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Der Gebieter

Der Gebieter

Titel: Der Gebieter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Megan Whalen Turner
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um Costis’ Becher neu zu füllen. Costis erschauerte und fragte sich, ob er es dem König erlauben durfte, ihn zu bedienen.
Sollte er aufstehen, obwohl ihm befohlen worden war, sich hinzusetzen, sollte er sich selbst am Wein des Königs bedienen? Bevor er sich entscheiden konnte, was das Beste gewesen wäre, hatte Eugenides den Krug bereits wieder auf den Tisch gestellt und sich elegant zurück auf den Schemel sinken lassen.
    »Erzähl mir von dem Bauernhof«, sagte der König.
    Stockend und unsicher, wie er sich in diesem Verhör verhalten sollte, das so unwirklich war wie der Rest des Tages, suchte Costis Zuflucht in der anerzogenen Hierarchie und tat wie geheißen. Er sprach von den Olivenhainen und der Getreideernte, dem Haus, das er mit seinem Vater und seiner jüngeren Schwester geteilt hatte. Zwischen seinen Worten nippte er an seinem Wein, und der König füllte ihm den Becher erneut. Beim zweiten Mal war die Geste schon weniger verstörend. Als er an den Hof zurückdachte, flossen Costis’ Worte müheloser. Sein Vater hatte sich mit seinem Cousin, der das Familienoberhaupt war, gestritten, und so waren sie aus dem Haupthaus ausgezogen, als Costis noch klein gewesen war.
    »Hat dein Vater in dem Streit den Kürzeren gezogen?«
    Costis zuckte mit den Schultern. »Er hat gesagt, das Einzige, was bei einem Familienstreit schlimmer sei, als unrecht zu haben, sei, recht zu haben. Er hat damals gesagt, dass ein bestimmter Damm das Frühjahr nicht überstehen würde. Als das tatsächlich eingetreten ist, sind wir ausgezogen.«
    »Das ist nicht sehr gerecht.«
    Costis zuckte noch einmal mit den Schultern. Ihm war es ganz recht gewesen. Das Haus war klein  – für einen der Hofverwalter gedacht  –, aber zumindest ihres allein. Costis war froh gewesen, von seinen Cousins fortzukommen.
    Der König nickte verständnisvoll. »Ich bin mit meinen Cousins auch nicht zurechtgekommen. Einmal haben sie mich mit dem Gesicht nach unten in eine Zisterne gedrückt und wollten
mich nicht wieder hochlassen, bis ich mehrere anstößige Beleidigungen über meine Familie wiederholt hatte. Nicht, dass ich das vor irgendjemandem außer dir zugeben würde.« Er trank einen Schluck Wein. »In letzter Zeit kommen wir aber besser miteinander aus, meine Cousins und ich. Vielleicht wird es bei dir ähnlich sein, wenn du älter wirst.«
    Costis leerte seinen Weinbecher und fragte sich, was für ein Geschöpf man wohl sein musste, um seinen Cousins solch eine Geschichte zu verzeihen. Er hob die Schultern. Der König klang wie ein alter Mann, der einem Kind Ratschläge erteilte. Der offizielle Vater des Volkes war, wie Costis annahm, jünger als er selbst, und Costis war sehr jung für den Anführer eines Trupps. Auf alle Fälle würde Costis’ Verhältnis zu seinen Cousins wenig Gelegenheit haben, heranzureifen, wenn er am Morgen bereits tot sein würde. Ohne Zweifel war das der Grund dafür, dass der König sich bei seiner peinlichen Enthüllung sicher fühlte.
    Der König füllte Costis’ Becher erneut.
    Als er sich wieder hingesetzt hatte, sagte er: »Gib nicht so schnell auf, Costis. Sag mir, warum du mich geschlagen hast.«
    Costis schluckte den Wein, den er im Mund hatte.
    »Oder sollen wir alles noch einmal durchgehen? Du kamst mit deinem Freund durch den Torbogen und hast dabei all die Beleidigungen wiederholt, die du ohne Zweifel von meinem geschätzten Kammerherrn Sejanus gehört hast. Soweit ich weiß, hat er gestern Abend mit alten Freunden aus der Garde getrunken. Aristogiton muss den Spaß verpasst haben. War er im Dienst?«
    »Er gehört zu den Okloi. Seine Familie hat kein Land. Sejanus würde nicht mit ihm trinken.«
    »Aber deine Familie gehört den Patronoi an? Und du bist mit Aris befreundet?«
    »Ja.«
    »Was für ein Pech, dass deine Worte im Torbogen so gut widerhallten. Ich fand es sehr großmütig von mir, so zu tun, als hätte ich nichts gehört.«
    »Ja, Euer Majestät.«
    »Zu dem Zeitpunkt sprach ich gerade mit Teleus, nicht wahr? Er rief dich zu uns herüber. Ich glaube, wir versuchten, die Peinlichkeit zu überspielen. Erinnerst du dich? Wir sprachen darüber, ob ich an den Fechtübungen der Garde teilnehmen sollte oder nicht.«
    »Ja, Euer Majestät.«
    »Und du …«, begann er.
    »Ich habe Euch geschlagen, Euer Majestät.« Costis seufzte.
    Er hatte den König herumgerissen und ihm die Faust ins verblüffte Gesicht geschwungen, ihn auf den staubigen Boden des Übungshofs niedergestreckt, wo er sich

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