Der Geruch von Blut Thriller
Angelegenheiten?«
»Ein böser Wille denkt an dich. Mein böser Wille.«
»Wovon zum Teufel redest du jetzt?«
Es ist nicht genug. Es wird nie genug sein. Finn wird niemals den Moment erklären können, als Dani in seinen
Armen lag und die Welt mit einem Mal zu Ende ging.
Finn wartet auf eine Reaktion seines Schattens, darauf, dass er losrennt oder zuschlägt. Er wartet darauf, dass Ray seinen Verrat zugibt, dass er offen und ehrlich ist, seine Angst zeigt, seine Wut. Aber das wird er nicht, so ist Ray nicht. Deswegen hatte er immer das Sagen.
»Na gut, wir können uns immer noch auf die Straße stellen und uns gegenseitig abknallen«, sagt Ray. »Uns gegenseitig die Scheiße aus dem Leib prügeln wie die mutigsten Jungs vom Block. Manchmal werden sie danach Freunde fürs Leben.«
»Wir haben nie miteinander gekämpft.«
»Nein. Du kannst ja deine Bruce-Lee-Nummer abziehen. Ich hab im Knast ein paar schmutzige Tricks gelernt, die ich noch nicht kannte, ob du es glaubst oder nicht. Wir suchen uns ein ruhiges Plätzchen, im Park. Vielleicht kriegst du so das Gift aus deinem Körper raus. Vielleicht können wir danach reden. Und Geschäfte machen. Alles, was wir brauchen, ist ein ordentlicher Schlagabtausch. Willst du das?«
In Rays Stimme liegt dieselbe erschütternde Gleichgültigkeit, die Finn selbst verspürt. Jedes Jahr und jeder Kilometer ihrer verlorenen Freundschaft steckt in seinem Timbre, genau wie all die Kränkungen, die er in den fünf Jahren Gefängnis erlitten hat.
Sie gehen ein Stück zusammen. Das ist das Ergebnis von mehr als zwei Jahrzehnten Freundschaft, Partnerschaft, Enttäuschung, Blut, Schmerz, Kummer, Finsternis und Verrat, und Finn fühlt kaum etwas. Ein anderer würde nach Antworten suchen. Er würde nach den Gründen fragen, warum er sich mit jemandem wie Ray
zusammengetan hat. Aber Finn weiß, dass es keine gibt. Sie waren von Anfang an füreinander bestimmt, nicht mehr und nicht weniger als Dani und er es waren. Und schließlich Rack und er, im Flur.
Finn fühlt weder Hoffnung noch Hass. Er ist umgeben von all seinen Geistern, seinen Fehlern und verlorenen Lieben, den Toten, den fast Toten und den Vermissten. Vielleicht hat Ray dieselbe Last zu tragen. Finn senkt den Kopf in den Wind. Als Ray kurz lacht, ein kindisches, ehrliches Lachen, weiß Finn, dass der nächste Schritt bevorsteht. Er spürt es in der Dunkelheit, er muss etwas tun, und seine Hände zittern so stark, dass sie fast schwingen. Ray wird langsamer, bleibt schließlich stehen und beugt sich zu ihm rüber. Er legt Finn die Hand auf die Schulter, um sich abzustützen, während er sein künstliches Bein betastet. Wahrscheinlich ist er das, Rays neuer schmutziger Trick. Gefängniswärter untersuchen eine Prothese nicht viermal am Tag. Dort hat er versteckt, was er braucht. Das Drogengeld und sein Messer. Er holt es heraus. Gleich wird er zustechen.
Rays Hand wird sich um seine Schulter klammern und ihn herunterdrücken. Die Klinge wird tief in ihn eindringen, und der Schmerz wird schlimm sein, aber nicht unerträglich. Bis er sie dann hochzieht. Wie auch immer, es wird eine wunderschöne, perfekt getimte Bewegung sein. Vielleicht kann Finn ihn abwehren und selbst zustechen. Willst du das? Sein Taschenmesser hat er in Nullkommanix draußen. Bei Rack war es ein Kampf mit den Händen. Diesmal sind es Messer. Er kann den ersten Schritt machen. Er ist bereit, zu töten oder zu sterben, mitten auf der Straße. Ein Hoffnungsschimmer flackert in ihm auf. Es ist sein Job, die Unschuldigen
zu beschützen. Willst du das? Danis Augen sind feucht, Vis sind voller Verlangen, Roz’ sind leer und grau. Rays Hand klammert sich um Finns kaputte Schulter. So war es heute im Kampf gegen das Böse. Hierher, hier. Deine Zeit ist um.
»Los«, sagt Finn und wartet darauf, dass die Welt um ihn herum heiß wird vor wogendem Licht, Liebe und Farbe.
DANKSAGUNG
Vielen Dank an alle, die mich dabei unterstützt haben, im Großen und im Kleinen, diesen Roman zu schreiben: Norm Partridge, Eddie Muller, James Rollins, Allan Guthrie, James Langolf und mein Agent David Hale Smith.
Und ein Riesen-Dankeschön geht an meine Lektorin Caitlin Alexander, die mir geholfen hat, die Schatten zu vertiefen und zu polieren.
Die Originalausgabe
SHADOW SEASON
erschien 2009 bei Bantam Books, ein Imprint
von Random House Inc., New York
Vollständige deutsche Erstausgabe
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