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Der Frühling - Hyddenworld ; 1

Der Frühling - Hyddenworld ; 1

Titel: Der Frühling - Hyddenworld ; 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klett-Cotta Verlag
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Teller, rollte ihn zusammen, stippte ihn in den Colomby und hielt ihn Jack an den Mund, als fütterte sie ein kleines Kind oder einen Kranken.
    So unterwiesen, tunkte er den Rest selber ein, während sie sich wieder der Rehkeule zuwandte, von der Fleischsaft und Fett in eine brodelnde Pfanne tropften, aus der sie weitere Flüssigkeit schöpfte. Offensichtlich bildete die Keule das Herzstück eines später am Tag stattfindenden Festmahls.
    Jack setzte sich ans Feuer, und während er in geselligem Schweigen wieder zu Kräften kam, gingen ihm die Ereignisse der letzten Nacht durch den Kopf.
    Das Feuer prasselte, und die Rehkeule brutzelte.
    »Riecht gut«, sagte er.
    »Totgefahren«, murmelte sie als Erklärung. »Barklice hat das Tier vor ein paar Tagen ergattert, ehe er sich mit Pike und Master Brif auf die Suche nach Ihnen begeben hat, deshalb ist das Fleisch gut abgehangen und gereift. Arnold hat mir erzählt, dass Sie gute Arbeit geleistetund sich Ihren ersten Groschen verdient haben. Das spricht für Sie.«
    Jack nickte und genoss das Lob. Er warf ihr einen etwas schüchternen Blick zu, denn alles, was er von ihrer Begegnung am gestrigen Abend noch in Erinnerung hatte, war, wie sie ihn und die anderen bei der Begrüßung und beim Gutenachtsagen in die Arme genommen hatte. Bei den Bilgenern schien das so Sitte zu sein.
    Sie war wohlbeleibt und vollbusig. Die bunten Bänder in ihrem Haar passten zu den Farben ihres gestreiften Seidenkleides, das, obwohl es fast bin zu den Knöcheln reichte, nicht lang genug war, um die bauschigen, gelben Unterröcke und das passende Spitzenmieder zu verbergen, das unter ihrem Oberteil hervorschaute.
    Ihre dicken Finger waren mit Ringen und ihre Handgelenke mit goldenen Armbändern geschmückt, die klimperten, wenn sie das Wildbret begoss oder, was sie ebenfalls regelmäßig tat, mit einem Spieß in das Fleisch stach.
    Aus dem, was er von Brif und den anderen gehört hatte, und aus ihrer dunkel glänzenden Hautfarbe schloss Jack, dass er sich, zum ersten Mal, in Gesellschaft einer waschechten Bilgenerin befand. Was er sah, gefiel ihm. Sie verströmte Lebensfreude, gute Laune und eine Art tätige Zufriedenheit, die ihn ebenso für sie einnahm wie alle anderen in ihrer Umgebung.
    »Da kommt er!«, rief sie. »Er ist aufgestanden.«
    Sie erhob sich, ging zu einer Küchentür und öffnete sie. Jack hörte Schritte auf den Holzdielen im Zimmer darüber und ein pfeifendes Husten, gefolgt von einem explosionsartigen Speien, dann einer längeren Stille und schließlich dem metallischen Klirren eines Spucknapfs, der einen Klumpen Schleim aufnahm.
    »Er hat gespuckt, ist munter und im Anmarsch!«, rief Ma’shuqa in die Küche. »Tut euch um, Herrschaften. Ihr kennt das Wo und Warum, also braucht ihr euch nur um das Was zu kümmern. Essen in einer Stunde, wenn die Auserwählte mit ihrem Gefolge erscheint.«
    »Dann bist es dieses Jahr also nicht du, meine Liebe!«, flötete jemand von drinnen.
    »Und auch an keinem anderen Tag von heute bis in alle Ewigkeit«, rief Ma’shuqa vergnügt zurück. »Ich habe meinen Brauttag gehabt und mir den Stattlichsten von allen geangelt.«
    »Das hast du, der Spiegel hab ihn selig!«, rief jemand anderes mitfühlend.
    Diesen Bemerkungen und dem traurigen Ausdruck, der sich plötzlich um ihre Augen legte, entnahm Jack, dass sie über ihren Mann, Arnolds Vater, sprachen und dass er nicht mehr unter den Lebenden weilte.
    »Ja, so ist das!«, sagte sie, indem sie Jacks Gedanken erriet. »Sie nannten ihn Pa’shuqa, obwohl er gar kein Bilgener war. Das da über dem Kamin ist sein Knüppel. Er wartet auf den Tag, an dem er zurückkommen kann, denn zurückkommen wird er. Die Fyrd haben ihn geholt, aber ich bezweifle, dass sie ihn umgebracht haben, denn er gehört nicht zu denen, die so leicht sterben.«
    Der Knüppel war riesig und mit rußgeschwärzten Nägeln an der Wand befestigt.
    Frauen kamen aus der Küche und trugen Krüge mit Wasser und Servierbretter mit großen runden Brotlaiben darauf herein. Schließlich rückten Brif und die anderen an. Sie sahen so unausgeschlafen und mitgenommen aus wie Jack vorhin.
    Im selben Moment erschien der alte Mallarchi, nachdem er keuchend eine Treppe herabgestiegen war.
    »Haben sie noch nicht gewählt?«, fragte er und streifte Jack mit einem Blick, ehe er seiner Tochter Gelegenheit gab, ihn liebevoll und respektvoll zu umarmen und auf beide Wangen zu küssen.
    »Es ist schon nach halb zwei, Pa, deshalb denke ich mir, dass

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