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Der Frühling - Hyddenworld ; 1

Der Frühling - Hyddenworld ; 1

Titel: Der Frühling - Hyddenworld ; 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klett-Cotta Verlag
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weiß mit Bestimmtheit, was es bedeutet. Aber eines ist gewiss – du bist ein Narr der Wurd, noch ganz am Anfang deines Lebenswegs, deshalb verweile nicht allzu lange inBrum oder in Hyddenwelt. Du bist für beide noch nicht bereit. Und die Welt der Hydden noch nicht für dich.«
    Jack hätte ihr gerne noch Fragen dazu gestellt, auch zu der Melodie, die er vorhin gehört hatte, und zu ihrer Person, doch er fühlte sich benommen und sehr müde.
    »Wenn du erst weißt, was es heißt, ein Riese zu sein«, sagte sie sanft zu ihm, »wirst du Heilung finden.«
    Jack sah zu ihr hinüber, als sie sich zur Tür wandte.
    »Ich hätte noch mehr Fragen …«, sagte er und streckte die Hand nach ihr aus.
    Doch sie war fort. Augen, die sich im Dunkeln verloren, ein Lächeln, das sich in die Erinnerung zurückzog, eine Abwesenheit, so spürbar wie ein Verlust.
     
    Jack und Stort gesellten sich zu den anderen im
Muggy Duck
, wo sich die Menge gelichtet hatte, um, wie Jack erfuhr, Vorbereitungen für die Jungfernparade am nächsten Tag zu treffen.
    »Ein besonderer Brauch bei uns in Deritend«, ließ er sich sagen. »Vergiss die feinen Pinkel oben in New Brum und die Rabauken in Digbeth. Wir machen es so, wie man es machen muss!«
    »Was denn?«, fragte Jack.
    Aber er erhielt keine Antwort, denn die Leute waren zu betrunken für ausführliche Erklärungen oder mit den Gedanken schon wieder woanders. Von der Reise und den Behandlungen war er so erschöpft, dass er ihren konfusen Gesprächen über Hochwasser und Aufruhr, über Gebräuche und Paraden, Geburtstagsbräute und Knoten nicht folgen konnte.
    Viel später, nach zwei Uhr am Morgen, trafen aus mehreren Stadtbezirken Angehörige der Mallarchi-Sippe ein, die vor dem Hochwasser geflohen und dennoch festen Willens waren, den kommenden Tag zu feiern.
    Ma’shuqa Mallarchi erschien wieder, erklärte, dass es nun Zeit sei, zu Bett zu gehen, und führte sie vergnügt in einen kleinen Raum mit einem langen Strohsack auf dem Boden, der ihnen als gemeinsames Lager dienen sollte. Sie legten sich hin, bliesen die Kerzen aus, lauschten dem Regen draußen und fielen in einen wohligen Schlaf.

68
WIEDER GEFANGEN
    K atherine versuchte, Hais’ Rat zu beherzigen und unbemerkt in ihr Zelle zurückzukehren, doch es war zu spät.
    An der Zellentür sah sie sich Auge in Auge mit Schwester Chalice, die sie am Arm packte und anfuhr, als sei sie ein Kind: »Hab ich mir doch gedacht, dass hier jemand ungezogen ist.«
    Sie war nicht allein. Die Oberin und zwei noch größere Schwestern waren bei ihr.
    »Ah, guten Morgen, Schwester Katherine«, sagte die Oberin mit einem starren Lächeln. »Es freut mich, dass du dir ein wenig die Beine vertreten konntest. Und es freut mich, dass dir keine albernen Fluchtgedanken gekommen sind, denn ich kann dir versichern, wir hätten dich nicht vor dem sicheren Verderben bewahren können, wenn du dich in die dunklen und gefährlichen Gänge hier im Viertel gewagt hättest. Bist du nicht auch froh, dass wir dich gefunden haben, ehe es zu spät war?«
    Katherine öffnete den Mund, um zu protestieren, besann sich dann aber eines Besseren.
    Stattdessen tat sie so, als sei sie müde und verwirrt. Die Schwestern umringten sie und führten sie durch den Korridor in die Richtung, aus der sie gekommen waren, und dann eine alte, gusseiserne Treppe hinauf. Von oben schlugen Katherine Gelächter und Parfümgeruch entgegen.
    »Wohin bringen Sie mich?«, brachte sie unsicher heraus.
    »Wir gehen zu einem Fest, meine Liebe, aber vorher müssen wir dich schön machen. Du siehst hässlich aus. Deine Haare sind von Natur aus zu widerspenstig, aber dem lässt sich leicht abhelfen. Und du bist zu mager für deine Größe, aber ein paar Polster werden das bald ausgleichen.«
    »Polster?«, rief Katherine.
    »Polster und andere weibliche Kniffe können dir helfen, auserwählt zu werden. Und glaube mir, du willst ganz bestimmt auserwählt werden, denn du bist zu empfindsam, zu kultiviert, um die rohe Zuwendung der gemeineren Fyrd zu ertragen. Keine Sorge, Schwester, bald wirst du genauso aussehen wie eine von uns. Freust du dich nicht darüber?«
    »Nein«, entgegnete Katherine, »ihr seht alle schrecklich aus, so künstlich.«
    Das brachte sie nur noch mehr zum Lachen.
    »Kommt, meine Lieben, machen wir uns das Vergnügen, dieses Entlein in einen Schwan zu verwandeln!«
    Katherine wurde in dieselben gedämpft beleuchteten Räume geführt, in denen sie in der Nacht zuvor angekommen war. Sie

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