Der fremde Zwang
her. Es dauerte eine Weile, ehe der Bildschirm des Visifons aufleuchtete und darauf das Gesicht Hendersons erschien.
Er mochte etwa 45 Jahre alt sein, also noch verhältnismäßig jung. Das graumelierte Haar schwächte diesen Eindruck nicht ab, ganz im Gegenteil. In den klugen Augen erkannte ein aufmerksamer Beobachter den ewigen Drang der Neugierde, der allen wahren Forschern und Pionieren zu eigen ist.
„Nun, Mr. Martin? Was gibt es denn noch so spät?“
Hastig berichtete der Assistent von dem Vorgefallenen und schloß mit der gebührenden Empörung in seiner Stimme:
„Wir haben es nicht nötig, uns derartige Verdächtigungen gefallen zu lassen, Professor. Die unberechtigte Hausdurchsuchung bei mir hat natürlich nichts ergeben, denn wie will man dort etwas finden, wo nichts vorhanden ist?“
„Soll es schon gegeben haben“, erwiderte Henderson sehr unvorsichtig, denn alle Visifongespräch standen unter staatlicher Kontrolle. „Immerhin, in unserem Fall sind derartige Maßnahmen fehl am Platz. Ich werde nicht versäumen, mir befreundete Regierungsstellen darauf aufmerksam zu machen. Schließlich ist ja wohl die Solare Geheimpolizei nicht unsere Regierung, nicht wahr?“
„Nein, allerdings nicht!“ stimmte Glenn zu. Dann fragte er: „Wann hat Miß Holder das Labor verlassen?“
Auf Hendersons Gesicht zeigte sich Erstaunen.
„Kurz nach Ihnen. Warum fragen Sie?“
„Weil wir uns bei mir verabredet haben, und sie ist noch nicht eingetroffen. Ich bin beunruhigt.“
„Aber wieso denn?“ Auf dem Gesicht Hendersons zeigte sich ein feines Lächeln. „Nun sind Sie den ganzen lieben Tag im Labor zusammen, und wenn das Schicksal Sie eine halbe Stunde trennt, vergehen Sie vor Ungeduld. Warten Sie noch kurze Zeit, und Sie werden für eine sehr, sehr lange Zeit vereint sein …“
„Herr Professor!“ warnte Glenn erschrocken. „Sie wissen nicht …“
„Doch, ich weiß! Oder wollen Sie nicht heiraten?“
Glenn atmete auf. Und er hatte schon geglaubt, Henderson wäre so unvorsichtig gewesen, eine Anspielung auf ihre Pläne fallenzulassen. Unter Garantie wurde ihr Gespräch abgehört.
„Sie haben recht, Professor. Ich danke Ihnen – und bis morgen.“
Sie nickten sich zu, und der Schirm erlosch.
Professor Henderson war gewarnt. Er würde sich schon zu schützen wissen.
Glenn ging in die Küche und veranlaßte den Robot, ihm ein Abendessen für zwei Personen zu bereiten. Dann kehrte er in das Wohnzimmer zurück, ließ sich im Sessel nieder und begann zu warten.
Noch einmal zogen die Ereignisse der vergangenen Wochen und Monate an ihm vorüber; Ereignisse, die Inspektor Gordon vom Solaren Sicherheitsdienst allerdings brennend interessiert hätten.
* *
*
Noch immer war es nicht gelungen, die Natur der kosmischen Strahlung zu enträtseln. Sie kamen aus der Tiefe des Alls, aus allen Richtungen und mit unterschiedlicher Intensität. Professor Henderson, anerkannter Spezialist auf diesem Gebiet, war vom Weltstaat beauftragt worden, sich mit der Untersuchung dieser geheimnisvollen Strahlung zu beschäftigen und festzustellen, ob es theoretisch möglich sei, sie für kommende Energiewirtschaftszwecke auszunutzen.
Im ersten Augenblick schien dieser Gedanke absurd, und auch Henderson hatte sich nicht gescheut, diese seine Meinung in aller Öffentlichkeit zu dokumentieren. Dann aber schwieg er. Mit erstaunlichem Eifer widmete er sich der ihm übertragenen Forschungsaufgabe. Langsam wurde es still um ihn.
Drei Menschen waren es, die ihm das Forschungszentrum für Weltraumfahrt zugeteilt hatte.
Glenn Martin, sein erster Assistent, war 29 Jahre alt, dunkelhaarig und noch voller Illusionen. Seine braunen Augen verbargen nur mühsam die verhaltene Abenteuerlust und den Drang nach Höherem. Seine ausgezeichneten Kenntnisse auf dem Gebiet der Strahlenforschung hatten ihn zum engsten Mitarbeiter von Henderson bestimmt.
Der Fachmann für Physik, Max Brenner, war der zweite Assistent. Er mochte etwa 35 Jahre alt sein und beschäftigte sich in der Hauptsache – allerdings nicht offiziell – mit der Entwicklung leistungsfähiger Raumantriebe. Offiziell war er beauftragt worden, die Ergebnisse von Hendersons Forschungen daraufhin zu untersuchen, ob sie sich später eventuell für eine Auswertung in der Energiewirtschaft eignen würden.
Die dritte im Bunde, Ann Holder, war 21 Jahre alt, brünett und sehr hübsch. Jedoch besaß sie noch andere Attribute, die ihr den
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