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Der Geist des großen Büffel

Der Geist des großen Büffel

Titel: Der Geist des großen Büffel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Max Kruse
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Vorfahren
kletterten empor. Cookie wartete unten auf unsere Rückkehr. „Meine Sehnsucht,
die singenden Bären zu sehen, ist gering“, meinte er, „und hören werde ich sie
ja wohl auch hier.“
    Von
den Baumwipfeln aus gelangten wir auf einen Felsvorsprung, danach wurden die
Wände wieder steil, bis wir einen grasbewachsenen Abhang erreichten, auf dem
einige Wildrosenbüsche wuchsen. Und dann kamen wir an einen Absturz...
    Häuptling
Blinde Kuh beugte sich vorsichtig hinüber. „ Uffuff ...“
stieß er fast unhörbar aus. Wir legten uns neben ihn. Die Aussicht verschlug
auch mir den Atem. Unter uns lag ein sanft geschwungenes Tal, das wie von
blauem Licht erfüllt zu sein schien. Diese Färbung entstand durch den
Abendschatten in Verbindung mit einem dichten Teppich blauer Bergblumen.
    Fern
über den Gebirgskämmen, die im Alpenglühen strahlten, hing der weiße, kalte
Mond. Die Sonne stand tief hinter unserem Rücken.
    „Dies
ist die rechte Zeit —“, flüsterte Häuptling Blinde Kuh. Und wirklich — jetzt
trotteten drei mächtige, graue Grislybären aus einer Höhle. Sie bewegten sich
auf den Hinterbeinen in tappendem, schwankendem Gang zu einem Vorsprung — einer
Art Kanzel. Wir sahen nur ihre breiten Rücken, als sie sich nebeneinander
niederließen und den Oberkörper aufrichteten.

    Wir
hielten den Atem an.
    Und
nun hörte ich den eigenartigsten Gesang, den ich in meinem Leben jemals zu
hören bekommen werde. Der rechte Bär begann mit tiefer Stimme zu singen, keine
Worte, nein, unverständliche Laute, die auf- und niederstiegen, der linke Bär
fiel ein, zuletzt der in der Mitte — es war ein Wechselgesang, der immer wieder
zusammenfand und dessen Stimmen sich erneut trennten. Jubelnd, volltönend, die
Schöpfung preisend und das ganze Tal, das ganze Gebirge erfüllend. „Aa- Aumm - Orum-Uumm-Aumm-Ommm ...“
Selten war mir feierlicher zumute.
    Da
flüsterte mir Tante Turkie zu: „Die drei hätte ich in
meinem Kirchenchor haben mögen!“
    Häuptling
Blinde Kuh mußte den Bären drei Haare ausreißen, bevor sie ihren Gesang beendet
hatten.
    Doch
wie? Wenn sie ihn bemerkten, würden sie ihn erbarmungslos zerreißen.
    Meine
Vorfahren steckten nur kurz ihre Köpfe zusammen. Danach verschwanden sie im
niedrigen Pflanzenwuchs. Manchmal sahen wir einen Hut oder die Kaninchenohren.
Plötzlich saßen sie auf einer kleinen Hügelkuppe, den Bären genau gegenüber.
Tante Turkie nahm die Stielbrille in die Krallen und
benutzte sie als Taktstock. „...drei, vier, los.“ Sie begannen zu heulen, zu
wimmern und zu gluckern, es klang herzzerreißend:
     
    „O
Berg, au wau ,
    o
Tal so blau,
    o
Bären, die ihr singet
    so
weit, jo hee
    o wei , o weh,
    daß
alle Welt erklinget .
    Drei
kleine Haare brauchen wir,
    o
gebt die kleinen Haare ihr,
    daß
unser Werk gelinge!“
     
    Die
Bären stutzten. Sie verstummten, und ich fürchtete, sie würden zu singen aufhören.
Doch sie schienen entzückt über die neuen Sangesbrüder zu sein.
    Ich
muß aber auch zugeben, daß die drei sich mächtig ins Zeug legten, sie röhrten,
kollerten und jaulten, was ihre Lungen hergaben, und das war nicht wenig. Sie
legten ihr ganzes Gefühl in ihren Gesang. Weltschmerz und Liebesleid... Da
konnten die Bären nicht widerstehen, sie wurden förmlich von ihnen mitgerissen,
wollten sie übertrumpfen, an Schönheit, an Ausdruck, vielleicht sogar an
Lautstärke.
    Häuptling
Blinde Kuh flüsterte: „Jetzt“, und verschwand ebenfalls im niedrigen
Pflanzenwuchs.
    Wie
er den Bären die Haare ausriß , sah ich nicht. Es
wurde rasch dunkler, immer blauer im Tal der singenden Bären. Gewandt wie eine
Schlange kroch der Häuptling, wir sahen es an der sich fortpflanzenden Bewegung
der Stengel . Dann Stille im Rücken der Bären, ein
erstes Aufschnellen... ein zweites... und schließlich ein drittes.
    Das
ging so schnell, daß die Tiere nichts merkten, nur der letzte schlug einmal,
ohne sich umzuwenden, mit der Tatze nach hinten, als wollte er ein Insekt
verjagen. Aber da befand sich der Häuptling schon wieder auf dem Rückweg. Als
er bei mir angelangt war, gab ich unseren Sängern ein Zeichen. Tante Turkie umflatterte die Bären,
betrachtete sie durch die Brillengläser und rief ihnen ein herzliches: „Danke,
bravo!“ zu. Onkel Berni und Onkel Rab machten sich
klein und verschwanden. Die Bären schüttelten ihre schweren Köpfe und trollten
sich in ihre Höhle — vermutlich um lange über das nachzudenken, was eben
geschehen war. Es bleibt nur

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