Der Geist des großen Büffel
kleinem Loch in der
Stirn im Straßengraben. Ihren Freunden geht’s vorläufig noch gut, ohne dieses
Loch, bei den Kalbfell-Indianern. Aber die Marterpfähle sind schon vorbereitet.
Her mit dem Gold aus Ihrer Kiste! An den Bratspieß mit Ihren Viechern! Wir
werden Ihrer kleinen Seiltänzerin die hübsche Haut in Streifen
herunterschneiden. Unterschrift: der Tödliche Colt!’“
Mir
grauste, und ich rief: „Wir müssen zu ihnen, um das Schlimmste zu verhindern.“
Onkel Rab beeilte sich, Pfefferkorn anzuschirren.
Häuptling
Blinde Kuh deutete auf unseren Gefangenen. „Was machen wir mit diesem?“
„Wie
heißt du?“ fragte ich ihn.
Er
schwieg und spuckte mir ins Gesicht.
„Pfui
Spinne“, schrie Tante Turkie .
„Dafür
mußt du sterben!“ herrschte ihn Häuptling Blinde Kuh an. Er sagte zu mir: „Ich
kenne ihn. Es ist Piepsende Maus, ein Feigling, der aus dem Hinterhalt Pfeile
abschießt!“
Cookie
Pott reichte mir ein frisch parfümiertes Taschentuch.
Ich
wischte mir mein Gesicht ab. „Er soll laufen, wohin er will“, entschied ich.
„Er ist wirklich nur eine piepsende Maus und ganz ohne Bedeutung.“
Ein
tödlicher Blick aus den blau umränderten Augen traf mich. Häuptling Blinde Kuh
band ihn los und sagte: „Mein weißer Bruder hat recht. Auch ich will Piepsende
Maus nicht töten. Aber wir machen einen Fehler. Piepsende Maus wird von nun an
nur darauf warten, Rache an uns zu nehmen, vor allem an meinem weißen Bruder.
Denn dieser hat seine Ehre beleidigt. Er hat ihn nicht für würdig befunden, wie
ein tapferer Mann zu sterben, und hat ihn eine Maus ohne Bedeutung genannt. Das
verzeiht er nicht.“ Er gab dem Indianer einen Stoß, und der lief flink wie ein
Wiesel davon.
Heute
war er uns keinen Gedanken mehr wert. Little Byrd und Zirkus-Joe befanden sich
in Gefahr. Wir zogen weiter. Ohnehin war ja unser nächstes Ziel das Lager der
Kalbfell-Indianer.
Den
Weg zum Lager hätte Häuptling Blinde Kuh auch im Schlaf gefunden, lebte doch
dort seine große Liebe, Zitternde Feder.
In
sich gekehrt, ritt er vor unserem Wagen her. Bei allem mir selbstverständlichen
Taktgefühl hätte ich zu gern gewußt, welche Gedanken einen Mann bewegen, der
unterwegs ist, um auf seine Liebste zu schießen und danach sich selbst qualvoll
martern zu lassen. Doch wenn ich überhaupt aus seinen versteinerten Zügen etwas
zu lesen vermochte, so war dies nur ein großes Glücksgefühl.
Wir
durchquerten Schluchten, rumpelten über trockenen Boden, sahen in der Ferne
aufgetürmte Felsen wie Orgelpfeifen aufragen, wir zogen an dünnen Flußläufen vorbei, und gegen Abend ging es eine Anhöhe
hinauf.
Hinter
dieser Anhöhe, im Tal, sollte sich das Lager befinden. Der geschätzte Leser
wird sich vielleicht wundern, warum wir so unbekümmert durch die Landschaft
zogen, als befänden wir uns im friedlichsten Europa. Der Grund war einfach: die
Kalbfell-Indianer und der Tödliche Colt erwarteten uns und wollten uns lebend
haben.
Zudem
befanden wir uns ihnen gegenüber in einem gewissen Vorteil. Wir wußten, was sie
von uns wollten. Sie aber ahnten nichts von den Aufgaben, die Häuptling Blinde
Kuh zu lösen hatte, und die ihre Pläne sicherlich durcheinanderbringen würden.
Am
Abend also, als die Dämmerung bereits einfiel, langten wir auf der Anhöhe an
und machten dort halt. Vor uns stürzte der Abhang steil herab, und ganz unten
lag das Zeltlager in dem Tal der hustenden Flöhe, einem sehr tiefen Einschnitt,
den ein schmales Flüßchen gebildet hatte. Rings um
das Lager standen einige Bäume und dichtes Gestrüpp, das einem, der sich
anschleichen wollte, guten Sichtschutz gewährte.
Das
Tal war sehr schmal, es weitete sich nur am Lagerplatz wie eine Kaffeetasse.
Etwas weiter südwärts aber verengten sich die steilen Felswände wieder, so daß
eine Art Einschnitt entstand.
Das
Lager bestand aus Dutzenden von Wigwams, darum herum weideten Pferde.
Übrigens
wirkten die Felswände wie Schalltrichter, man konnte fast jedes Geräusch von
unten hier oben hören.
Der
Anblick dieses Zeltlagers aus Tierhäuten wird mir immer unvergeßlich bleiben. Es schimmerte nämlich in der Dämmerung. Jedes Zelt leuchtete wie eine
Lampe, weil in seinem Inneren ein Feuer brannte. Und da die Indianer die
ledernen Zeltbahnen immer wieder mit Fett einstreichen, werden sie nach und
nach so durchsichtig wie Butterbrotpapier. Sie sahen nun also aus wie rote
Lampions, und es fiel mir schwer, nicht an ein Kinderfest, sondern an
Marterpfähle zu
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