem Wagen gesehen hatte, kam es ihm so vor, als würde er das flaue Gefühl im Magen vielleicht nie wieder loswerden. »Das alles wirkte völlig konfus. Was ich zunächst nicht erkannt habe, war die Tatsache, daß es hier um zwei Fälle ging, nicht nur um einen. Das erste war der Mord an Ankläger Jao. Das andere war die Untersuchung, an der Jao gearbeitet hatte. Ich konnte den Mord nicht verstehen, solange ich Jaos Ermittlungen nicht begriff. Und die Motive. Nicht eines, nicht zwei, sondern mehrere, die alle in jener Nacht auf der Drachenklaue zusammengelaufen sind.«
    »Fünf Morde? Jao, Lihua...«
    »Und die Opfer, die Gegenstand der früheren Prozesse waren. Der ehemalige Direktor für Religiöse Angelegenheiten. Der ehemalige Direktor der Minen. Der ehemalige Leiter des Kollektivs der Langen Mauer. Dann die Mönche. Ich habe die Fünf von Lhadrung zu keinem Zeitpunkt für schuldig gehalten. Doch die wahrscheinlichen Verdächtigen paßten nicht zu dem Verbrechen. Es gab kein Muster. Weil

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