Der Geheimcode
also drehte er den Spieß um und holte den schreienden und tobenden Jungen in die Wirklichkeit zurück. Und jetzt muss der Junge eine Entscheidung treffen: Verrät er dem Geschäftsmann, was der wissen will, oder bringt er sich und seine Familie in Lebensgefahr? Nun, Arty, wie lautet deine Antwort?«
Spiro beging einen großen Fehler, als er sich über Artemis Fowl lustig machte. Erwachsenen fiel es schwer zu glauben, dass der blasse dreizehnjährige Junge ihnen tatsächlich gefährlich werden konnte. Artemis hatte alles getan, um diesen Eindruck noch zu verstärken, indem er statt seines üblichen Designer-Anzugs Freizeitkleidung angezogen hatte. Außerdem hatte er im Flugzeug geübt, unschuldig und mit aufgerissenen Augen dreinzuschauen, aber das fand er nun eher unangebracht, zumal er derzeit zwei verschiedenfarbige Augen hatte.
Blunt stupste Artemis zwischen die Schulterblätter. »Mr. Spiro hat dich was gefragt.« Seine neuen Zähne klickten beim Sprechen.
»Ich bin doch hier, oder?«, entgegnete Artemis. »Sagen Sie einfach, was Sie von mir wollen.«
Spiro legte den Würfel auf einen langen Stahltisch in der Mitte des Tresorraums. »Was ich von dir will, ist, dass du deinen Ewigkeitscode deaktivierst und den Würfel zum Laufen bringst, und zwar sofort.«
Artemis wünschte, er könnte auf Kommando schwitzen, damit seine Angst echter wirkte. »Jetzt gleich? So einfach ist das nicht.«
Spiro packte Artemis an den Schultern und fixierte ihn drohend. »Und warum ist das nicht so einfach? Tipp einfach das Passwort ein, und Schluss damit.«
Artemis wandte seine verschiedenfarbigen Augen ab und starrte zu Boden. »Das ist nicht so leicht wie mit einem Passwort. Ein Ewigkeitscode ist ja gerade so konstruiert, dass er nicht deaktiviert werden kann. Ich muss erst die komplette Programmiersprache rekonstruieren. Das kann Tage dauern.«
»Hast du dir denn keine Notizen gemacht?«
»Doch. Auf Diskette. In Irland. Ihr Affe wollte nicht, dass ich sie mitnehme, weil er Angst hatte, das Ding könnte explodieren.«
»Kommen wir übers Internet an deinen Rechner?«
»Ja. Aber ich speichere meine Notizen nur auf Diskette. Wir könnten wieder nach Irland fliegen. Achtzehn Stunden, hin und zurück.«
Davon wollte Spiro nichts wissen. »Kommt nicht in Frage. Solange du hier bist, habe ich alles unter Kontrolle. Wer weiß, was mich in Irland erwartet. Wir machen es hier. Egal, wie lange es dauert.«
Artemis seufzte. »Wie Sie meinen.«
Spiro legte den Würfel zurück in seinen Plexiglaskasten. »Schlaf dich gut aus, mein Kleiner, denn morgen wirst du dieses Schätzchen hier Schicht für Schicht auseinander nehmen wie eine Zwiebel. Wenn nicht, passiert dir das Gleiche wie Mo Digence.«
Artemis fühlte sich durch die Drohung nicht wirklich beunruhigt. Er glaubte nicht, dass Mulch in Gefahr war. Im Gegenteil, wenn hier jemand Schwierigkeiten hatte, dann waren es die beiden Gorillas Biz und Chips.
Kapitel 9
Operation Nadelöhr
Unbebautes Grundstück,
Malthouse Industriegebiet, Chicago-Süd
Jon Spiro hatte Biz und Chips nicht wegen ihrer geistigen Fähigkeiten angeheuert. Bei ihrem Bewerbungsgespräch hatte man ihnen nur eine Aufgabe gestellt. Hundert Bewerber bekamen eine Walnuss in die Hand gedrückt und den Auftrag, sie auf beliebige Weise zu knacken. Nur zwei hatten es geschafft. Biz hatte die Walnuss ein paar Minuten lang angeschrien und sie dann zwischen seinen riesigen Händen ganz einfach zerquetscht. Chips hatte eine etwas kompliziertere Methode gewählt. Er hatte die Nuss auf den Tisch gelegt, den Leiter des Vorstellungsgesprächs am Pferdeschwanz gepackt und die Nuss mit dessen Stirn zertrümmert. Beide Männer waren sofort eingestellt worden. Innerhalb kürzester Zeit hatten sie sich als Arno Blunts zuverlässigste Gehilfen für den Einsatz vor Ort bewährt. Allerdings durften sie Chicago nicht verlassen, weil sie dann Karten gebraucht hätten, und Kartenlesen war nicht gerade Biz' und Chips' Stärke.
In diesem Moment tauschten Biz und Chips gerade im Licht des Vollmonds Vertraulichkeiten aus, während Mulch ein zwergengroßes Loch in den trockenen Lehm hinter einer verlassenen Zementfabrik schaufelte.
»Rate mal, warum mich alle Biz nennen«, sagte Biz und spannte als kleinen Hinweis seine Armmuskeln an.
Chips riss eine von seinen ewigen Kartoffelchipstüten auf. »Keine Ahnung. Vielleicht ist das 'ne Abkürzung für irgendwas?«
»Und wofür?«
»Keine Ahnung«, sagte Chips - wie so
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