Der Geheimcode
sich gar nicht so aufzuspielen, Spiro. Ich bin hier, Sie haben gewonnen. Können wir jetzt endlich zur Sache kommen?«
Spiro tippte eine letzte Zahlenkombination in das Tastenfeld an der Säule, und die Plexiglasscheiben glitten zur Seite. Er nahm den Würfel aus seinem Schaumstoffnest.
»Reichlich übertrieben, finden Sie nicht?«, bemerkte Artemis. »Das alles ist doch wohl kaum nötig.«
»Man kann nie wissen. Irgendein gerissener Geschäftsmann könnte versuchen, mir mein kostbares Spielzeug zu entwenden.«
Artemis nutzte die Gelegenheit zu einer wohl überlegten spöttischen Bemerkung. »Also wirklich, Spiro. Dachten Sie im Ernst, ich würde einen Einbruchsversuch unternehmen? Hatten Sie Angst, ich würde mit meinen Elfenfreunden hier angeflogen kommen und den Würfel wegzaubern?«
Spiro lachte. »Du kannst so viele Elfenfreunde mitbringen, wie du willst, Arty. Da müsste schon ein Wunder passieren, sonst bleibt der Würfel genau da, wo er ist.«
* * *
Juliet war durch Geburt amerikanische Staatsbürgerin, obwohl ihr Bruder am anderen Ende der Welt geboren war, und sie freute sich, wieder in ihre Heimat zu kommen. Der Lärm in den Straßen von Chicago und das unablässige, multikulturelle Stimmengewirr gaben ihr das Gefühl, zu Hause zu sein. Sie liebte die Wolkenkratzer, die Lüftungsgitter der U-Bahn und den warmherzigen Sarkasmus der Straßenverkäufer. Sollte sie sich je irgendwo fest niederlassen wollen, sie würde in die Staaten gehen. Allerdings eher an die Westküste, dorthin, wo die Sonne schien.
Juliet und Holly umkreisten die Spiro Needle in einem als Wohnmobil ausgebauten Transporter mit getönten Scheiben. Holly saß hinten und verfolgte die Aufzeichnungen von Artemis' Iriskamera über ihr Helmvisier. An einer Stelle boxte sie triumphierend in die Luft.
Juliet hielt an einer roten Ampel. »Wie sieht's aus?«
»Nicht übel«, erwiderte die Elfe und schob ihr Visier hoch. »Sie bringen Mulch weg, um ihn zu begraben.«
»Cool. Genau wie Artemis es vorhergesagt hatte.«
»Und Spiro hat gerade alle Elfenfreunde von Artemis in das Gebäude eingeladen.«
Dies war ein ganz entscheidender Punkt. Das Buch verbot es den Unterirdischen, Gebäude der Menschen ohne Einladung zu betreten. Jetzt aber konnte Holly nach Lust und Laune dort einbrechen und sogar alles auseinander nehmen, ohne gegen die Gesetze des Erdvolks zu verstoßen.
»Wunderbar«, sagte Juliet. »Wir sind drin. Dem Kerl, der meinen Bruder erschossen hat, verpasse ich einen Bodyslam.«
»Nicht so hastig. Dieses Gebäude ist mit dem besten oberirdischen Sicherheitssystem ausgestattet, das ich je gesehen habe. Spiro hat ein paar Tricks auf Lager, die mir noch nie untergekommen sind.«
Endlich fand Juliet einen Parkplatz gegenüber der Hauptdrehtür zur Needle. »Für den kleinen Pferdemann dürfte das kein Problem sein, oder?«
»Nein, aber Foaly darf uns nicht helfen.«
Juliet beobachtete die Tür durch ein Fernglas. »Ich weiß, nur, es kommt immer darauf an, wie man fragt. Ein kluger Kopf wie Foaly will herausgefordert werden.«
In diesem Augenblick verließen drei Gestalten das Hochhaus. Zwei kräftige Männer in Schwarz und ein kleineres, unruhig wirkendes Individuum. Mulchs Füße zappelten so durch die Luft, dass es schien, als tanze er einen irischen Jig. Obwohl er nicht die geringste Hoffnung hatte zu entkommen. Biz und Chips hielten ihn fester gepackt als zwei Dachse, die sich um einen Knochen stritten.
»Da kommt Mulch. Wir sollten ihm Deckung geben, nur für den Notfall.«
Holly schnallte sich ihre Flügel um und entfaltete sie mit einem Knopfdruck. »Ich fliege hinter ihnen her. Du behältst Artemis im Auge.«
Juliet schaltete eine Videoleitung von einem der Helme auf den Palmtop. Auf dem Bildschirm erschien Artemis' Blickfeld. »Meinst du wirklich, dass Mulch Hilfe braucht?«, fragte sie.
Holly vibrierte ins unsichtbare Spektrum. »Hilfe? Ich folge ihm nur, um sicherzugehen, dass er den beiden Oberirdischen nichts antut.«
* * *
Im Tresorraum hatte Spiro aufgehört, den großzügigen Gastgeber zu spielen. »Ich will dir eine kleine Geschichte erzählen, Arty«, sagte er und streichelte zärtlich den Würfel. »Es war einmal ein irischer Junge, der sich für unglaublich gescheit hielt und einen sehr erfolgreichen Geschäftsmann austricksen wollte.«
Nenn mich nicht Arty, schoss es Artemis durch den Kopf. So nennt mich mein Vater.
»Dieser Geschäftsmann wollte sich aber nicht austricksen lassen,
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