Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der fuenfte Berg

Der fuenfte Berg

Titel: Der fuenfte Berg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Coelho
Vom Netzwerk:
Familie durch eine andere zu ersetzen. Im übrigen wäre es nicht das erste Mal. Selbst in Ägypten, einem Reich, das Tausende von Jahren gedauert hat, gab es viele Fälle, in denen eine Dynastie von einer anderen abgelöst wurde. Dennoch blieb die Ordnung des Universums erhalten und ist die Sonne am nächsten Morgen wieder aufgegangen.«
    Der Stadthauptmann erblaßte.
    »Der Kommandant befindet sich mit einigen seiner Soldaten unter den Zuhörern. Wenn Ihr weiter darauf besteht, mit diesem Mann zu verhandeln, werde ich allen sagen, daß die Götter Euch verlassen haben. Und Ihr werdet abgesetzt. Wir werden den Prozeß weiterführen. Und Ihr werdet genau das tun, was ich Euch sage.«
    Hätte er Elia sehen können, wäre dem Stadthauptmann ein letzter Ausweg geblieben: Er hätte den israelitischen Propheten gebeten, von dem Engel zu erzählen, der ihm auf dem Gipfel des Fünften Berges begegnete, und an das Wunder der Auferstehung des Sohnes der Witwe zu erinnern. Dann stünden die Worte Elias, der schon bewiesen hatte, daß er Wunder tun konnte, gegen die Worte eines Mannes, der noch nie irgendeine Art übernatürlicher Kraft gezeigt hatte.
    Doch Elia hatte ihn verlassen, und er hatte nun keine andere Wahl. Zudem war dieser hier nur ein Gefangener - und keine Armee der Welt beginnt einen Krieg, weil einer ihrer Generäle getötet wurde.
    »Ihr habt gewonnen«, sagte er zum Priester. Eines Tages würde er im Gegenzug etwas für sich aushandeln.
    Der Priester nickte. Das Urteil wurde sofort ausgesprochen.
    »Niemand fordert Akbar heraus«, sagte der Stadthauptmann. »Und niemand kommt ohne die Genehmigung der Bürger in unsere Stadt. Ihr habt es versucht und seid zum Tode verurteilt.«
    Dort, wo er sich befand, senkte Elia den Blick. Der Kommandant lächelte.
    Der Gefangene wurde zu einem Brachland an der Stadtmauer gebracht. Dort rissen sie ihm, was ihm noch von seinen Kleidern geblieben war, vom Leibe und ließen ihn nackt dastehen. Einer der Soldaten stieß ihn in eine Bodensenke. Das Volk scharte sich um das Loch, und alle drängelten und rempelten sich gegenseitig an, um besser sehen zu können.
    »Ein Soldat trägt seine Kriegskleidung voller Stolz und macht sich damit für seinen Feind sichtbar, weil er Mut besitzt. Ein Spion verkleidet sich als Frau, weil er ein Feigling ist«, rief laut der Stadthauptmann, damit alle ihn hören konnten. »Deshalb verurteile ich dich zu einem ehrlosen Tod.«
    Das Volk buhte den Gefangenen aus und applaudierte dem Stadthauptmann.
    Der Gefangene sagte etwas, doch der Dolmetscher war nicht mehr in der Nähe, und niemand konnte ihn verstehen. Elia gelang es, sich einen Weg durch die Menge zu bahnen und in die Nähe des Stadthauptmanns zu gelangen - doch es war bereits zu spät. Er zog ihn am Gewand, wurde aber gewaltsam zurückgestoßen.
    »Es ist Eure Schuld. Ihr wolltet einen öffentlichen Richtspruch.«
    »Es ist Eure Schuld«, sagte Elia. »Selbst wenn der Rat von Akbar heimlich zusammengetreten wäre, hätten der Kommandant und der Priester getan, was sie wollten. Ich war während des gesamten Prozesses von Wachen umstellt. Es war alles von langer Hand geplant.«
    Im allgemeinen oblag es dem Priester zu bestimmen, wie lange die Qualen dauern sollten. Er bückte sich, ergriff einen Stein und reichte ihn dem Stadthauptmann: Er war weder so groß, daß er zu einem schnellen Tod führte, noch so klein, daß er das Leiden lange hinauszögern würde.
    »Ihr zuerst.«
    »Ihr zwingt mich«, sagte der Stadthauptmann so leise, daß nur der Priester ihn hören konnte. »Aber ich weiß, daß dies der falsche Weg ist.«
    »All die Jahre habt Ihr mich gezwungen, harte Entscheidungen zu treffen, während Ihr die Entscheidungen fälltet, die dem Volk gefielen«, gab der Priester ebenso leise zurück. »Ich mußte mich mit meinen Zweifeln und Schuldgefühlen herumschlagen und hatte schlaflose Nächte, in denen mich die Schatten der möglicherweise zu Unrecht Verurteilten heimsuchten. Doch eben weil ich nie feige war, ist Akbar heute eine Stadt, die alle Welt beneidet.«
    Die Leute sammelten Steine auf, alle ungefähr gleich groß wie der des Stadthauptmanns. Eine Zeitlang hörte man nur das Klacken der gegeneinander schlagenden Steine und Felsbrocken. Der Priester fuhr fort:
    »Es mag eine Fehlentscheidung von mir sein, diesen Mann zum Tod zu verurteilen. Doch was die Ehre unsrer Stadt betrifft, habe ich keine Zweifel. Wir sind keine Feiglinge.«
    Der Stadthauptmann hob die Hand und warf den

Weitere Kostenlose Bücher