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Der Frühling - Hyddenworld ; 1

Der Frühling - Hyddenworld ; 1

Titel: Der Frühling - Hyddenworld ; 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klett-Cotta Verlag
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schwarz schimmernde Schatten. Sie strebten in Richtung der Koniferen, ließen die letzte brennende Kerze heller erstrahlen.
    Er sah genauer hin, glaubte zu erkennen, wie auch zwischen den Bäumen Schatten emporwirbelten, Gestalt annahmen, an etwas zogen, es in Richtung Henge zerrten.
    Dann hörte er wieder deutlich ihre Stimme, einen verzweifelten Schrei, der sich von ihm entfernte.
    »Jaaaack … hilf … mir!«
    »Katherine?« Er machte ein paar Schritte auf die Wächterbäume zu. »Wo bist du? Ich kann dich hören, aber ich weiß nicht, wo du bist.
Katherine!«
    Er rannte zu den Bäumen, nun fest davon überzeugt, dass Katherine im Henge war – aber auch sicher, dass die Zeit knapp wurde.
    Bevor die letzte Kerze ausgeht,
sagte er sich, denn die Kerze war zum Zeichen dafür geworden, dass sie noch am Leben war und seine Hilfe brauchte.
    Sie verlöscht wie Katherine,
sagte er sich wütend.
Die Flamme verlässt diesen Ort, und Katherine auch, sie wird jetzt fortgebracht. Sie …
    Alles verlangsamte sich.
    Vier Schritte, drei Schritte, seine Hände fassten nach den wirbelnden Schatten, die seiner Welt entflohen.
    Noch zwei Schritte, und mit letzter Anstrengung streckte Jack die Hände aus, rief wieder ihren Namen, denn er wusste, dass sie fast zum Greifen nahe war.
    Nur noch ein Schritt …
Aber dann war es zu spät.
    Plötzlich ging die letzte Kerze aus, und die wirbelnden Schatten waren verschwunden. Es blieben nur die verlöschende Glut des Feuers und das schimmernde Mondlicht auf dem freien Platz im Innern des Henges, die Stille der kühlen Nachtluft. Wo eben noch Katherine gewesen war, war jetzt undurchdringliches Dunkel.



45 IN DAS HENGE
    A ls Katherine von den Schatten überwältigt und in das Henge gezogen wurde, gab sie jeden Widerstand auf. Doch im selben Moment durchströmte sie neue Kraft. Mit einem Mal konnte sie nach Jack rufen, und dies war der eine Ruf, den er hörte. Dann begriff sie, dass sie ihn nicht noch einmal rufen durfte, denn wenn er ihr folgte, wurde womöglich auch er entführt.
    Sie wollte die letzte brennende Kerze austreten, um ihn davor zu warnen, ihr ins Innere des Henges zu folgen.
    Die Schatten schienen ihre Absicht zu erraten und zerrten noch heftiger an ihr.
Nein … ihr … werdet … mich … nicht … daran … hindern!,
schrie sie unhörbar. Mit einer letzten Anstrengung trat sie gegen das Marmeladeglas. Als die Kerze erlosch, spritzte heißes Wachs auf ihren Knöchel und schürte ihre Wut. Aber für sich selbst konnte sie nichts mehr tun.
    Sie war in ihrer Gewalt und wurde unaufhaltsam weitergezogen, nur noch imstande, sich hilflos umzublicken und zuzusehen, wie Jack nach ihr suchte, wie er bei der erloschenen Kerze ankam. Er starrte auf sie hinab, dann zurück zum Feuer und schließlich wieder in ihre Richtung. Doch er schien durch sie hindurchzusehen, wusste nicht, wohin er sich wenden sollte.
    Ich bin hier, Jack. Du siehst mich direkt an …
    Alles verlangsamte sich. Die Geräusche der Welt, die sie kannte, verklangen, und ihr Zorn wich einem wachsenden Gefühl der Verzweiflung und Hilflosigkeit und schließlich einer Trauer, die schlimmer war als jede andere, die sie jemals empfunden hatte. Schlimmer noch als die um ihre verstorbene Mutter.
    Sie hielten sie fest, zogen sie aber nicht mehr weiter, sondern verharrten mit ihr am Eingang zum Henge. Offenbar wollten sie, dass sie Jacks Verwirrung mit ansah, als sei es ihr Wunsch, sie leiden zu lassen.
    Doch selbst jetzt noch wollte sie ihm mehr als alles andere sagen, dass er bleiben solle, wo er war.
    Beim ersten Mal, als diese dunklen Mächte versucht hatten, ihn zu töten, war er nur verletzt worden, weil er versucht hatte, sie zu retten. Nun drohte sich die Geschichte zu wiederholen, und diesmal würde er mit Sicherheit sterben, denn
er
war es, denn sie wollten, nicht sie. Sie war nur der Köder.
    Dann zogen sie wieder an ihr, und sie entfernten sich immer weiter von der Stelle am Eingang, an der er stand.
    Geh zurück!,
wollte sie ihm zurufen.
Geh zurück!
    Sie wollte ihren Kummer hinausschreien, ihren Kummer darüber, dass sie alles verlieren sollte, ihr Leben mit Jack, ihre gemeinsame Zukunft, einfach alles.
    Jetzt erst gestand sie sich ein, dass sie Jack liebte.
Ich wollte es dir sagen, Jack, aber …
    Noch am Morgen, als sie miteinander gesprochen und gelacht hatten, hätte sie Gelegenheit dazu gehabt … Doch sie hatte sie verschenkt. Ihr war, als wäre sie vor Stunden noch ein Mädchen gewesen. Nun, da sie ihn

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