Collection Baccara 0283
PROLOG
„Du hättest nicht herkommen müssen, Grandma. Ich habe dir doch schon am Telefon gesagt, dass es mir gut geht.“
Theresa Shea legte ihre Handtasche auf den Tresen von Shea’s Bar & Grill und musterte ihre Enkelin. Sie sah tatsächlich gut aus. Aber Polly hatte schon immer gute Miene zum bösen Spiel gemacht. Und in den letzten sechs Monaten hatte sie einiges einstecken müssen. „Ich wollte mich eben selbst davon überzeugen.“
„Das hast du ja jetzt.“
„Wenn ich schon mal hier bin, kann ich auch einen Kaffee trinken.“
Polly schenkte ihrer Großmutter einen Kaffee ein.
Sie arbeitete mittlerweile so viele Jahre in diesem Restaurant, dass sie alle Aufgaben automatisch erledigte. Alles war zur Routine geworden. Und genau das hatte James Shea sich für seine Tochter nicht gewünscht.
„Was tust du hier?“, fragte Theresa.
„Im Moment bin ich mit den Bestellungen von nächster Woche beschäftigt.“
„Dein Vater wollte, dass du auf die Universität gehst und mehr aus dir machst.“
Polly ließ sich nicht anmerken, was in ihr vorging. Doch Theresa wusste genau, dass sie ständig an ihren Vater dachte. Vor allem, wenn sie hier im Restaurant war, wo er fast sein gesamtes Leben verbracht hatte. Deshalb würde Polly diesen Ort auch nie verlassen. Das Restaurant war das Einzige, was ihr von ihrem Vater geblieben war. „Ich bin hier glücklich“, sagte sie schließlich.
„Tatsächlich?“
Polly tippte Zahlen in einen Taschenrechner und runzelte die Stirn.
Theresa ließ sich davon nicht beirren. „Schreibst du denn gar nicht mehr?“
„Ich schreibe Schecks aus, um die Rechnungen zu bezahlen.“
„Du weißt, dass ich etwas anderes gemeint habe.“
„Für mehr bleibt mir im Moment keine Zeit.“
„Du solltest dir mehr Zeit für die schönen Dinge im Leben nehmen.“
„Das werde ich auch“, versprach Polly. „Nachdem ich meine Pflichten erfüllt habe.“
Theresa griff nach ihrer Handtasche. Sie wusste, dass sie gegen die Sturheit ihrer Enkelin nicht ankam. „Dann gehe ich wieder. Du weißt aber, wenn du etwas brauchst …“
Polly beugte sich über den Tresen und gab ihr einen Kuss auf die Wange. „Das ist sehr lieb von dir. Aber ich komme gut allein zurecht.“
Theresa war sich dessen allerdings nicht so sicher.
Gerade als sie gehen wollte, klingelte das Telefon, und Polly hob ab. Theresa konnte nicht hören, wer am anderen Ende der Leitung war, doch Pollys Tonfall sagte ihr alles. Als ihre Enkelin auflegte, sagte Theresa nur ein Wort. „Abbey.“
Pollys jüngere Schwester war vor einigen Tagen spurlos verschwunden und hatte lediglich eine Nachricht hinterlassen, dass sie bald wieder zurückkommen würde.
„Wo ist sie?“, fragte Theresa neugierig.
„In Las Vegas.“ Polly schluckte. „Mit Jason.“
Theresa wollte nicht nachfragen, was sie dort zusammen taten.
Sie konnte es sich denken.
Und Pollys nächster Satz bestätigte ihren Verdacht. „Sie hat gerade meinen Verlobten geheiratet.“
1. KAPITEL
Neun Jahre später
Prinz Eric Santiago belog seinen besten Freund, als er ihm sagte, dass er kurz davor war, seinen Flug zu verpassen. In Wahrheit sollte ihn sein Pilot erst am folgenden Morgen nach Tesoro del Mar zurückbringen. Aber nach fast zwei Wochen mit Scott Delsey und seiner Verlobten brauchte Eric eine Pause. Er konnte es nicht mehr ertragen, ständig mit dem frisch verliebten Paar zusammen zu sein. Das erinnerte ihn bloß daran, was ihm in seinem eigenen Leben fehlte.
Als er Scotts Einladung angenommen hatte, ihn auf seiner Ranch in Texas zu besuchen, war er davon ausgegangen, dass sein Freund ihm einen Job in seiner Telefongesellschaft anbieten wollte. Scott hatte in der Vergangenheit mehrmals erwähnt, dass er jemanden mit Erics Ausbildung und Erfahrung in der Firma brauchen könnte. Damals wussten sie aber beide, dass Eric niemals die Navy verlassen würde.
Nun hatte sich die Situation geändert. Eric war mittlerweile bereit, sich Scotts Offerte anzuhören. Allerdings stellte sich heraus, dass sein Freund ihn nicht als Mitarbeiter, sondern als Trauzeugen für seine anstehende Hochzeit gewinnen wollte.
Alle Menschen um Eric herum schienen zu heiraten oder Babys zu bekommen. Sein ältester Bruder Rowan hatte den Anfang gemacht. Er war aufgrund eines tragischen Unfalls und der Traditionen des Landes dazu gezwungen worden. Letztendlich hatte sich allerdings alles zum Guten gewendet, da er sich unsterblich in seine Frau verliebt hatte. Nach sechs Jahren
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