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Der fünfte Mörder

Titel: Der fünfte Mörder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Burger
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beobachtete. »Ich muss schon sagen!«
    Die nervtötende Alarmsirene heulte immer noch. Sie kam mir sogar noch lauter vor als vorhin. Konnten Sirenen mit der Zeit lauter werden?
    Â»Was?«, fragte ich verwirrt.
    Â»Na, da!« Er wies auf meinen etwas entfernt am Straßenrand parkenden Peugeot, dessen Fahrertür immer noch offen stand. »Hätte böse ins Auge gehen können, wenn Sie vorhin nicht umgekehrt wären! Erinnern Sie sich denn nicht? Sie sind noch mal zu Ihrem Auto zurück, und das dürfte Ihnen wohl das Leben gerettet haben.«
    Endlich verstand ich, was er meinte. Mir wurde kalt. Ich war aus meinem Wagen gestiegen – wann? vor einer Minute, vor zweien, vor zehn? – und hatte mich auf den Weg gemacht. Zum Geldautomaten in der kleinen Bankfiliale, vor deren Schaufenstern ich momentan etwas hilflos herumstand und deren Alarmanlage immer noch plärrte, obwohl doch offensichtlich nichts beschädigt war. Keine der großen Scheiben hatte auch nur einen Sprung. Dahinter bunte Werbung. Günstige Baukredite. Unverzichtbare Versicherungen. Sensationelle Tagesgeldzinsen nur noch bis zum Ende des Monats.
    Richtig, ein wenig Bargeld hatte ich schnell holen wollen, fürs Wochenende. Am Vorabend war ich wegen dieses Toten im Neckar nicht mehr dazu gekommen. Bevor ich hier angehalten hatte, war ich in Theresas und meinem Liebesnest gewesen, nur zwei Ecken entfernt, und hatte endlich den Duschkopf zum Entkalken in Essigreiniger gestellt. Das hatte ich schon seit Ewigkeiten vorgehabt, aber immer wieder vergessen. Und auf dem Heimweg hatte ich rasch noch ein paar Scheine aus dem Automaten ziehen wollen.
    Ãœberraschenderweise hatte ich sofort einen Parkplatz gefunden. Auf halbem Weg vom Auto zur Bank war mir eingefallen, dass meine Brieftasche noch auf dem Beifahrersitz lag. So hatte ich noch einmal kehrtgemacht, mich einen Idioten geschimpft und wieder einmal gefragt, ob ich auch früher schon so schusselig gewesen war oder ob das die ersten Anzeichen von Altersdemenz waren. Und als ich mich in meinen Wagen beugte, um das Vergessene zu holen, war der Cayenne in die Luft geflogen.
    Ja, buchstäblich in die Luft geflogen.
    Die Erde hatte gebebt bei der Explosion.
    Und meine Vergesslichkeit hatte mir wohl tatsächlich das Leben gerettet. Hätte ich meine Brieftasche nicht im Wagen liegen lassen, dann wäre ich jetzt vermutlich tot.
    Warum musste diese dämliche Alarmanlage nur so einen Höllenlärm machen? Man konnte ja keinen klaren Gedanken fassen bei diesem Geheule!
    Mir war ein wenig schwindlig. Ich war es nicht gewohnt, an einem sonnigen Samstagvormittag mit knapper Not dem Tod von der Schippe zu springen. Wir hatten Ende April, und nach einem ungewöhnlich langen und kalten Winter war in den letzten Tagen mit Macht der Frühling ausgebrochen.
    Bis eben war die Luft noch voller Fliederduft und guter Laune gewesen.
    Jetzt stank sie nach verbranntem Cayenne.
    Die Feuerwehr! Weshalb war mir das nicht früher eingefallen? Ich zückte mein Handy, drückte die entsprechenden Tasten. Der Bombenanschlag war unserer Leitstelle schon bekannt, die Feuerwehr längst auf dem Weg. Ich hörte auch schon die Signalhörner in der Ferne.
    Das immer noch heftig lodernde Wrack parkte nicht vor der Bank, sondern vor einem Nachbarhaus, einem frisch renovierten und sehr gepflegten Altbau, in dessen Erdgeschoss sich eine Apotheke befand. Die Bank dagegen residierte in einem phantasielosen, zitronengelben Fünfziger-Jahre-Kasten.
    Bei der Apotheke hatte es – im Gegensatz zur Bank – erheblichen Sachschaden gegeben. Hinter gesprungenen Schaufensterscheiben sah ich bleiche, zu Tode erschrockene Gesichter.
    Die Martinshörner kamen rasch näher.
    Â»Mann, hat das vielleicht gescheppert!«, stellte der Glatzkopf neben mir zugleich fassungslos und befriedigt fest. »Na ja, man hat ja praktisch darauf gewartet, dass hier mal was passiert.«
    Er sprach mit dem Akzent eines Menschen, der aus Norddeutschland stammt, aber schon seit Jahrzehnten im Süden lebt. Trotz des beißenden Brandgeruchs stellte ich fest, dass sein Trainingsanzug lange keine Waschmaschine mehr von innen gesehen hatte.
    Â»Ey, was ist das denn für ’ne Scheiße?«, schimpfte ein junger Mann, der plötzlich neben mir aufgetaucht war, mit greller Stimme. »Wer macht denn so eine Scheiße, ey?«
    Â»Das ist Ihr Wagen?« Mit einem Mal war ich wieder in der

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