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Der geheime Zirkel 01 - Gemmas Visionen

Der geheime Zirkel 01 - Gemmas Visionen

Titel: Der geheime Zirkel 01 - Gemmas Visionen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Libba Bray
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sie gekommen ist, ist er verflogen und Mutter ist wieder Mutter. »Du bist übermüdet und brauchst Ruhe. Heute Abend wollen wir feiern und ich werde dir erla u ben, ein wenig Champagner zu trinken.«
    Ich werde dir erlauben, ein wenig Champagner zu tri n ken. Das ist kein Versprechen –es ist ein Vo r wand, um mich loszuwerden. Es gab eine Zeit, da haben wir alles gemeinsam gemacht, und jetzt kö n nen wir nicht einmal mehr zusammen über den Basar gehen, ohne uns in die Haare zu kriegen. Ich bin eine Enttäuschung. Eine Tochter, die sie nirgendwohin mitnehmen will, nicht nach London und nicht einmal ins Haus einer alten Schachtel, die schwachen Tee macht.
    Wieder durchschneidet ein schriller Pfiff des Zugs die Luft und lässt Mutter zusammenfahren.
    »Hier, du kannst meine Halskette tragen, hmmm? Komm schon, nimm sie. Ich weiß, dass du sie immer b e wundert hast.«
    Ich stehe still und stumm, während ich ihr erlaube, mir die Halskette umzulegen, die ich tatsächlich i m mer haben wollte. Aber jetzt drückt sie mich nieder. Ein Bestechung s geschenk. Mutter wirft nochmals einen hastigen Blick auf den staubigen Marktplatz, bevor sie ihre grünen Augen auf mir ruhen lässt. »So. Du schaust … richtig erwachsen aus.« Sie presst i h re behandschuhte Hand an meine Wange, hält sie dort, als wollte sie sich mit ihren Fingern meine Züge ei n prägen. »Bis später zu Hause.«
    Niemand soll die Tränen in meinen Augen sehen, also suche ich nach dem Gemeinsten, was ich sagen kann. B e vor ich über den Marktplatz davonstürme, kommt es über meine Lippen: »Es ist mir egal, ob du überhaupt wieder nach Hause kommst.«

2. Kapitel
     
    Ic h renne durch Scharen von Händlern, bettelnden Kindern und stinkenden Kamelen, weiche mit kna p per Not zwei Männern aus, die eine Stange mit Saris zwischen sich tragen. Ich stürme eine schmale Seitenstraße hinunter und immer weiter, den g e wundenen, verschlungenen Gassen folgend, bis ich anha l ten muss, um wieder zu Atem zu kommen. Heiße Tränen ri n nen über meine Wangen. Nun, wo es niemand sieht, weine ich hemmungslos.
    Gott bewahre mich vor den Tränen einer Frau, denn d a gegen bin ich machtlos. Das würde mein V a ter jetzt sagen, wenn er hier wäre. Mein Vater mit seinen zwinkernden Augen und seinem buschigen Schnurrbart, seinem drö h nenden Lachen, wenn ich ihm Freude bereite; und seinem in die Ferne schwe i fenden Blick –als wäre ich Luft –, wenn ich mich wenig damenhaft benommen habe. Ich kann mir nicht vorstellen, dass er wahnsinnig beglückt sein wird, wenn er hört, wie ich mich verhalten habe. Schlimme Di n ge zu sagen und einfach davonzure n nen, ist nicht die Art von Benehmen, die im Zwe i felsfall für ein Mädchen spricht, das nach London möchte. Mein Magen krampft sich zusammen, als ich mir a lles noch einmal vor Augen führe. Wie konnte ich mich nur so gehen lassen?
    Es bleibt mir nichts anderes übrig, als meinen Stolz hi n unterzuschlucken, nach Hause zu gehen und um Verze i hung zu bitten. Wenn ich den Weg finde. Nichts kommt mir im Mindesten bekannt vor. Zwei alte Männer sitzen im Schneidersitz auf dem Boden und rauchen kleine braune Zigaretten. Sie beobac h ten mich, während ich vorbeigehe. Mir wird bewusst , dass ich zum ersten Mal allein in der Stadt bin. Ohne Anstandsdame. Ohne Begleitperson. Eine vornehme Engländerin ohne Schutz und Schirm. Ich habe mich in eine skandalöse Lage gebracht. Mein Herz schlägt schneller und ich beschleunige meine Schritte.
    Die Luft steht vollkommen still. Ein Unwetter ist im Anzug. In der Ferne höre ich hektisches Treiben auf dem Marktplatz, Geschäfte in letzter Minute, die rasch noch a b geschlossen werden, ehe die Waren vor dem nachmittägl i chen Regenschauer in Sicherheit gebracht werden. Ich fo l ge den Geräuschen und lande wieder an meinem Au s gangspunkt. Die alten Männer grinsen mich an, eine junge Dame allein in den Straßen von Bombay. Ich könnte sie fragen, wie ich zum Marktplatz zurückkomme, obwohl mein Hindi nicht halb so gut ist wie das meines Vaters und die Frage »Wo ist der Marktplatz?« aus meinem Mund vielleicht so klingt wie »Ich begehre die sch ö ne Kuh deines Nachbarn«. Trotzdem, einen Versuch ist es wert.
    »Verzeihung«, sage ich zu dem älteren der beiden Mä n ner, dem mit dem weißen Bart. »Ich glaube, ich habe mich verlau f en. Könnten Sie mir sagen, wo es hier zum Mark t platz geht?«
    Das Lächeln des Mannes verschwindet und macht e i nem angstvollen Gesichtsausdruck

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