Der geheime Vortrupp – DuMonts Digitale Kriminal-Bibliothek: Inspektor-Appleby-Serie (German Edition)
draußen auf dem See, gerade jenseits der letzten schaukelnden Schaluppen. Appleby war am Steuer, allein. Den See hinauf schoß er davon.
Die Soldaten standen am Ufer und starrten ihm nach; auf der Terrasse liefen die erschrockenen Frauen zusammen; über dem Festzelt wehten Union Jack und schottische Flagge im stärker gewordenen Wind. Es war wie eine bizarre Regatta … Plötzlich begann das Motorboot einen wilden Zickzackkurs; es fuhr Vollgas und zog eine Schlangenlinie aus Schaum hinter sich her; jetzt wendete es wieder, kenterte beinahe, dann zog es seine nächste Linie, wie ein riesiges Stück Kreide auf blauem Papier … Und hoch oben am Himmel neigte das Flugzeug sich zur Seite, flog einen Bogen, schien auf der Stelle zu bleiben.
Sheila schloß die Augen und zählte langsam bis zwanzig. »Dick«, fragte sie, »hat er es geschafft?«
»Er ist noch dabei. Langsamer. Sie haben ihn entdeckt, jetzt kann er deutlicher schreiben.«
»Und das Flugzeug«, fragte Hetherton, »das hätte ein Funkgerät an Bord?«
»Drei verschiedene. Können Sie sich drauf verlassen.«
Kapitel 26
Nichts kommt zum Schluß
Es war Abend, als der Zug den kleinen Highlandbahnhof verließ. Hetherton, der von irgendwoher ein Exemplar des Journal of Classical Archaeology hervorgezaubert hatte, machte es sich in einer Ecke bequem. »Schade, daß Appleby und dieser interessante Bursche Orchard nicht mit uns fahren«, sagte er. »Aber sie mußten das Flugzeug nehmen. Appleby sagt, er müsse Orchard zu einer wichtigen Konferenz bringen, und auf ihn selbst warte eine überfällige Verabredung mit einem Einbrecher in Putney. Und Sie, Sheila, werden uns an der nächsten Station verlassen: Colonel Farquharson holt Sie ab. Unsere kleine Gemeinschaft löst sich auf. Mr. Evans, haben Sie schon Pläne?«
Dick Evans hatte eine Zeitung vor sich; gedankenverloren, ein wenig finster, schüttelte er den Kopf.
»Ich selbst kehre zu meiner alten Routine zurück.« Hetherton senkte bekümmert das Haupt und schwieg einen Moment lang. »Ob sie«, fragte er unvermittelt, »denn gar nichts in Dabdab retten konnten?«
Die Lokomotive schickte einen verlorenen Pfiff in die Abenddämmerung, die einzige Antwort. Sie fuhren schweigend. Dann sagte Dick: »Hier ist es.«
Sheila blickte fragend auf. »Was?«
»Das Ende unseres Abenteuers. Ein echter Knüller für die Lokalpresse. Die Forres, Elgin and Nairn Gazette …«
»Guter Name.«
»– Northern Review and Advertiser – «
»Dieselbe Zeitung?«
»Sicher. Northern Review and Advertiser, Strathspey and Badenoch Times … Soll ich vorlesen?«
»Ja.«
»› Letzte Meldung. Die Bewohner unseres Landstrichs wurden am heutigen Morgen Zeugen einer eindrucksvollen Demonstration der Stärke unserer Luftmacht in einem groß angelegten Flugmanöver über dem Moray Firth. Unter den aufgestiegenen Maschinen sollen sich mehrere Exemplare des neuen Hurricane-Jägers befunden haben, welchen kürzlich der aeronautische Korrespondent unserer angesehenen Kollegen von der Times beschrieb. ‹«
Hetherton legte amüsiert seine Zeitschrift beiseite. »Wunderbar«, sagte er. »Das ist die richtige Einstellung.«
»› Im Zuge der Übungen ereignete sich ein Unglück nahe Forres, das jedoch glimpflich verlief. Am späten Vormittag wurden die Gäste des hydropathischen Sanatoriums durch Gewehrfeuer und einen lauten Schlag aus ihrer Ruhe gerissen und mußten feststellen, daß ein Flugboot von bisher nicht identifizierter Bauart eine Notlandung nahe dem Gipfel von Cluny Hill unternommen hatte und dabei nur knapp das Nelson-Denkmal verfehlte, ein bekanntes Wahrzeichen der Gegend, welches daran erinnert, daß der Freund des großen Admirals, Kapitän Hardy, aus unserem Distrikt stammte. Nach einem verläßlichen Bericht aus offizieller Quelle …‹«
Noch einmal lachte Hetherton.
»› Nach einem verläßlichen Bericht aus offizieller Quelle wurde kein Mitglied der Royal Air Force ernstlich verletzt .‹« Dick grinste. »Das dürfte die reine Wahrheit sein.« – »› Der Schock hatte jedoch vorübergehend eine kuriose Wirkung auf einige Besatzungsmitglieder, die unter dem Eindruck standen, sie seien unter echten Kampfbedingungen zur Landung in Feindesland gezwungen worden. Die Maßnahmen, welche zum Schutz der Verwirrten ergriffen wurden, dürften die Ursache für die Gerüchte und Fehldeutungen sein, die seit dem Zwischenfall in Umlauf sind. Auf telefonische Anfrage in Inverness versicherte uns ein hoher Beamter
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