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Der Gast des Kalifen

Titel: Der Gast des Kalifen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Lawhead
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es Balduin, die Männer auf den Kampf vorzubereiten, und ging selbst in die Kirche, um trotz der erschreckenden Übermacht des Feindes den Sieg für uns zu erbitten. Während Gottfried betete, versank einer seiner Priester in Trance und hatte eine Vision. Ich kann nicht sagen, wie es geschehen ist, aber soviel ich gehört habe, erschien ihm ein Mann in Weiß und zeigte ihm einen Vorhang. Dieser Weiße Priester forderte den Mönch auf, den Vorhang aufzuziehen und zu nehmen, was sich dahinter verbarg. Als der Priester wieder erwachte, war der Vorhang jedoch verschwunden, und er starrte auf eine weiß getünchte Wand.
    Ohne Zweifel hätte die Geschichte hier geendet, wenn Gottfried nicht davon erfahren und gesagt hätte: >Eine Wand mag auch als Vorhang dienen.< Also befahl er, die Wand einzureißen, und siehe da! Das Wahre Kreuz!«
    »Lob sei Gott«, keuchte Emlyn und faltete ehrfürchtig die Hände.
    »Es heißt«, fuhr Torf fort, ohne den Gefühlsausbruch des Priesters zu beachten, »dass die Sarazenen nach der Eroberung der Stadt von den Griechen jene Kirchen, die sie nicht zerstört hatten, in Moscheen verwandelten. In der Grabeskirche fanden sie das Wahre Kreuz über dem Altar, doch selbst diese heidnischen Teufel wagten es nicht, Hand an die Reliquie zu legen; also mauerten sie sie ein, um sie so vor den Blicken der Menschen zu verbergen. Nun befiehlt Gottfried, die Wand einzureißen, und da ist es: Das Wahre Kreuz ist gefunden. Der König erklärt, dies sei ein Zeichen von Gottes Wohlgefallen und befiehlt jedem, vor der heiligen Reliquie niederzuknien und für den Sieg in der kommenden Schlacht zu beten.
    Das ist jedoch sehr schwer, denn die Kirche ist klein, und es gibt viele Kämpfer in der Stadt. Also ordnet Gottfried an, das Kreuz zu uns zu bringen, und wir alle sinken vor ihm auf die Knie. Skuli und ich befinden uns in den vorderen Reihen, und wir sehen das Kreuz, als die Priester an uns vorübergehen; zwei Priester, geführt von Gottfrieds Kaplan, tragen es, und zwei weitere folgen ihnen mit Weihrauchfässern.
    Ich hebe den Blick, als es vorüberzieht, und ich sehe einen langen, groben, leicht gekrümmten Balken. Er ist vielleicht eine Rute lang und so dick wie die Hüfte eines Mannes. Ich weiß, dass dies das Wahre Kreuz ist, denn es ist schwarz vom Alter, und seine Oberfläche ist von den Händen unzähliger Pilger glatt gerieben.
    Die Gebete werden gesprochen, und die Mönche kehren in die Kirche zurück. Als sie das Kreuz davontragen, ruft jemand von hinten: >Lasst das Kreuz vor uns in den Kampf ziehen!< Mehr braucht es nicht. Sofort rufen alle: >Lasst das Kreuz vor uns in den Kampf ziehen!<
    Gottfried hört die Rufe und befiehlt, dass man die Ordnung wiederherstellen solle. Er sagt: >Es hat Gott gefallen, uns die heiligste aller Reliquien in die Hände zu geben als Ausdruck seines Wohlgefallens ob der Erneuerung der Heiligen Stadt. So wie wir unseren Glauben an Gott bewahren, so bewahrt der Herr seinen Glauben an uns. In eben diesem Augenblick marschieren die Feinde Christi gegen uns<, und Gottfrieds Stimme bebt vor gerechtem Zorn. >Ich sage, dass dieses Kreuz - dieser Schwarze Stamm - vor uns in die Schlacht ziehen soll. Von diesem Tag an soll es das Symbol der Verteidiger Jerusalems sein, auf dass jene, die das Schwert gegen uns erheben, wissen mögen, dass Christus selbst sein heiliges Heer gegen die Feinde unseres Glaubens zum Sieg führt.<
    Die Mönche beginnen zu singen: >Freut euch, ihr Völker, Gottes Volk! Denn Er wird das Blut seiner Diener rächen; Er wird Rache an Seinen Feinden nehmen und Buße für dieses Land tun.< Und so fing alles an.« Mit diesen Worten sank Torf erschöpft wieder zurück.
    Ich starrte ihn verwundert an. Es erstaunte mich, dass er sich noch so genau an einen Tag erinnerte, der so lange zurücklag. Bruder Pa-draig, der näher gekommen war, um die Geschichte zu hören, winkte mir, den Becher wieder aufzufüllen. Ich schöpfte Bier und hielt dem Kranken den Becher an die Lippen. Torf trank und erholte sich wieder ein wenig.
    »Ruh dich jetzt aus«, schlug Emlyn vor. »Wir werden später weiterreden, wenn du dich wieder besser fühlst.«
    Torfs Lippen verzogen sich zu einem bitteren Lächeln. »Ich werde mich nie mehr besser fühlen als jetzt«, flüsterte er. »Aber das ist auch gleich. Es gibt nur wenig mehr zu erzählen. Am nächsten Morgen ritten wir von Jerusalem fort und trafen zwei Tage später auf der Straße nach Askalon auf die Araber. Sie rechneten mit keinem

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