Der Gebirgspass
starben. Denn sie waren die einzigen, die Oleg bei der Aneignung des Stoffes helfen konnten. Ihm und denen nach ihm.
In der Funkzentrale herrschte Halbdämmer, und so fand Oleg den Kasten mit den Instruktionen nicht gleich. Er nahm die Nachschlagewerke heraus, eine stattliche Anzahl, und er wußte nicht, welche wichtig waren. Er war aber entschlossen, eher die Hausschuhe der Mutter dazulassen als diese Bücher. Gar zu gern hätte er das eine und andere Instrument, irgendwelche Einzelteile mitgenommen, die ihnen von Nutzen sein konnten, sagte sich jedoch, daß sie das aufs nächste Mal verschieben mußten. Auf die Zeit, da sie in den Sinn all der Bildschirme und Schalttafeln hier eingedrungen waren.
Plötzlich erregte ein schwaches Flimmern in der Ecke einer Schalttafel, die halb verdeckt vom Funkersessel war, seine Aufmerksamkeit. Oleg näherte sich ihm vorsichtig, als ginge er auf ein wildes zu Tier zu.
Auf der Tafel flammte in regelmäßigen Abständen ein grünes Lämpchen auf. Oleg wollte einen Blick hinter das Pult werfen, um der Sache auf den Grund zu kommen, doch das gelang nicht. Er setzte sich in den Sessel und begann die verschiedenen Knöpfe zu drücken, freilich ohne jedes Ergebnis. Das Lämpchen flammte nach wie vor auf und erlosch. Was hatte das bloß zu bedeuten, wozu dieses grüne Licht? Wer hatte es installiert und zu welchem Zweck?
Olegs Hand ertastete einen Hebel, der sofort nachgab und nach rechts rückte. Gleich darauf ertönte aus dem dünnen Netzgitter neben dem Lämpchen die ferne Stimme eines Menschen:
„Hier spricht die Erde … Hier spricht die Erde …“ — Danach ein Piepton im Takt zum Aufflammen des Lämpchens, und in diesem Piepen lag irgendein Sinn verborgen. Nach einer Minute wiederholte die Stimme: „Hier spricht die Erde … Hier spricht die Erde …“
Oleg hatte alles Zeitgefühl verloren. Er wartete erneut und erneut auf das Einsetzen der Stimme, der er keine Antwort geben konnte, die ihn aber bereits mit der Zukunft verband, mit jenem Augenblick, da er würde antworten können.
Das leise Klingeln der Armbanduhr rief ihn in die Wirklichkeit zurück — Dick hatte diese Uhr in seiner Kabine gefunden und ihm gegeben. Das Klingeln ertönte alle fünfzehn Minuten. Möglich, daß es so seine Richtigkeit hatte, vielleicht war sie aber auch einfach kaputt.
Oleg erhob sich und sagte zur Erdenstimme: „Auf Wiedersehen!“ Dann begab er sich zum Ausgang des Schiffes, den Sack mit den Lehrbüchern hinter sich herschleifend, von denen er kein einziges Wort begriff.
Dick und Marjana warteten unten bereits auf ihn.
„Ich wollte dich schon holen“, sagte Dick „willst du vielleicht für immer hier bleiben?“
„Ich hätte nichts dagegen“, antwortete Oleg. „Ich hab nämlich die Erde sprechen hören.“
„Wo?!“ rief Marjana.
„In der Funkzentrale.“
„Hast du ihr gesagt, daß wir hier sind?“
„Sie hören uns nicht. Das muß ein Automat sein. Die Funkverbindung ist doch zerstört, hast das vergessen?“
„Und wenn sie trotzdem wieder arbeitet?“
„Nein“, sagte Oleg, „das kann sie nicht. Aber Tages wird sie es.“
„Willst du das in Ordnung bringen?“
„Hier drin hab ich alle möglichen Bücher“, sagte Oleg, „ich werde sie auswendig lernen.“
Dick schnaufte skeptisch.
„Dick, Dickilein“, bat Marjana, „einen Augenblick nur. Ich lauf schnell rüber und hör mir die Stimme von der Erde an. Es geht ganz schnell. Komm doch mit, ja?“
„Wer soll das alles schleppen“, brummte Dick mit einem Blick auf den Sack mit den Büchern. „ Hast du vergessen, wieviel Schnee auf dem Paß liegt?“
Er fühlte sich schon wieder als Chef. Hinter seinem Gürtel sah man den Blastergriff stecken. Die Armbrust hatte er deswegen natürlich nicht aufgegeben.
„Ich werd’s schon schaffen“, sagte Oleg und stellte den Sack im Schnee ab. „Komm, Marjaschka, du sollst die Stimme hören. Um so mehr, als ich das Wichtigste vergessen habe. Hast du in der Krankenabteilung irgendwo ein kleines Mikroskop gesehen?“
„Nicht nur eins“, erwiderte Marjana. „Na gut“, sagte Dick, „ich komme auch mit.“
Sie spannten sich zu dritt vor den Schlitten und zogen ihn zunächst den Steilhang des Talkessels hinauf, danach über die Hochebene und schließlich wieder bergab. Schnee fiel, und das Laufen bereitete ihnen Mühe. Aber es war nicht kalt, und vor allem hatten sie viel zu essen. Die leeren Konservenbüchsen warfen sie nicht weg.
Am vierten Tag, als sie den Abstieg in
Weitere Kostenlose Bücher