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Der Fuenf-Minuten-Philosoph

Der Fuenf-Minuten-Philosoph

Titel: Der Fuenf-Minuten-Philosoph Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerald Benedict
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sorgt, dass sie im Denken größeres Gewicht erhalten, und der ihnen einen bedeutenderen Einfluss auf die Leidenschaften und die Vorstellungskraft gibt.«

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DAS VERHALTEN
    »Die Erkenntnis der Wahrheit steht über allem anderen. Aber noch höher steht ein wahrhaftiges Leben.«
    Nanak (1469–1539)

B rauchen wir einen Moralkodex?
    Zu Beginn dieses Kapitels über das Verhalten mag eine Unterscheidung zwischen Moral und Ethik hilfreich sein. Auch wenn in der Alltagssprache beide Begriffe deckungsgleich erscheinen, gibt es wichtige Unterschiede. Grob gesprochen, betrifft die Moral eher das individuelle Verhalten und seine Übereinstimmung mit anerkannten Regeln, während die Ethik sich eher auf das gesellschaftliche Verhalten bezieht, das nach den Grundsätzen eines ethischen Systems bewertet wird. Manches Verhalten ist im privaten Kreis oder in der Familie erlaubt, erscheint in einem größeren Umfeld aber als inakzeptabel. Sowohl Moral wie auch Ethik beziehen sich auf ein gewohnheitsmäßiges Verhalten – wie Menschen etwas tun –, und beide beinhalten Normen. Moral versucht festzulegen, welches Tun »gut« oder »schlecht« ist, während sich die Ethik als eine Lehre mit diesem Gegenstand befasst und damit ein Teilgebiet der Philosophie ist. Ein Zweig der Ethik ist die »normative Ethik«, die zu bestimmen versucht, was wir in einem gesellschaftlichen Umfeld tun und was wir lassen sollten. Vor dem Hintergrund entsprechender Regeln wird unser Verhalten als »richtig« oder »falsch« bewertet. Solche Normen schlagen sich in kodifizierten Gesetzen nieder. Die Frage ist, ob wir einen Moralkodex brauchen, ob kodifiziert als Strafrecht oder Bürgerliches Recht oder auch nur in der ungeschriebenen Form mündlicher Überlieferungen.
    Wir wissen nicht, wann sich die Idee der Moral entwickelt hat. Im frühesten menschlichen Zusammenleben hing das Empfinden dessen, was richtig und was falsch ist, wohl von den Erfordernissen des gemeinsamen Überlebens ab. Ein Verhalten des Einzelnen, welches das Überleben eines anderen oder der ganzen Gruppe bedrohte, galt als nicht hinnehmbar und wurde mit entsprechenden Sanktionen geahndet. Am Ende bildeten sich wohl Verhaltensmuster heraus, die zur allgemein akzeptierten Norm wurden, ob in einem Stamm oder einem Zusammenschluss von Stämmen. Diese »Urethik« bildete sich in Form gemeinsamer Normen einer Gruppe heraus. Nach solch primitiven Anfängen wird der Begriff der »Ethik« heutzutage sehr viel differenzierter gefasst und etwa auf so spezialisierte Bereiche wie die »Medizin-« oder der »Wirtschaftsethik« angewandt. Über die fachlichen Gruppen hinaus betrifft uns die Ethik alle als Menschen, die unter anderen Menschen leben. In der Ethik der westlichen Kultur kommt der vorherrschende allgemeine Einfluss aus dem ethischen System der jüdisch-christlichen Tradition, dessen Kern die zehn Gebote in der Deutung Jesu in der Bergpredigt bilden. Deren Inhalt floss in das große und komplexe System der kirchlichen, strafrechtlichen und zivilen Gesetzgebung ein, das für die Entwicklung der westlichen Zivilisation unabdingbar war.
    Jede Gesellschaft, insbesondere eine so hoch entwickelte wie die unsere, wäre ohne einen Moralkodex nicht überlebensfähig. Ohne etablierte Leitlinien für das Verhalten und die Mittel, um die sie verkörpernden Gesetze durchzusetzen, herrschte die Anarchie. Unser Leben wäre, wie Thomas Hobbes (1588–1679) sagte, »einsam, armselig, scheußlich, tierisch und kurz«. Andersherum ausgedrückt, ein Leben ohne Moralkodex oder ethisches System würde einer Gesellschaft ein Höchstmaß an Reife abverlangen, dank derer jedermann in den besten Interessen aller anderen lebte. Auch wenn dies unmöglich ist und wohl auch immer bleiben wird, lassen sich in einem gewissen Sinn alle ethischen Systeme auf dieses Prinzip zurückführen. Einfach gesprochen, ist ein ethisches System der Ausdruck unseres Respekts nicht nur für jeden anderen, sondern für alles Leben. Wie Albert Schweitzer anmerkte, ist Ethik »die Ehrfurcht vor dem Leben«. Sie gibt ihm »das Grundprinzip des Sittlichen ein, dass das Gute in dem Erhalten, Fördern und Steigern von Leben besteht und dass Vernichten, Schädigen und Hemmen von Leben böse« ist.
G ibt es absolute moralische Gesetze?
    Der Gedanke an eine moralische Absolutheit setzt voraus, dass   es   bestimmte Taten gibt, die in jedweder Situation vollständig richtig oder völlig falsch sind. Solche Gesetze werden gewöhnlich mit Rechten

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