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Der Fromme Dieb

Der Fromme Dieb

Titel: Der Fromme Dieb Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ellis Peters
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wir nicht alleine. Abt Walter hat viel von seinem persönlichen Reichtum geopfert, um Nahrungsmittel für die Dorfbewohner zu kaufen, nachdem die Ernten nicht eingebracht werden konnten. Denn wer hätte, den Tod stets auf den Fersen, seine Äcker bestellen können?
    Selbst den Ärmsten der Armen entrissen diese Bösewichter die letzten erbärmlichen Habseligkeiten, und wem sie nichts mehr stehlen konnten, dem ließen sie nicht mal das nackte Leben.«
    »Wir haben wohl von den Gewalttaten in Eurem Land gehört«, sprach Abt Radulfus. »Mit großem Kummer haben wir es vernommen und für ein Ende der Schrecken gebetet. Nun, da das Ende gekommen ist, gibt es kein Haus unseres Ordens, das sich weigern kann, alle nur mögliche Hilfe bei der Wiederherstellung des Zerstörten zu leisten. Sagt uns, womit wir Ramsey am besten dienen können. Denn Ihr seid als Bruder zu Brüdern gesandt worden, und innerhalb unserer Familie bedeutet Schaden für den einen Schaden für alle.«
    »Ich wurde hierher gesandt, um von diesem Hause Hilfe zu erbitten; auch von jedem unter der Laienschaft, der zu einem Akt der Barmherzigkeit in Form von Spenden oder auch von handwerklicher Unterstützung bewogen werden kann, sofern es in Shrewsbury Männer gibt, die Erfahrung im Bauen haben und willens sind, sich für einige Wochen fern ihrer Heimat nützlich zu machen. Für jede erdenkliche Hilfe beim Wiederaufbau unseres Klosters, für jede Münze, für jedes Gebet wird Ramsey dankbar sein. Und deshalb bitte ich, zunächst hier in der Kirche predigen zu dürfen, und, die Erlaubnis des Sheriffs und der Geistlichkeit vorausgesetzt, auch am Marktkreuz von Shrewsbury, auf daß jeder Hausherr der Stadt sein Herz erforsche und so viel spende, wie dieses ihm eingibt.«
    »Wir werden mit Vater Boniface reden«, sagte Radulfus, »und er wird sich gewiß einverstanden erklären, daß Ihr bei einem Gemeindegottesdienst predigt. Des Wohlwollens dieses Hauses könnt Ihr bereits gewiß sein.«
    »Ich wußte doch«, sagte Herluin erfreut, »daß wir uns auf brüderliche Liebe verlassen können. Neben Bruder Tutilo hier und mir wurden auch andere ausgeschickt, um bei Benediktinerklöstern in anderen Grafschaften um Unterstützung zu bitten. Wir wurden außerdem beauftragt, all den Brüdern, die ihr Leben in der Ferne fristen mußten, Nachricht zu geben und sie aufzufordern, ins Kloster zurückzukehren, wo man ihrer dringend bedarf. Denn viele werden noch gar nicht wissen, daß Abt Walter wieder in seiner Abtei ist, auf die Arbeit und den Glauben jedes Sohnes angewiesen, um das große Werk der Erneuerung zu vollbringen. Einer der unseren«, sagte er, wobei er aufmerksam das Gesicht des Abtes musterte, »ist, wie ich glaube, hier in Shrewsbury bei seiner Familie untergekommen.
    Ich muß ihn aufsuchen und ihn bewegen, mit uns zurückzukehren.«
    »Ihr habt recht«, erwiderte Radulfus. »Es ist Sulien Blount vom Gutshofe Longner. Er kam durch Abt Walters Fürsprache zu uns. Der junge Mann hatte sein letztes Gelübde noch nicht abgelegt. Das Ende des Noviziats rückte näher, und ihm kamen Zweifel an seiner Berufung. Der Abt hatte ihm eine Frist eingeräumt und ihm Zeit gelassen, über seine Zukunft nachzudenken. Es war seine eigene Entscheidung, dieses Haus zu verlassen und zu seiner Familie zurückzukehren, und so ließ ich ihn gehen. Wenn Ihr mich fragt, ist er irrtümlicherweise in den Orden eingetreten. Wie dem auch sei, er wird und muß selbst die Antwort finden. Ich werde einen der Brüder anweisen, Euch zum Hof von Suliens älterem Bruder zu führen.«
    »Ich werde mein Bestes tun, Sulien wieder den rechten Weg zu weisen«, sagte Herluin mit einem gewissen Unterton in der Stimme, der darauf schließen ließ, daß es ihm eine stille Freude bereitete, ein davongelaufenes, widerstrebendes Schäfchen in seine Herde zurückzutreiben.
    Bruder Cadfael beobachtete die eindrucksvolle Person aus einer verborgenen Ecke des Saals, und die langen Jahre seiner weltlichen und klösterlichen Erfahrung mit allerhand Leuten sagten ihm, daß der Subprior wohl einen guten Prediger am Marktkreuz abgeben und manch einer gewissensgeplagten Seele große Schenkungen entlocken würde, denn er war redegewandt und sogar zu Leidenschaft fähig, wenn es um sein Kloster ging. Doch was seine Aussichten betraf, den jungen Sulien Blount umzustimmen, jetzt, wo dieser bald schon sein Feinsliebchen heiraten wollte, da konnte Cadfael nur den Kopf schütteln. Wenn es ihm gelingen würde, wäre er ein

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