Der Fuenf-Minuten-Philosoph
Militärdienstes aus »Gewissensgründen« in vielen Ländern sanktioniert und ist auch in einigen demokratisch verfassten Staaten nicht oder nur eingeschränkt möglich.
In der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte, die 1948 von der Generalversammlung der Vereinten Nationen verabschiedet wurde, heißt es: »Jeder hat das Recht auf Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit; dieses Recht schließt die Freiheit ein, seine Religion oder seine Weltanschauung zu wechseln, sowie die Freiheit, seine Religion oder seine Weltanschauung allein oder in Gemeinschaft mit anderen, öffentlich oder privat durch Lehre, Ausübung, Gottesdienst und Kulthandlungen zu bekennen.« Man kann den Standpunkt vertreten, dassman jedes Gesetz, das von einem verlangt, gegen diese Rechte zu verstoßen, mit Recht brechen und sich gegen jedes Regime auflehnen darf, dass solche Gesetze durchsetzt. Das Gewissen ist ein sehr feinfühliger Führer. Der Aufruf Albert Einsteins: »Handle niemals gegen das Gewissen, selbst wenn der Staat es fordert«, ist ein Nachhall zu Gandhis Grundsatz: »In Gewissensfragen hat das Mehrheitsprinzip keinen Platz.«
Man kann Gesetze auch deshalb brechen, weil sie aus anderen als aus Gewissensgründen für schlecht gehalten werden, zum Beispiel wegen mangelnder Durchsetzbarkeit. Im Vereinigten Königreich wurden 2005 Fuchsjagden mit Hundemeuten verboten. Das Gesetz wurde seither allerdings ständig gebrochen, und zwar nicht, weil es nicht durchsetzbar gewesen oder die Polizei die Jagden toleriert hätte, sondern weil die Jäger überzeugt sind, dass ihr Handeln richtig sei und das Gesetz gegen ihre Rechte und Freiheiten verstoße.
Viele meinen, ein ungerechtes Gesetz zu brechen sei moralische Pflicht: Mit dem Aufruf, »das Gesetz in die eigene Hand zu nehmen«, schafft diese Einstellung stets einen gefährlichen Präzedenzfall, der aber auch eine Grundlage für zivilen Ungehorsam und damit ein Kampfmittel für alle Bürgerrechtsbewegungen ist.
Im Jahr 2010 verkündete der britische stellvertretende Premierminister Nick Clegg (* 1967): »Heute tun wir einen nie da gewesenen Schritt. Aus der Überzeugung, dass die Menschen und nicht die politischen Entscheidungsträger es am besten wissen, rufen wir das britische Volk auf, uns mitzuteilen, wie es seine Freiheit wiederhergestellt sehen will.« Das Volk sollte sich dabei auf drei Bereiche konzentrieren: auf 1) Gesetze, die die bürgerlichen Freiheiten untergraben haben, 2) auf Vorschriften, die die Funktion von gemeinnützigen Organisationen und der Wirtschaft behindern, und 3) auf Gesetze, die überflüssig sind und gesetzestreue Bürger kriminalisieren. Bis zu welchem Grad Nick Clegg damit die Tür zur Rechtsunsicherheit und zum Rechtsbruch aufstieß, bleibt abzuwarten.
B estimmt das Karma unser Verhalten?
Der Begriff »Karma« ist in der westlichen Welt zwar bekannt, wird aber nicht ganz richtig verstanden. Er beinhaltet keinerlei Fatalismus, Vorherbestimmung oder Unvermeidlichkeit. In den fernöstlichen Religionen betrifft das Karma den gesamten Zyklus von Ursache und Wirkung, den sogenannten Kreislauf des Samsara , der sich im menschlichen Leben als Geburt, Tod und Wiedergeburt manifestiert. Wenn wir den Standpunkt einnehmen, dass unser Tun oder das, was uns oder anderen widerfährt, aus dem Karma hervorgeht, verleugnen wir unseren freien Willen und damit auch unsere Verantwortung. Das Karma betrifft allerdings insofern Ursache und Wirkung, als das Sein des Einzelnen in der Gegenwart das Ergebnis dessen ist, was er – im Sinn einer Anhäufung – in zahlreichen früheren Leben war.
Das Karma bewegt sich auf subtilen Ebenen, die vom Samskara (in Pali Sankhara), den »Prägungen«, »Neigungen« oder »Möglichkeiten« bestimmt werden. Im Buddhismus heißen sie »geistige Gestaltungskräfte« oder »Impulse«, die aktiv sein können, weil sie von uns ausgehen, oder passiv, weil sie uns beeinflussen. Wenn wir uns von ihnen befreit haben, wird kein Karma mehr entwickelt: Wir treten ins Nirwana ein. Der französische Buddhismusforscher André Bareau (1921–1993) fasste das Karma als das universelle Gesetz zusammen, nach dem »die Tat [Karma] unter sicheren Umständen eine Frucht hervorbringt. Wenn sie reif ist, fällt sie auf den Verantwortlichen herab … Da die Reifezeit allgemein eine Lebensspanne übersteigt, wirken sich die Taten gewöhnlich in einer oder mehreren Wiedergeburten aus.« Das Karma setzt Reinkarnationen voraus.
Wie wirken sich diese
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