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Der fünfte Mörder

Titel: Der fünfte Mörder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Burger
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dasselbe. Die Russin ließ mich eine Viertelstunde in der kühlen Halle stehen, wie beim letzten Mal sorgfältig bewacht von ihren Türstehern. Heute roch es nicht nach Essen, sondern nach feuchtem Hund. Am Morgen war ein schweres Gewitter über Süddeutschland hinweggezogen, und die Temperatur war um zehn Grad gefallen.
    Schließlich kam die Hausherrin mit strahlendem Lächeln und ausgestreckter Hand aus irgendeiner Tür geschossen.
    Â»Herr Gerlach, wie schön, Sie zu sehen!«
    Sie trug hohe Schuhe zu einem schlicht geschnittenen, sandfarbenen Kleid. Wir schüttelten uns die Hände, als wären wir Freunde.
    Â»Es tut mir so leid, dass Sie so lange warten mussten. Ein wichtiges Auslandsgespräch. Die Arbeit ist kein Wolf, sagen wir in Russland. Sie läuft nicht in den Wald davon, wenn man in die Hände klatscht. Drei meiner Lkws stehen seit vorgestern an der Grenze zwischen Polen und Weißrussland, und die Herren vom Zoll machen wieder einmal Ärger. Angeblich fehlen Unterlagen. In Wirklichkeit geht es natürlich darum, dass ich mich weigere, meine Fahrer Geldscheine zwischen die Zollpapiere legen zu lassen. Irgendwann müssen auch im Osten die Ziegenböcke aus den Gemüsegärten gejagt werden, nicht wahr?«
    Â»Waren Sie erfolgreich?«
    Â»Es hat ein Weilchen gedauert, bis ich den Minister am Apparat hatte. Der Leiter der Zollstation wird noch heute von seiner Versetzung erfahren. Was kann ich für Sie tun? Ich habe leider sehr wenig Zeit.«
    Â»Eigentlich wollte ich etwas für Sie tun.«
    Ich zog das Collier aus dem wattierten Umschlag, das Sönnchen mir am Vormittag aus dem Tresor geholt hatte. »Das gehört Ihnen, nehme ich an?«
    Sie betrachtete es ratlos aus schmalen Augen. Schüttelte schließlich den Kopf.
    Â»Nein«, sagte sie und sah mir mit dunklem Blick in die Augen. »Schön ist es. Aber dennoch – leider nicht meines. Woher haben Sie es?«
    Ich hatte gehofft, sie würde wenigstens zwinkern, wenn sie einfach so, innerhalb von kaum mehr als einer Sekunde, auf hundertdreißigtausend Euro verzichtete. Hätte sie gezwinkert, dann hätte ich eine kleine Genugtuung mit nach Hause genommen. Die Genugtuung, sie zwar nicht überführt, aber doch erwischt zu haben. Strafrechtlich würde ich dieser Frau niemals beikommen, dazu war sie zu klug und zu reich.
    Aber sie gönnte mir meine Befriedigung nicht. Nicht einmal ein winziges Zögern, kein Zaudern, kein falscher Wimpernschlag.
    Â»Schade«, sagte ich und ließ das Schmuckstück in den Umschlag zurückgleiten. »Ich weiß gar nicht, was ich jetzt damit anfangen soll.«
    Â»Wenn Sie den rechtmäßigen Besitzer nicht finden, warum lassen Sie es nicht versteigern? Für den Erlös dürfte sich leicht eine Verwendung finden. Es gibt so unendlich viel Elend in der Welt, nicht wahr?«
    Sie strahlte mich herzlich an, reichte mir ihre feste, kühle Hand.
    Dann wandte sie sich um.
    Die Gorillas grinsten.
    Ich war entlassen.

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