Der Frühling - Hyddenworld ; 1
dem süßen Sherry, den er ebenfalls mochte, hinuntergespült wurden.
»Das gibt es bei uns immer zu einem Freudenfeuer«, flüsterte Katherine und schnitt ein Gesicht.
Das Feuer brannte gut, und innerhalb von zwanzig Minuten spendete es genug Wärme gegen die kühle Nachtluft. Um Viertel vor zwölf war die Hitze so groß, dass sie ein Stück zurücktreten mussten. »Heute Nacht brauchen wir keine Beschwörungsgesänge oder Zauberformeln«, sagte Mrs. Foale geheimnisvoll. »Die Geister sind auch so da. Es kommt, wie es kommt.«
Nein, die brauchten sie wirklich nicht. Das Feuer und sein Prasseln, das nahe Klirren der Windspiele in der bewegten Luft und die Funken, die durch das Geäst zum Himmel stoben, sprachen eine deutliche Sprache.
Katherine schlüpfte leise ins Haus und holte die goldene Plastikurne. Sie trug sie den Kerzenweg entlang, trat so dicht ans Feuer, wie die Hitze es zuließ, und begann, ihren Inhalt in die Flammen zu streuen. »Asche zu Asche«, murmelte sie.
Die glühende Hitze saugte sie förmlich aus der Urne, und wie ein Strom winziger, orangeroter Sterne stieg sie mit den Flammen wirbelnd empor, hinauf zu den Baumwipfeln, die vom lodernden Feuer hell erleuchtet wurden, und weiter hinauf, bis sich ein Teilchen nach dem anderen zwischen den funkelnden Sternen am Himmel verlor. »Leb wohl, Mum«, flüsterte Katherine, als die letzten Funken verglüht und nur noch die richtigen Sterne übrig waren. »Du bist jetzt selbst einer von ihnen.«
»Lebwohl, Clare«, sagte Mrs. Foale.
Das Gesicht vom Feuer gewärmt, die kalte Nachtluft im Nacken, blickte Jack nur still in den Nachthimmel, froh, am Leben zu sein, froh, bei Katherine zu sein, aber noch immer auf der Hut vor den Schatten ringsum.
Irgendwo in der Ferne schlug eine Kirchenglocke Mitternacht.
»Ein Tag ist zu Ende, und ein neuer beginnt«, sagte Mrs. Foale leise. »Wo immer du bist, Arthur, und was immer dir widerfahren sein mag, ich bete darum, dass es dir gutgeht und du bald nach Hause kommst.« Sie ging, wie vorhin schon einmal, zum Eingang des Henges, vielleicht um ein leises Gebet zu sprechen. Dort angekommen, blieb sie im Dunkeln stehen, eine einsame Gestalt, über die der Feuerschein flackerte.
»Sie vermisst ihn heute sehr«, bemerkte Katherine, »und es wird für sie immer schlimmer. Mums Tod hat die Schleusen der Trauer über ihren eigenen Verlust geöffnet.«
»Dann«, sagte Jack so leise, dass sie ihn kaum verstand, »sollten wir ihn besser zurückholen.«
Er trug ein paar Gartenstühle zum Feuer, damit sie es bequemer hatten. Bald setzte sich auch Mrs. Foale zu ihnen, und sie tranken noch ein Glas Sherry.
Dann begannen sie zu reden, tauschten Erinnerungen aus, sprachen über ihre Hoffnungen.
Nach und nach verstummten sie wieder, das Flackern des Feuers in den Augen, jeder mit seinen eigenen Ängsten vor der Zukunft beschäftigt, die ihnen immer ungewisser erschien, je länger sie darüber nachdachten.
Mrs. Foale stand auf. »Mir wird kalt. Ich glaube, ich gehe hinein. Ihr könnt ja noch bleiben und die letzten Flammen genießen.«
Sie saßen schweigend im Dunkeln, und Jack wurde endlich etwas ruhiger. Seine Wachsamkeit ließ nach, je weiter das Feuer und die Kerzen herunterbrannten. Alles war warm und behaglich, die wenigen noch hochzüngelnden Flammen und die von Zeit zu Zeit aufglimmende Glut erschienen ebenso sanft und friedlich, wie es die Dunkelheit geworden war.
Die Nacht war betörend, ein tiefes, funkelndes Dunkel, und nur der scharfe Ruf eines Waldkauzes durchbrach die Stille. Sie warenzufrieden. Das Abschiedsritual für Clare war vollzogen. Der Sommer war da. Sie alle drei waren sicher, und ihre Betten warteten auf sie. Von den Geistern der Nacht drohte keine Gefahr mehr.
»Jack«, begann Katherine plötzlich.
Er wandte sich vom Feuer ab, sah sie an und fasste instinktiv nach ihrer Hand.
Sie ergriff sie und öffnete den Mund, um etwas zu sagen.
Da plötzlich regte sich etwas unter den Bäumen auf der einen Seite des Henges. Es war die Bewegung einer Person, flink und fremdartig. »Jack …!«
Katherine klang ängstlich, Jack erstarrte. Es waren dieselben hastigen Schritte, die er schon am Abend vernommen hatte.
»Hast du das gehört?«, flüsterte sie und rückte näher zu ihm.
Er nickte. »Ich sehe mal nach.«
»Nein, nicht. Bleib bei mir, bitte …«
Doch er war bereits aufgestanden und auf dem Weg zu den beiden Koniferen. Dort angekommen, zückte er seine Taschenlampe und leuchtete umher.
Es
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